Tag 17/ 18: Donnerstag, 14. September 2017/ Freitag, 15. September 2017
Leaving in Style – Chicago nach Berlin
„If the Republicans will stop telling lies about the Democrats, we will stop telling the truth about them.” – Adlai E. Stevenson
Ein trüber Blick über den Golfplatz begrüßt mich heute Morgen als ich die Vorhänge zurückziehe. Nebel ist aufgezogen und hüllt das verlassene Gelände in ein gespenstiges Licht.
Ich packe meine Sachen und gehe zum Frühstück, das hier leider sehr enttäuschend ist. So halte ich mich dann auch nicht mehr lange auf und fahre los zu meinem ersten Ziel des Tages. Unterwegs lichten sich dann auch die Nebelschwaden immer mehr und die Sonne kommt heraus. Es verspricht doch noch ein schöner Tag zu werden.
Mein erster Weg führt mich mal wieder nach Des Plaines, wo der erste McDonalds steht, der unter Ray Krocs eröffnet wurde. Aber auch heute habe ich kein Glück und es ist zu. Inzwischen gibt es nicht mal mehr ein Schild mit Öffnungszeiten. Anscheinend interessiert sich bei McDonalds keiner für seine Geschichte. Sehr schade ist das, besonders wenn ich da an meinen Besuch beim ersten In-n-out Burger in Kalifornien denke.
Gegenüber der historischen Filiale, die ich wieder nur durch den Zaun sehen konnte, steht ein moderner McDonalds, den ich als nächstes aufsuche. Ich will herausfinden, ob man hier mehr weiß. Leider ist das nicht der Fall, keiner weiß etwas oder hat Informationen. Man verweist mich lediglich auf die kleine Ausstellung im Restaurant, zu der ein Modell eben jenes McDonalds auf der gegenüber liegenden Straßenseite gehört.
An der Wand hängt ein verblichenes Bild von Ray Krocs mit seinem Multimixer. Diese Maschine hatte nicht unerheblichen Anteil am Aufstieg von McDonalds zum Weltkonzern. In der Vitrine daneben kann ich mir die Apparatur dann auch noch anschauen.
Ich fahre ein Stück aus der Stadt heraus in einen der nördlichen Vororte, wo das Haus eines Mannes liegen soll, dessen Namen ich ganz woanders zum ersten Mal gehört habe. Dieser Mann ist Adlai E. Stevenson und zum ersten Mal habe ich von ihm in der John F. Kennedy Presidential Library in Boston gehört. Später dann lernte ich im Kinofilm 13 Days mehr über den Vollblutpolitiker, der Governeur von Illinois war und als Präsidentschaftskandidat Dwight D. Eisenhower gleich zwei Mal unterlag.
Ich biege auf das Grundstück ein und fahre bis zum Parkplatz. Dort stelle ich mein Auto ab und informiere mich ein wenig über die Anlage und ihre Bewohner.
Zuerst erreiche ich das ehemalige Wirtschaftsgebäude, das 1937 erbaut wurde. Das Haus beherbergte eine Garage, Stallungen sowie ein Appartement für den Hausmeister. Heute befindet sich im Gebäude eine kleine Ausstellung zu Adlai Stevenson.
Dann gehe ich hinüber zum Wohnhaus. Es ist das zweite Wohnhaus an dieser Stelle und wurde 1938 erbaut. Schon ein Jahr zuvor ließ Stevenson ein Haus bauen, dass besonders modern und feuerfest sein sollte, doch es brannte bis auf die Grundmauern nieder. Das Haus wurde in einem modernen Stil errichtet, ohne Schnörkel und Verzierungen.
Im Haus gibt es leider nur noch wenige eingerichtete Räume, denn nach dem Tod von Adlai Stevenson wurde das Haus zuerst anderweitig genutzt, bevor es zum Museum wurde.
Nur das Büro von Adlai Stevenson wurde wieder originalgetreu eingerichtet und kann so besichtigt werden, wie es einst ausgesehen hat.
In verschiedenen Zimmern ist eine fantastische Ausstellung zu den Reisen von Adlai Stevenson zu sehen, die dieser nach der verlorenen Präsidentschaftswahl im Jahr 1952 unternommen hat. Über sechs Monate reiste er durch 30 Länder und wurde vielfach fotografiert. Unterwgs traf er berühmte Persönlichkeiten der damaligen Zeit.
Sogar die gerade zur Königin gekrönte Elizabeth II. traf der ehemalige Gouverneur.
Die Ausstellung ist super interessant und fesselt mich für längere Zeit, doch irgendwann trenne ich mich doch und drehe noch schnell eine Runde durch den Garten.
Nun mache ich mich doch auf den Weg zum Flughafen, aber ich nehme nicht den direkten Weg, denn ein bisschen Zeit habe ich noch. So halte ich noch kurz an der Grosse Pointe Light Station. Schon 2013 habe ich den Leuchtturm besucht, aber auch heute hat er leider geschlossen. So bleibt wieder nur ein Blick von draußen.
Neben dem Leuchtturm entdecke ich ein tolles Herrenhaus, das aber verlassen scheint. Eine kurze Recherche auf dem Handy zeigt, dass es sich hier um das 1927 erbaute Harley Mansion handelt. Nachdem die ursprünglichen Erbauer in finanzielle Schwierigkeiten gerieten, waren sie gezwungen, das Anwesen zu verkaufen und es ging danach durch viele Hände. Zuletzt war es ein Kunstmuseum, das aber 2015 in ein neues Gebäude umzog.
Leider ist die Zukunft des Herrenhauses derzeit ungewiss. Eine Gruppe von Bürgern setzt sich für den Erhalt und eine neue Nutzung ein, doch es gibt auch Stimmen, die einen Abriss befürworten. Hoffentlich schafft es der Verein, das Haus zu erhalten, denn es wäre schade, wenn auch dieses Stück Küste mit Eigentumswohnungen zugebaut werden würde.
Vor dem Harley Mansion befindet sich Lighthouse Beach, ein schöner Strand am Lake Michigan, wo ich noch ein wenig spazieren gehe und die Seeluft genieße. Heute fühlt es sich wieder einmal wie am Meer an, nur zum Baden habe ich keine Zeit mehr.
Ich fahre noch ein Stück weiter durch Evanston und entdecke noch einige andere schöne Häuser.
Zuletzt halte ich noch am Charles Gates Dawes Haus, das heute ein historisches Museum ist. Doch auch dieses Mal bleibt leider keine Zeit mehr für eine Innenbesichtigung. Das muss ich auf eine andere Reise verschieben.
Schließlich verabschiede ich mich von Evanston und vom Lake Michigan und fahre zum Flughafen O’Hare, wo ich meinen Mietwagen wieder abgebe. Ein bisschen schwer fällt es mir schon immer, wenn mich ein Auto so treu über Tausende Kilometer begleitet hat, doch auch wenn der KIA keine Probleme gemacht hat, so ganz zufrieden war ich mit ihm nicht. Er ist einer der wenigen Mietwagen, die ich wohl nicht wieder nehmen würde.
Mit dem Shuttle geht es schließlich zum Flughafen und auch wenn meine Reise heute zu Ende geht, so ganz traurig kann ich dieses Mal nicht sein, als ich am Terminal ankomme. Erstens fliege ich ja in der Lufthansa Business Class über den großen Teich und zweitens darf ich davor eine ganz besondere Lounge besuchen. In 2016 führte United Airlines ein neues Business Class Produkt mit dem Namen Polaris ein. Dazu gehören auch neue Lounges an den großen Flughäfen und die erste eröffnete kurze Zeit vor meiner Reise in Chicago. Da Lufthansa nun Star Allianz Partner ich, habe auch ich Zutritt zur allerersten Polaris Lounge.
Schon der Eingangsbereich der Lounge sieht edel aus. Alles wirkt sehr hochwertig und eher wie eine First Class Lounge. Kein Vergleich zu den United Clubs, die sonst so angeboten werden.
Auch der Rest der Lounge überzeugt mich auf Anhieb. Hier lässt es sich aushalten. Besonders schön finde ich diese kleinen Eckplätze, wo man etwas abgeschirmt von der restlichen Lounge arbeiten oder essen kann.
Apropos Essen, das kann ich in der Polaris Lounge nicht nur vom Buffet, sondern auch wie im Restaurant. Also von der Hostess platziert werden, Kellner kommt, Speisen aus der Karte auswählen, einfach fantastisch.
Natürlich gibt es zusätzlich auch ein Buffet, das sehr leckere Speisen anbietet. So als kleinen Happen zwischendurch oder wenn man nicht so viel Zeit hat.
Ich aber habe Zeit, sie mir sogar extra genommen, um diese tolle Lounge zu testen. So nutze ich auch die Gelegenheit, vor dem Flug noch einmal zu duschen. Und was für tolle Duschen sie hier haben. Sogar der Fußboden ist geheizt, einfach Klasse.
Auch Ruheräume gehören zur Lounge. So ein Stündchen hinlegen ist schon sehr angenehm.
Und dabei noch der tolle Blick auf Gate C18. Das ist echt das Sahnehäubchen.
Leider schließt die Polaris Lounge um 21 Uhr und mein Flieger geht erst um 22:30 Uhr. So heißt es dann schon mal umziehen zu den B Gates, wo die Lufthansa stehen soll. Am Gate warten muss ich aber nicht, denn hier gibt es immerhin noch einen United Club. Das ist jedoch ein unterschied wie Tag und Nacht. Naja, die halbe Stunde ist schon in Ordnung hier, aber etwas besonderes ist das wirklich nicht.
Pünktlich geht es dann auch an Bord der Boeing 747–8, die mich über Nacht nach Frankfurt bringen soll. Ich sitze wieder auf dem Upper Deck, das ich einfach toll finde, auch wenn die Lufthansa Sitze, ach ja, lassen wir das.
Nach dem Abendessen an Bord verschlafe ich den Großteil des Fluges und wache erst kurz vor Europa wieder auf. An Bord wird noch ein kleines Frühstück serviert und dann sind wir auch schon über Großbritannien und überfliegen genau den Großraum London. Ich kann sogar Teile der Stadt und besonders den Flughafen London City unter uns erkennen.
Das schöne Wetter verzieht jedoch bald und Frankfurt liegt unter einer dicken Wolkendecke. Bei der Landung regnet es in Strömen. Dann wird es Zeit das Upper Deck zu verlassen. Unten, an der Treppe, steht eine Flugbegleiterin und verteilt Rosen. Jede Dame aus der Business Class erhält eine. Und das sind nicht irgendwelche Rosen, das sind die berühmten Lufthansa First Class Rosen. Anscheinend hat man zu viele geladen, jedenfalls war das das erste und einzige Mal, dass ich in der Business Class eine bekommen habe.
Nach der Passkontrolle gehe ich in Frankfurt wieder in die Lounge, um auf meinen Anschlussflug zu warten. Hier ist es richtig voll und ich bekomme nur mit Glück einen Sitzplatz. Aus dem Fenster beobachte ich das Treiben auf dem Vorfeld und sehe dabei eine Boeing 747–400 der United, inzwischen auch ein historisches Bild, denn die Airlines hat diesen Flugzeugtyp komplett ausgemustert.
Die Lufthansa hingegen betreibt die Königin der Lüfte noch, sowohl in der Ausführung 747–400 als auch 747–8. Einige der Jumbos sehe ich so am Loungefenster vorbeifahren.
Dazwischen mogelt sich nur dieser Airbus mit der Maus aus der ARD am Heck.
Der schönste Jumbo heute ist aber wohl die Boeing 747 in Lufthansa Retro Lackierung. Immer wieder toll, wenn Airlines so etwas machen.
Schließlich ist es Zeit für meinen Flug nach Berlin, der trotz Regen auch recht pünktlich unterwegs ist. Und so lande ich am späten Vormittag wieder dort, wo diese Reise auch begonnen hat, in Berlin-Tegel. Damit ist eine weitere schöne Reise zu Ende, doch die nächste sollte nicht lange auf sich warten lassen.
Meilen: 75
Wetter: sonnig, 70–79 Grad