Tag 8: Dienstag, 05. September 2017
Shining lights – Grand Rapids nach Traverse City
„Lighthouses don’t get all wobbly when the weather gets rough; they just stand there shining.” – Unkown
Der Tag beginnt fantastisch. Die Sonne scheint vom knallblauen Himmel, aber es ist recht frisch draußen. Wo ich gestern noch bis zu 26 Grad Celsius hatte, sind es heute Morgen nur noch 11 Grad. Da geht ohne Jacke nichts. Da sich die Regenwolken aber verzogen haben, beschließe ich noch einen kurzen Abstecher nach Grand Rapids zu machen. Gestern habe ich ja so gut wie keine Außenaufnahmen mehr in der Stadt gemacht. Zumindest zwei historische Häuser möchte ich mir zumindest noch von außen anschauen.
Das Voigt House wurde 1895 für Carl Voigt erbaut und bis 1972 von seinen Nachkommen bewohnt. Heute ist es ein Museum und kann auch besichtigt werden. Leider passen die Öffnungszeiten diesmal nicht in meinen Zeitplan.
Das zweite Haus hat einen ganz anderen Stil, obwohl es nur rund 15 Jahre später erbaut wurde. Architekt war hier Frank Lloyd Wright und es war seine erste Arbeit in Michigan.
Ich fahre nun weiter nach Grand Haven am Lake Michigan, doch als ich hier ankomme, ist der Himmel leider schon wieder nicht mehr strahlend blau. Ziemlich viele Wolken sind aufgezogen, aber noch lässt sich die Sonne immer wieder sehen. Warm ist es auch nicht unbedingt, nur 14 Grad sind es jetzt und es weht es ziemlich starker Wind, ein ganz schöner Unterschied zu gestern. Ich trotze dem Wetter und laufe an der Hafeneinfahrt entlang in Richtung Wasser.
Umso näher ich dem Seeufer komme, desto mehr muss ich aufpassen, keine nassen Füße zu bekommen, denn das Wasser wird immer wieder gegen die Kaimauer und auf den Weg gepeitscht.
Auf ein Bild muss ich allerdings verzichten, der berühmte Catwalk, die eiserne Brücke, die zu den Leuchttürmen führt, muss saniert werden und wird sicher aufbewahrt, bis das Geld dafür zusammen getragen wurde (Anmerkung: Die eine Million ist am 14.12.17 erreicht worden.).
Als ich an den zwei Leuchttürmen von Grand Haven ankomme, zeigt sich mir dann ein recht lustiges Naturschauspiel. Ein bisschen sieht es so aus, als ob jemand immer wieder einen Scheinwerfer an- und ausknipst.
Die zwei Leuchttürme stehen an der Mündung des Grand River in den Lake Michigan. Das Grand Haven South Pierhead Inner Light, wie der schlanke, rote Leuchtturm offiziell heißt, und Grand Haven South Pierhead Entrance Light, wie der kleinere Turm heißt, weisen den Schiffen schon seit über 100 Jahren den Weg in den Hafen.
Der Wind frischt immer mehr auf und ist eisig kalt. So halte ich mich auch nicht lange am Strand auf, ich bin sowieso eine der wenigen Besucher heute, mal abgesehen von einigen Möwen.
Es ist generell ruhig geworden hier draußen an den Großen Seen, die Saison mit dem gestrigen Labor Day so gut wie vorbei. Das merke ich auch auf den Straßen, die heute deutlich leerer sind. So komme ich zügig voran und erreiche rund eine Stunde später einen weiteren Leuchtturm.
Die White River Light Station liegt im kleinen Örtchen Whitehall. Erbaut wurde der Turm im Jahr 1875 und der erste Leuchtturmwärter war Captain William Robinson, der hier mit seiner Frau und zeitweise dreizehn Kindern für 47 Jahre lebte.
Der Leuchtturm wurde bereits 1960 außer Dienst gestellt und zehn Jahre später eröffnete hier ein maritimes Museum.
Eine eiserne Treppe führt in den Turm hinauf bis zur originalen Fresnel Linse, die noch immer an ihrem Platz ist. Von hier oben bietet sich auch ein schöner Blick bis hin zum Lake Michigan.
Eine Treppe führt vom Turm hinunter zum Ufer des Kanals, der einst geschaffen wurde, um mit Schiffen die Holzfabriken zu erreichen. Im 19. Jahrhundert hatte die Holzverarbeitung in diesem Gebiet große Bedeutung.
Im Garten des Leuchtturms steht auch noch ein kleines Gebäude, in dem das Öl für das Leuchtfeuer aufbewahrt wurde.
Und wieder geht es weiter, immer parallel zum Seeufer, das aber vom Highway nicht zu sehen ist. Durch kleine Orte und einsame Landstriche fahre ich weiter nach Norden. Hier wird Michigan ländlich, der Einzugbereich der großen Städte ist längst zu Ende. Eines der vielen Naturschutzgebiete am Lake Michigan ist der Silver Lake State Park, der mein nächstes Ziel ist.
Leider hat es sich fast komplett zugezogen als ich die Little Point Sable Light Station erreiche. Ich parke mein Auto und laufe die wenigen Meter bis zum Leuchtturm, der direkt am Seeufer steht. Little Point Sable ist eine kleine Landzunge, die in den See hineinreicht und Ort vieler Schiffsunglücke war. So wurde 1874 der Leuchtturm errichtet.
Natürlich will ich auch diesen Turm besteigen. 139 eiserne Stufen gilt es bis zur Spitze der 33 Meter hohen Little Point Sable Light Station zu überwinden.
Oben angekommen kann ich die originale Fresnel Linse bewundern und treffe auf John, der hier für den State Park arbeitet und Besuchern Rede und Antwort steht. Wir kommen ins Gespräch und ich erfahre, dass auch seine Frau hier tätig ist, allerdings unten an der Kasse. Die zwei sind Pensionäre und reisen mit ihrem Wohnmobil durchs Land. Wo es ihnen gefällt, bleiben sie länger und nehmen ehrenamtliche Jobs in State Parks an.
Auf diesem Leuchtturm geht es jedoch nicht nur hinauf bis zur Linse, hier kann ich auch nach draußen treten und einen fantastischen Blick auf den Lake Michigan und die Küste genießen.
Nach einer Weile verabschiede ich mich von John und steige die 139 Stufen wieder hinunter.
Ich gehe noch kurz zum Strand. Auch hier habe ich wieder das Gefühl am Meer zu sein. Das Wetter ist fast so rau wie vor ein paar Tagen am Lake Erie. Es bläst ein kräftiger Wind und große Wellen rollen an die Küste. Und doch ist es anders, der Lake Michigan nicht wie der Lake Erie. Als ich hier am Ufer stehe, verstehe ich was mir immer wieder gesagt wird, die Seen haben alle ihr ganz eigenes Wesen, keiner ist wie der andere.
Die Fahrt geht wieder weiter. Mein nächstes Ziel soll der Ludington State Park sein. Doch umso weiter ich der US 31 nach Norden folge, desto düsterer werden die Wolken. Von Sonne ist längst keine Spur mehr zu sehen und es tröpfelt ab und zu. Na toll, ich sehe weitere Unternehmungen schon komplett ins Wasser fallen.
Umso näher ich dem State Park komme, desto weniger habe ich Hoffnung, das Grand Sable Lighthouse heute noch zu sehen, denn den Turm kann man nicht direkt mit dem Auto erreichen, sondern muss noch rund zwei Meilen am Strand entlang wandern. Ich fahre trotzdem mal zum Park, aber auch dort sieht es nicht besser aus, sodass ich mich entscheide, den Weg nicht anzutreten, denn bei Kälte und Regen habe ich keine Lust auf die Wanderung. So fahre ich schnell weiter.
Erstaunlicherweise ändert sich das Wetter hinter Ludington rasant. Plötzlich ist wieder blauer Himmel zu sehen und die Sonne kommt sogar hervor. So schlage ich den Weg zum Pier von Manistee ein, wo mir ein weiteres tolles Naturschauspiel geboten wird.
Ich stelle das Auto ab und laufe über den Strand zum Seeufer. Hinter mir ist noch immer die dunkle Wand zu sehen, die sich rund um meinen Standort erstreckt. Hier aber scheint die Sonne.
Im Jahr 1870 wurde das zwölf Meter hohe Manistee North Pierhead Lighthouse erbaut. Der eiserne Catwalk wurde um 1900 angebaut. Solche Stege gab es einst an vielen Leuchttürmen, damit die Leuchtturmwärter sie auch bei hohem Wellengang erreichen konnten. Nach der Automatisierung wurden sie jedoch vielerorts abgerissen, in Manistee jedoch wurde der Catwalk restauriert und ist weiterhin zu bestaunen.
Zu bestaunen ist hier heute aber auch ein kleines Naturschauspiel, denn durch den starken Wind werden die Wellen ganz malerisch an den Pier gepeitscht.
Ich schlage den Kragen meiner Jacke hoch, denn an dieser exponierten Stelle ist es wirklich kalt. Außer mir ist heute niemand am Strand, ich habe dieses Bild ganz für mich allein.
Schließlich geht es weiter nach Norden, immer noch folge ich der US 31, bis ich nach Frankfort komme. Das kleine Städtchen lasse ich aber links liegen, denn ich habe ein anderes Ziel.
Das Ziel heißt Point Betsie Lighthouse, das 1858 erbaut wurde. Der elf Meter hohe Turm ist direkt mit dem Leuchtturmwärterhaus verbunden und beide Gebäude können auch besucht werden, nur leider heute nicht, denn heute ist Ruhetag. So bleibt mir nur der Blick von außen.
Der Blick auf den See ist auch von hier wieder toll. Inzwischen hat die Sonne die Oberhand gewonnen und das Wasser strahlt in verschiedenen Blautönen. Der kalte Wind ist aber noch immer da und lässt die Wellen ans Ufer rollen.
Point Betsie Lighthouse ist übrigens einer der meistfotografierten Leuchttürme in ganz Nordamerika und wenn ich heute hier so stehe und auf den kleinen, schneeweißen Turm schaue, dann kann ich schon verstehen warum.
Unweit nördlich des Leuchtturms befindet sich die Sleeping Bear Dunes National Lakeshore, ein Schutzgebiet, das ich schon 2004 einmal besucht habe. Damals war das Wetter aber so schlecht, dass ich kaum etwas gesehen habe. Ich hatte schon Befürchtungen, dass sich das heute wiederholt, doch noch ist es trocken und ab und zu scheint die Sonne. Also wage ich einen zweiten Besuch.
Im Park aber erfahre ich, dass es vor kurzem stark geregnet hat und das Klettern auf den Dünen so kein Vergnügen ist. Nun gut, werden die Sandhaufen halt ausgelassen und der Rest des Parks erkundet.
Als erstes nehme ich den Pierce Stocking Scenic Drive unter die Räder. Die rund sieben Meilen lange Rundfahrt führt durch Birken und Ahorn Wälder bis hin zum Ufer des Lake Michigan.
Heute sind nur wenige Autos auf der Rundfahrt unterwegs. Auch hier ist die Saison nach dem Labor Day vorbei. Doch gerade das finde ich sehr angenehm, denn so kann ich auch an der kleinen, überdachten Brücke halten und in Ruhe fotografieren.
Weiter geht die Fahrt bis zu einem Aussichtspunkt, der rund 150 Meter hoch über dem See liegt und so einen schönen Ausblick bietet oder besser gesagt bieten könnte, denn ganz klar ist die Sicht heute leider nicht.
Schließlich verlasse ich den Scenic Drive und fahre weiter nach Glen Haven. Das restaurierte Hafendorf entführt die Besucher in die Zeit vor über 100 Jahren, als hier die großen Dampfschiffe anlegten.
Ich halte zuerst am Fishing Tug Boat Aloha, das liebevoll restauriert wurde. Boote wie dieses wurden auf den Seen zum Fischfang genutzt, als Glen Haven eine große Konservenfabrik hatte.
Im Ort sind auch noch weitere Gebäude wie ein Restaurant eine Tankstelle, eine Schmiede, ein Kolonialwarenladen sowie verschiedene Wohnhäuser erhalten. Einige der Gebäude können auch besichtigt werden, heute aber hat alles schon geschlossen. Das ist ein Nachtteil in der Nachsaison, die Öffnungszeiten werden leider gekürzt.
Es ist schon spät, doch ich habe noch ein bisschen Fahrt vor mir. Es war wieder ein ereignisreicher Tag, den ich mit einer kleinen Fahrt durch den Port Oneida Rural Historic District beenden will.
Das Gebiet auf der Halbinsel Leelanau beherbergt einige historische Farmen, die teilweise noch heute bewohnt sind. Es zeigt, wie vor allem nordeuropäische Siedler hier vor rund 150 Jahren gelebt haben.
Auf dem letzten Stück meiner Fahrt verabschiedet sich die Sonne dann immer wieder und es gibt teils heftige Schauer. Gerade als ich Traverse City erreiche, zeigt sich sogar ein Regenbogen am Himmel.
Ich fahre bis zum Hampton Inn, das für mich sogar einen Diamond Parkplatz reserviert hat. Heute ist das schon praktisch, denn so bin ich schneller im Gebäude, als es wieder zu regnen anfängt.
Ich bekomme ein schönes Zimmer mit zwei bequemen Queen Size Betten und lade erst einmal mein Gepäck aus.
Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich, dass der Regen gerade wieder etwas nachgelassen hat. So fahre ich schnell noch einmal los, um mir etwas zum Abendessen zu kaufen, bevor es zurück ins Hotel geht.
Auf dem Zimmer plane ich dann noch etwas den morgigen Tag, denn auf Grund des Wetterberichts für die nächsten Tage habe ich ein bisschen umgeplant und den morgigen sowie den Tag danach im Grunde getauscht. Ob sich das auszahlt, werde ich dann sehen.
Meilen: 326
Wetter: sonnig, später Schauer, 54–63 Grad
Hotel: Hampton Inn