Tag 12: Samstag, 09. September 2017
Up, up and away – Marquette nach Houghton
„I believe the world is incomprehensibly beautiful an endless prospect of magic and wonder.” – Ansel Adams
Noch weiter nach Norden soll es heute gehen, besser gesagt zum nördlichsten Punkt dieser Reise. Schon bei der Planung meiner Tour im Jahr 2013 ist mir eine Halbinsel aufgefallen, die in den Lake Superior ragt. Damals hat dieser Schlenker aber einfach nicht mehr gepasst, dieses Mal aber habe ich die Keweenaw Peninsula fest eingeplant. Das nun auch noch das Wetter so mitspielt, ist ein besonderes Geschenk.
Ich werde übrigens heute fast den ganzen Tag einer Straße folgen, die mir wohl bekannt ist, allerdings vom anderen Ende des Landes, aus Florida. Der US 41 ist einer jener Highways, die sich durch die gesamten USA erstrecken und der eben hier im nördlichen Michigan beginnt.
Mein erster Halt unterwegs ist bei den Canyon Falls, einem von unzähligen Wasserfällen hier in Nordmichigan. Um die Wasserfälle zu besichtigen, parke ich auf dem Parkplatz der kleinen Rastanlage.
Hier startet der Fußweg, der zuerst etwas steil eine Böschung hinunter geht und dann über Waldboden, der mit Wurzeln übersät ist, sodass man aufpassen muss, wohin man tritt.
Etwas weiter im Wald wird der Weg morastig, sodass es teilweise Planken gibt. manchmal fehlen aber einige, was etwas schwierig macht, so ganz trockenen Fußes voranzukommen. Schuhe, die auch dreckig und nass werden dürfen, sind hier definitiv von Vorteil.
Nach rund einer halben Meile erreiche ich den Fluss, wo ich einige kleine Wasserfälle entdecke.
Der weitere Weg wird dann etwas uneben. Irgendwie sieht es aus, als wenn hier vor langer Zeit mal asphaltiert wurde, aber die Wurzeln inzwischen alles zerstört haben.
Schließlich wird es wieder sumpfig. Schon an den Moosbedeckten Steinen kann ich den hohen Wassergehalt des Bodes erkennen. Das hat ein bisschen was von Nordwesten hier.
Somit komme ich wieder auf einen Plankenweg, der hier aber auch nicht perfekt in Schuss ist. Man muss aufpassen, wohin man tritt, denn einige Bohlen sind auch lose oder fehlen wieder ganz. Über eine Stelle komme ich nur mit einem beherzten Sprung. Wer das nicht schafft, könnte durchaus bis zum Knöchel im Schlamm stecken.
Zu finden ist der Weg aber, denn es gib immer wieder Wegweiser.
Nach einer guten Meile Fußmarsch erreiche ich schließlich die Canyon Falls. Etwas schade ist, dass man nicht ohne weiteres zum zweiten Aussichtspunkt kommt, denn dort sieht der Weg nicht sehr vertrauenerweckend aus. Manche Leute setzen sich zwar über die Warnschilder hinweg, doch dieses Risiko mag ich nicht eingehen, denn es geht dort ziemlich steil abwärts.
So laufe ich dann wieder zum Auto zurück und fahre weiter. Ich habe mir noch die Power House Falls in dieser gegend aufgeschrieben, die ich nun besuchen will. Die Zufahrt ist dar nicht so leicht zu entdecken, denn nur dieses verblichene Straßenschild weißt zunächst auf den richtigen Weg hin.
Dann führt die Fahrt zunächst über diesen Bahnübergang …
… und bald endet dann das Pflaster. Die Straße ist aber gut zu fahren und dann sehe ich am Rand sogar einen Wegweiser. Ich bin also richtig.
Am Ende der Straße gibt es dann einen Parkplatz mit Picknickplatz, wo ich mein Auto abstelle.
Dann sind es nur noch ein paar Schritte, bis ich die Power House Falls sehe. Daneben steht natürlich auch das Power House.
Der Rund fünf Meter hohe Wasserfall ist der größte einer Reihe von Wasserfällen und gefällt mir sehr gut. Der Falls River führt genügend Wasser, sodass der Wasserfall recht imposant aussieht.
Nach diesem kleinen Abstecher geht die Fahrt erst einmal wieder durch die tiefen Wälder Michigans, immer weiter nach Norden auf der US41. Am Fuße der Keweenaw Halbinsel erreiche Camping Platz der Ojibwa, einem der größten Indianervölker Nordamerikas. Hier soll sich, so meine spärlichen Informationen, ein kleiner Leuchtturm befinden.
So fahre ich auf das Gelände, zuerst eine kleine Straße durch den Wald, bis ich zu einer Weggabelung komme. Rechts geht es zum Campingplatz und Links tatsächlich zum Leuchtturm. Na wunderbar. Ein kurzes Stück weiter erreiche ich bereits das Ende der Straße und damit das Ufer des Lake Superior.
Hier steht das leuchtend rote Sand Point Light, über das nur ganz wenig Informationen online zu finden sind, da es schon seit 1922 außer Betrieb ist und danach lange Zeit ein Privathaus war. 1878 wurde der kleine Leuchtturm erbaut und stand eigentlich viel dichter am Seeufer. Wegen der Stranderosion wurde er jedoch 1980 ein Stück weiter ins Landesinnere versetzt.
Während ich so meine Bilder mache, passiert etwas, das mir so auch noch nicht unter gekommen ist. Wie aus heiterem Himmel laufen zwei große Hunde auf mich zu, die nicht gerade freundlich aussehen. Einer von beiden ist auf jeden Fall ein Rotweiler, der andere ein Mischling, soweit ich das sehen kann. Die zwei stehen rund zehn Meter von mir entfernt und starren mich an, von einem Halter ist weit und breit nichts zu sehen. So ganz ist mir das nicht geheuer, doch mein Problem momentan, die zwei Hunde schneiden mir den Weg zu meinem Auto ab. Hinter mir ist nur der See.
Ich überlege, was ich mache, weit und breit ist niemand zusehen. Rufen bringt also nichts. Da ich ja selbst Hundehalter bin, überlege ich, was ich machen kann, während die Hunde langsam näher kommen. Ich stelle mich also aufrecht hin und brülle ihnen in voller Lautstärke zu: „Go home, now!”. Und das funktioniert. Die Hunde starren mich erschrocken an, drehen sie um und laufen davon. Ich laufe im selben Moment schnell zu meinem Auto, das direkt hinter dem Leuchtturm steht.
Beim Verlassen des Campingplatzes sehe ich dann ganz am anderen Ende der Anlage einen etwas heruntergekommenen Wohnwagen und davor die Hunde. Wirklich toll, dass der Besitzer sie einfach so herumlaufen lässt.
Wieder zurück auf der US 41 geht es nun immer weiter nach Norden und ins Herz der Keweenaw Halbinsel nach Houghton. Die kleine Stadt ist sowas wie der Hauptort der Gegend und hier werde ich heute auch übernachten. Noch ist es aber nicht einmal Mittag, sodass ich nur für ein kurzes Foto halte.
Dann überquere ich die Portage Bridge, die Houghton mit Hancock am anderen Ufer verbindet. Während der Lake Portage ein natürliches Gewässer ist, ist der Rest der Wasserstraße ein künstlicher Kanal, der die Keweenaw Halbinsel heute in zwei Teile unterteilt. Er wurde geschaffen, um den Seeweg auf dem Lake Superior zu verkürzen, da die Schiffe so nicht um die ganze Halbinsel herumfahren müssen.
Die 1959 erbaute Brücke ist die schwerste und breiteste Liftbrücke der Welt und kann für Schiffe bis zu dreißig Meter angehoben werden. Sie hat zwei Decks mit jeweils vier Fahrspuren und ersetzt eine 1875 erbaute Schwingbrücke, die zu klein geworden war.
Nach kurzer Fahrt erreiche ich Eagle Harbor, wo ich einen weiteren Leuchtturm besuchen möchte.
Das 1871 erbaute Eagle Harbor Light weist noch heute den Schiffen den Weg in den Hafen der kleinen Kommune. Das Licht des dreizehn Meter hohen Turms kann bis zu 54 Kilometer weit gesehen werden.
Im Leuchtturmwärterhaus ist hingegen heute ein Museum eingerichtet, das von der Keweenaw Historical Society betrieben wird. Die Räume sind mit historischen Möbeln eingerichtet, ganz so, als wenn das Haus noch bewohnt wäre.
Besonders beeindruckend finde ich die vielen Bilder an den Wänden, die zeigen, wie es hier im Winter aussieht.
Die kleine Eisentreppe in den Turm kann ich hier aber leider nur von unten besichtigen. Da der Turm in Betrieb ist, darf man leider nicht nach oben.
Der Leuchtturm ist auf eine Klippe gebaut worden, die die Hafeneinfahrt von Eagle Harbor überblickt, sodass ich von hier auch einen tollen Blick auf den Lake Superior habe.
Neben dem Leuchtturm befinden sich noch einige weitere Gebäude auf dem Gelände. In diesem Haus wohnte der stellvertretende Leuchtturmwärter. Das Haus an sich wäre nichts besonderes, wäre es denn hier gebaut worden. Ist es aber nicht. Eigentlich stand es in Eagle Harbor und wurde dann als fertiges Gebäude auf einem Schlepper hierher gebracht. Davon zeugen Fotos im Museum.
Ebenfalls angeschaut werden kann ein kleines Museum, in dem, neben einer Ausstellung zum Untergang der 1926 verunglückten City of Bangor, auch Oldtimer und riesige Brocken Kupfererz zu sehen sind.
Auf dem Weg zum Parkplatz entdecke ich, dass der Turm von einer Seite weiß gestrichen ist. Anscheinend soll das die Sichtbarkeit erhöhen. Habe ich so auch noch nicht gesehen.
Als ich gerade am Parkplatz bin um weiterzufahren, biegen plötzlich diese fünf schönen Oldtimer um die Ecke, sodass ich sie noch kurz im Bild festhalten kann.
Nur wenige Meilen von Eagle Harbor entfernt, startet der Brockway Mountain Drive. Die vierzehn Kilometer lange Straße wurde 1933 eröffnet und führt seitdem auf den 402 Meter hohen Brockway Mountain.
Zuerst geht es noch durch dichte Wälder …
… doch schon bald erreiche ich den Kamm des Berges und habe von hier einen schönen Blick auf den Lake Superior, der an dieser Stelle 202 Meter tiefer liegt als mein Standpunkt.
Von hier oben kann ich schon mein nächstes Ziel entdecken, den kleinen Ort Copper Harbor und das Copper Harbor Lighthouse, dessen Besuch ich leider streichen musste, aber dazu später mehr.
Auf der weiteren Fahrt nach Copper Harbor entdecke ich dieses etwas skurrile Gebäude.
Durch Copper Harbor fahre ich erst einmal hindurch und direkt weiter bis zum Fort Wilkins State Park, dem letzten Außenposten von Zivilisation auf der Keweenaw Halbinsel.
1844 als Außenposten der Armee gegründet, ist das Fort seit 1923 ein State Park und für Besucher geöffnet. Vom Parkplatz ist es noch ein Stückchen zu laufen, bis ich den Eingang erreiche, hinter dem einige der einfachen Wohnhäuser wie an einer Perlenkette aufgereiht stehen.
Manche der Häuser können auch von innen besichtigt werden.
Das Fort wurde errichtet, um dafür zu sogen, dass es zwischen den Siedlern und Arbeitern der Kupferminen sowie den hier ansässigen Indianerstämmen friedlich blieb. Das war jedoch völlig unnötig. Es kam nie zu größeren Problem, sodass das Fort schon elf Jahre später wieder geschlossen wurde.
Danach sollte hier ein Erholungsheim entstehen, doch dieser Plan klappte nicht. Nach dem Bürgerkrieg wurde Fort Wilkins kurzzeitig reaktiviert, doch 1870 endgültig stillgelegt. Heute ist das Fort wieder so zu sehen, wie in seiner Gründungszeit vor 150 Jahren.
Nach meinem Besuch im Fort fahre ich noch das kurze Stück bis zum Ende der Straße, oder besser gesagt einem dieser Highways, der die gesamten USA in Nord-Süd Richtung durchquert. Hier, an der Spitze der Keweenaw Halbinsel, beginnt der US Highway 41, der auf seinem Weg nach Süden durch Milwaukee, Chicago, Nashville, Atlanta und Tampa bis nach Miami führt. 1990 Meilen, das sind mehr als 3000 Kilometer, muss man zurücklegen, will man die gesamte Strecke fahren.
Zurück in Copper Harbor halte ich noch einmal kurz am schönen Naturhafen. Eigentlich hätte ich gern das 1866 erbaute Copper Harbor Lighthouse besucht, das dort in der Ferne zu sehen ist, doch das ist leider 2017 nicht möglich. Man kommt dort nämlich nur mit dem Boot hin und der einzige Bootsführer ist ein Jahr zuvor in Rente gegangen. Ersatz hatte man bis dato noch nicht gefunden.
So bleibt mir nur der Blick vom Astor Shipwreck Park am anderen Ufer, wo ich allerdings von der einheimischen Bevölkerung neugierig beäugt werde. 😉
In Copper Harbor starten übrigens auch die Boote zu einem der wohl am schwersten zu erreichenden National Parks der USA, der Isle Royale. Mitten im Lake Superior gelegen, kommt man dort nur wenige Monate im Jahr mit dem Schiff oder Kleinflugzeug hin. Gerne hätte ich die Insel besucht, doch in meinen Zeitplan hat dieser Ausflug diesmal leider nicht gepasst.
Auf der Rückfahrt halte ich noch kurz am Rathbone Schulhaus, einer kleinen, 1853 erbauten, Einraumschule. Leider kann ich den Innenraum nicht richtig fotografieren, da er nur durch eine extrem spiegelnde Glasscheibe zu sehen ist.
Über Nebenstraßen fahre ich schließlich weiter. Hier sind so langsam schon die Anfänge der Laubfärbung zu sehen.
Einen weiteren Stopp lege ich an den rund sechs Meter hohen Jacobs Falls ein. Der kleine Wasserfall befindet sich direkt neben der Straße und ist so leicht zu erreichen.
Nur ein paar Meilen weiter gibt es noch einen weiteren Wasserfall, die 12 Meter hohen Eagle River Falls.
Schön zu sehen ist der Wasserfall von der alten Straßenbrücke, die heute nur noch für Fußgänger geöffnet ist.
Gegenüber ist die neue Straßenbrücke zu sehen, die auch recht interessant aussieht.
Beim Weiterfahren denke ich kurzzeitig, dass ich falsch abgebogen bin. Phoenix kenne ich bisher nur aus Arizona.
Das erste Haus, das ich entdecke, muss ich dann auch noch im Bild festhalten. Am Giebel prangen die Wappen von Berlin und von Bern. Warum kann ich leider nicht herausfinden.
Mein eigentliches Ziel aber ist die Phoenix Church, eine historische Kirche. Sie wurde 1868–69 erbaut und wurde ursprünglich von den Arbeitern verschiedener Minen in der Region besucht. Nachdem viele der Minen gechlossen wurden, nahm die Zahl der Gemeindemitglieder aber immer mehr ab und die Kirche wurde schließlich 1957 geschlossen. Erst 1985 wurde das Gebäude von der Keweenaw Historical Society gekauft und restauriert. Seitdem kann die Kirche besichtigt werden, wird aber auch für Hochzeiten genutzt.
Als ich noch mit den Außenaufnahmen beschäftigt bin, fährt ein Auto vor, ein Mann steigt aus und verschließt die Kirche. Glück gehabt, dass ich noch rechtzeitig hier war und so einen Blick hineinwerfen konnte.
Auf der Rückfahrt nach Houghton entdecke ich am Straßenrand eine riesige Messlatte. Beim genaueren Hinsehen zeigt mir diese die Schneefälle an, die in dieser Region so üblich sind. Dass es an den Großen Seen im Winter oft viel Schnee gibt, ist mir bekannt, aber dass es so viel ist, ist einfach der Wahnsinn. Der Rekord liegt bei knapp zehn Metern.
Kurz vor Houghton sehe ich noch die Quincy Mine, die heute ein Museum ist. Dafür bin ich aber heute zu spät dran und so bleibt nur der Blick von außen. Allerdings werden die Gebäude von den letzten Sonnenstrahlen in ein schönes Licht getaucht.
Die Quincy Mine gehörte der Quincy Mine Company und war von 1846–1945 als Kupfermine aktiv. Als die Mine geschlossen wurde, hatte sie den längsten Minenschacht der Welt, 2,8 Kilometer lang war er und es wurde eine extra große Dampfmaschine benötigt, um Arbeiter nach unten und Kupfer nach oben zu transportieren.
Zum Sonnenuntergang entscheide ich mich noch kurz in den McLain State Park zu fahren. Mit meinem State Park Pass ist das ja kein Problem und der Park schützt ein Stück des westlichen Ufers des Lake Superior.
Ich laufe zum Strand herunter, um die Sonne im Meer, Verzeihung, natürlich im See, versinken zu sehen.
Es ist schon dunkel, als ich mein Hotel für heute Nacht erreiche (die Fotos sind natürlich am nächsten Morgen entstanden). Das Super 8 liegt sehr schön, direkt am Wasser, und macht auch sonst einen super gepflegten Eindruck, was leider nicht bei allen Motels dieser Kette der Fall ist. Hier aber waren die Bewertungen sehr gut und ich wurde nicht enttäuscht.
Ich bekomme ein sehr schönes Zimmer im neuen Super 8 Design. Man sieht, dass alles frisch renoviert und auch absolut sauber ist.
Zum Abendessen gehe ich heute zu Applebees. Das habe ich mir nach den letzten Tagen redlich verdient. Das Steak mit Mozzarella Sticks überbacken klingt zwar erst einmal etwas ungewöhnlich, ist aber sehr lecker.
Zurück im Hotel bereite ich dann nur noch kurz den morgigen Tag vor, bevor ich ins Land der Träume entschwinde. Morgen steht ein Fahrtag an, denn leider muss ich Michigan nun nach einer Woche toller Entdeckungen wieder verlassen.
Meilen: 274
Wetter: sonnig, 45–64 Grad
Hotel: Super 8