Tag 5 – Dienstag, 29. Mai 2018
From Highlands to Islands – Dundee nach Uig
„I feel a sort of reverence in going over these scenes in this most beautiful country, which I am proud to call my own, where there was such devoted loyalty to the family of my ancestors – for Stuart blood is in my veins.” – Queen Victoria, journal entry in 1873
Das gute Wetter bleibt mir weiterhin treu, auch wenn sich heute Morgen ein paar Wölkchen am Himmel zeigen. So packe ich recht bald meine Sachen und mache mich wieder auf den Weg. Heute möchte ich in die östlichen Highlands fahren. Auf meiner letzten Reise war ich hier nur im strömenden Regen unterwegs, sodass ich nicht viel gesehen habe. Heute ist das anders und schon bald begeistert mich die karge Landschaft, durch die ich hier fahre.
Die Straße führt hoch in die Berge hinein, schlängelt sich dann wieder über sanfte Kuppen und gibt hinter jeder Ecke neue Aussichten preis. Es macht Spaß hier unterwegs zu sein und die Bilder können die Weite der Landschaft gar nicht richtig einfangen.
Die Cairngorms heißt das Gebiet hier und ist ein Teil der Grampian Mountain. Der Bergzug zieht sich durch das nördliche Schottland und gehört mit seinen Gipfeln über 1000 Metern zu den höchsten Gebirgen der britischen Insel.
Unterwegs komme ich an Teilen des Glenshee Ski Centre vorbei, dem größten Skigebiet in Schottland, das sich auf 650 bis 1070 Metern Höhe erstreckt.
Umso weiter ich nach Norden komme, desto einsamer wird die Gegend. Die touristische Hauptsaison hat zwar gerade begonnen, doch noch sind eher wenige Menschen hier in den Highlands unterwegs. Das schöne und vor allem anhaltend warme Wetter in diesem Frühsommer hat auch die Schotten überrascht. Es ist ein Geschenk, das ich dankend annehme.
Nach rund neunzig Minuten Fahrt erreiche ich das kleine Örtchen Braemar. Den Ort selbst lasse ich allerdings links liegen und fahre weiter bis zum Braemar Castle. Das kann zwar auch von innen besichtigt werden, hat jedoch heute leider geschlossen. Auf das Gelände kann ich aber trotzdem laufen, um das fotogene Gebäude abzulichten.
Braemar Castle wurde erstmals 1628 für John Erskine, 18. Earl of Mar errichtet und sollte als Jagdschloss sowie Bollwerk gegen den Clan der Farquharsons dienen. Diese jedoch schafften es, die Burg einmal einzunehmen und nach den Jakobitenaufständen schließlich dauerhaft zu besitzen, nachdem sie ihnen von der Krone übergeben wurde. Später diente sie als Garnisonsstandort und wurde erst 1831 zu einem Wohnhaus umgebaut.
Vor der Fertigstellung von Balmoral Castle, übernachtete Queen Victoria in Braemar Castle, wenn sie die Highland Games besuchte. Die Burg befindet sich auch heute noch im Besitz des Clan Farquharson, ist aber seit 2008 für Besucher geöffnet.
Nur rund zehn Kilometer weiter befindet sich dann das Schloss, das Queen Victoria für sich und ihre Familie in den Highlands erbauen ließ, Balmoral Castle. Auch heute noch gehört es der Krone und die Königin verbringt jedes Jahr ihren Sommerurlaub an diesem Ort. Bis Ende Juli kann das Gelände jedoch besucht werden und da ich beim letzten Mal hier ebenfalls strömenden Regen hatte, halte ich nochmals an.
Der Parkplatz befindet sich gleich neben der Straße. Dann geht es über eine Brücke, die den Fluss Dee überspannt, zum Haupteingang.
Super ist, dass ich seit neuestem keinen separaten Eintritt mehr zahlen muss, da auch Balmoral nun mit der HHA-Mitgliedschaft zu besichtigen ist. So kann ich das Kassenhäuschen dann recht schnell hinter mir lassen. Zum Schloss führt eine Straße durch dichten Wald. Wer nicht laufen will, kann hier auch auf ein Shuttle warten.
Bevor ich jedoch zum Schloss komme, gelange ich zu den Stallungen. Hier werden nicht nur die Audio-Guides ausgegeben, sondern es gibt auch eine kleine Ausstellung zum Sommerschloss der Königin von England.
Dieser Landrover ist eines der Ausstellungsstücke im Innenhof der Stallungen, denn längst wird das Anwesen nicht mehr hoch zu Ross, sondern mit diesen Geländefahrzeugen verwaltet.
Im rechten Flügel sind weitere Fahrzeuge zu sehen, die auf Balmoral Castle über die Jahrzehnte im Einsatz waren.
Im linken Seitenflügen sind dann historische Kutschen sowie Fotografien aus Balmoral zu sehen, denn schon seit 150 Jahren ist das Anwesen der Urlaubsort der Monarchen.
Ein weiterer Fußweg führt dann zum Schloss. Zuerst gelange ich zur Toreinfahrt, die sich an der Seite befindet.
Dann gehe ich um das Gebäude herum, um mir Balmoral von seiner schönsten Seite anzusehen und das diesmal mit viel Sonne und nicht wieder im strömenden Regen wie 2012.
Schon im 14. Jahrhundert gab es auf Balmoral ein Schloss, das damals für Sir William Drummond erbaut wurde. Danach wechselte das Anwesen mehrmals die Eigentümer, bis es James Duff, 2. Earl of Fife erworben wurde. Dieser vermietete es ab 1848 an Queen Victoria und ihre Familie. Da das Königspaar die schottische Landschaft liebte, kauften sie Balmoral kurze Zeit später. Bis heute ist das Schloss Privateigentum der Königin und nicht Teil des Crown Estate.
Balmoral Castle, wie man es heute kennt, wurde aber erst nach Entwürfen von Prinz Albert gebaut, denn das vorherige Gebäude war dem Paar zu klein. Im Jahr 1856 war das Schloss bezugsfertig und hatte nun mehr als siebzig Zimmer. Die königlichen Gemächer befinden sich dabei im linken Gebäudeteil, dahinter befindet sich der Ballsaal und genau zu dem bin jetzt auch ich unterwegs.
Der Ballsaal ist der einzige Raum, der für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Davor ist dieser kleine, versunkene Garten angelegt.
Nur von außen und über einen Seiteneingang kann ich den Ballsaal erreichen, in dem jedes Jahr eine Sonderausstellung zu einem aktuellen Thema stattfindet. Leider ist das Fotografieren aber mal wieder streng verboten.
Wieder draußen laufe ich über die riesige Wiese, die sich vor der Südseite des Schlosses erstreckt. Ganze 243 Quadratkilometer ist das gesamte Anwesen groß. Der formale Garten ist aber nur ein kleiner Teil davon.
Bei meinem Rundgang komme ich diesmal auch zum Garden Cottage. Im Jahr 2012 habe ich diesen Teil des Anwesens aufgrund des starken Regens gar nicht besucht. Das 1863 erbaute Garden Cottage bestand ursprünglich aus Holz und war der Wohnsitz des Gärtners. Zwei Räume waren aber für die Königin reserviert, die hier manchmal frühstückte oder ihre Korrespondenz erledigte. 1894 war das Gebäude jedoch verfallen und wurde abgerissen. Nur ein Jahr später errichtete man dieses neue Garden Cottage, dessen Innenräume heute durch die Fenster angesehen werden können.
Die Gartenanlage wurde ebenfalls von Prinz Albert begonnen und jede nachfolgende Generation gestalte sie weiter.
Der große Küchengarten wurde von Prinz Phillip, dem Duke of Edinburgh angelegt, der hier besonders Pflanzen ansiedelte, deren Früchte man zwischen August und Oktober ernten konnte. So hat das Anwesen während des Aufenthalts der königlichen Familie immer frisches Gemüse.
Die Tore hingegen wurden 1926 als Eingang des Gartens von Queen Mary in Auftrag gegen, die die Initialen von sich und ihrem Gatten einarbeiten ließ.
Hoch zufrieden laufe ich diesmal zurück in Richtung Auto. Das hat sich auf jeden Fall gelohnt, hier noch einmal herzukommen. Und so mache ich dann noch einmal dasselbe Foto, dass ich schon 2012 gemacht habe. Nur heute ohne Regen und mit mehr blauem als grauem Himmel.
Über die Torzufahrt verlasse ich Balmoral und gehe zurück zum Parkplatz.
Nun geht meine Fahrt weiter durch die Highlands nach Norden. Dabei durchquere ich ab und zu kleine Siedlungen, doch die meiste Zeit bin ich in der kargen, aber doch beeindruckenden Landschaft des Cairngorms National Park unterwegs.
Ab und zu begegnet mit mir unterwegs auch mal ein Auto, doch die Anzahl der Schafe übersteigt die der Menschen in dieser Gegend bei weitem.
An der Brücke über den River Findhorn muss ich dann mal wieder warten, denn viele Brücken in Großbritannien sind so alt, dass sie nur einspurig sind und heute durch Ampeln geregelt.
Umso weiter ich nach Norden komme, desto schlechter wird jedoch leider das Wetter. Es zieht dichter Nebel auf und bald ist der Himmel statt blau nur noch grau. Dazu ist es empfindlich kalt geworden. Da ich aber jetzt schon mal hier bin, setze ich meinen Weg nach Cawdor Castle fort, auch wenn ich auf schöne Bilder im Sonnenschein nun verzichten muss.
Bereits 1380 wird Cawdor zum ersten Mal erwähnt und William, Thane of Cawdor ließ hier einen Kampfturm errichten. Was in den folgenden Jahrhunderten passierte, ist jedoch nicht dokumentiert. Die nächsten Aufzeichnungen gibt es erst aus dem Jahr 1638 ist dokumentiert, dass das Gebäude instand gesetzt wurde. Während des Bürgerkrieges wurde Cawdor weitestgehend verschont, sodass die wertvolle Inneneinrichtung auch heute noch erhalten ist. Und die will ich mir jetzt anschauen.
Noch heute ist Cawdor Castle ein privates Anwesen und bewohnt, sodass ich durch das Wohnzimmer der Familie Campbell laufe. Derzeit wohnt die verwitwete Stiefmutter des 7. Earl of Cawdor im Haus.
Einer der imposantesten Räume ist das prunkvolle Schlafzimmer mit den kostbaren Wandbehängen. Das prachtvolle Bett war das Ehebett von Sir Hugh Campbell und Lady Henrietta Stuart, die 1662 heirateten.
Während meines Rundgangs komme ich noch durch weitere Schlafzimmer, von denen einige auch heute noch als Gästezimmer genutzt werden.
Schließlich kehre ich vom Obergeschoss zurück in das Erdgeschoss und komme noch durch ein weiteres Wohnzimmer.
Anschließend gelange ich in das recht kleine, intime Esszimmer.
Zum Schluss gelange ich noch in die Küche. Ein Teil der Räume wurde über die Jahre modernisiert und mit aktuelleren Gerätschaften ausgestattet.
Aber auch die alte Küche, die zwischen 1640 und 1938 in Betrieb war, kann besichtigt werden.
Schließlich schaue ich mir noch den Walled Garden an, der die älteste Gartenanlage des Anwesens ist. Zuletzt wurde er 1981 von Lord Cawdor umgebaut und neu gestaltet.
Die Anlage ist toll und es macht Spaß sie zu erkunden. Leider ist es durch den Nebel noch immer empfindlich kalt, sodass ich dann doch recht bald wieder weitergehe.
Sobald ich die Gegend um Inverness, das ich auf dieser Reise nicht besuche, hinter mir lasse, reißt die Nebelwand wieder auf und die Sonne ist zurück. Bedauerlicherweise habe ich auch keine Zeit ganz in den Norden zu fahren, doch in dieser Region war mir auf meiner letzten Reise schon das Wetter hold. So führt mich der Weg heute also weiter nach Westen.
Mitten durch die Highlands führt mich mein Weg nun und ich halte immer mal wieder für ein Foto an. Es gibt unzählige schöne Seen in dieser Gegend und überall stehen Blumen in voller Blüte.
Am späten Nachmittag kann ich schließlich den ersten Blick auf Loch Alsh werfen. Der Meeresarm liegt malerisch zwischen den nordwestlichen Highlands und der Insel Skye.
In der Ferne kann ich bereits die Brücke erkennen, die die Insel mit dem Festland verbindet.
Jahrhundertelang verband eine Fähre das Festland mit der Insel der inneren Hebriden, bevor beschlossen wurde, hier eine Brücke zu bauen. Erst 1989 wurden erste Planungen für eine Brücke aufgenommen, die schließlich ab 1992 gebaut und 1995 eröffnet werden konnte. Die größte Spannweite beträgt 250 Meter und insgesamt ist die Sky Bridge rund 400 Meter lang.
Gleich neben der Brücke liegt das kleine Örtchen Kyleakin, das ich als Erstes besuche. Von hier habe ich einen schönen Blick auf Castle Moil, das auch unter dem Namen Castle Dunakin bekannt ist. Die Burgruine ist bereits seit 1601 verlassen und wurde durch Stürme und den Zahn der Zeit immer mehr zum Einsturz gebracht.
Eine weitere Besonderheit der Skye Bridge ist der Leuchtturm, der fast unter ihr zu stehen scheint. Das Eilean Ban Lighthouse wurde 1857 erbaut und ist 21 Meter hoch. Entworfen wurde es von David und Thomas Stevenson.
Schließlich fahre ich einmal quer über die Insel, denn mein Quartier habe ich ganz im Norden reserviert. Nur durch viel Glück konnte ich das Zimmer bekommen, denn die Skye war zu meiner Reisezeit fast komplett ausgebucht. Doch ich schaute just in dem Moment in eine Buchungsseite, als ein storniertes Zimmer wieder eingestellt wurde. Manchmal muss man auch Glück haben. So erreiche ich am frühen Abend die wunderschöne Bucht von Uig.
Uig ist ein quirliges Städtchen, denn von hier fahren die Fähren auf die Äußeren Hebriden ab. Und bei diesem Wetter hätte ich fast Lust, eine zu nehmen. Hätte ich doch nur etwas mehr Zeit.
So aber fahre ich erst einmal zu meiner Unterkunft, dem Uig Hotel und beziehe dort mein Einzelzimmer. Leider hat es keinen Ausblick auf die Bucht, aber wählerisch zu sein, kann ich mir nicht leisten, denn nur der glückliche Zufall ließ mich ja überhaupt dieses Zimmer finden.
Da ich nach diesem langen Tag hungrig bin, beschließe ich auch gleich im Hotel zu essen. Ich bekomme einen Platz direkt am Fenster mit tollem Blick auf die Bucht.
Und dann erlebe ich die größte Überraschung, denn das Essen hier ist fantastisch und die Fish and Chips gehören zu den besten, die ich je gegessen habe.
Da das Wetter so toll ist, mag ich aber noch nicht auf dem Zimmer bleiben. Auch wenn es schon nach sieben Uhr abends ist, ist es hier im hohen Norden noch immer taghell. Und so breche ich noch einmal zu einer kurzen Rundfahrt auf, denn auch hier hatte ich bei meinem ersten Besuch eher trübes Wetter. Da muss ich dieses Mal wirklich jede Minute nutzen, denn solch ein Wetter ist einfach ein Geschenk.
Auf meinem Weg zum nördlichsten Ende der Skye genieße ich einfach die Fahrt. Es ist toll, hier im weichen Abendlicht unterwegs zu sein. In der Ferne kann ich heute sogar Lewis and Harris, eine Insel der Äußeren Hebriden, sehen.
Schließlich erreiche ich Kilmuir. Auch hier war ich schon einmal und so weiß ich, dass sich hier das Grab von Flora MacDonald befindet, die einst Bonnie Prince Charlie nach verlorener Schlacht bei Culloden zur Flucht verhalf. Ein weiteres berühmtes Grab ist das des Designers Alexander McQueen.
Nach diesem kurzen Stopp fahre ich weiter bis zur nördlichsten Spitze der Insel oder zumindest so weit, wie die Straße dies zulässt.
Der Rückweg führt mich dann über eine kleine Nebenstraße wieder zurück nach Uig. Ich parke mein Auto am Hotel und laufe noch kurz hinüber zum Uig Tower, der nun schön im Abendlicht liegt.
Es war ein extrem langer Tag und dementsprechend müde bin ich auch. Da die Tage hier im hohen Norden Ende Mai extrem lang sind, habe ich heute das gesamte Tageslicht ausgenutzt und bin erst nach 22 Uhr zurück auf meinem Zimmer, wo ich erschöpft aber zufrieden einschlafe.
Meilen: 290
Wetter: Nebel, später Sonne, 11–27 Grad
Hotel: Uig Hotel