Tag 6: Sonntag, 06. September 2020
Grenzgänger – Kitzbühel (Ausflug nach München)
„Nicht wer alt ist, weiß viel, sondern wer viel herumgekommen ist.” – Sprichwort aus der Türkei
Heute trennen sich leider die Wege von C. und mir, denn während C. ab morgen wieder arbeiten muss, habe ich noch eine ganze Woche frei. Passend zum Ende des Urlaubs für C. hat der Himmel irgendwann heute Nacht damit begonnen seine Schleusen zu öffnen und auch am Morgen sieht das Wetter wenig vielversprechend aus. So lassen wir uns Zeit und gehen erst einmal gemütlich zum Frühstück.
So gegen zehn packen wir dann aber doch unsere Sachen und checken aus. Es geht nun auf direktem Weg nach München. Besichtigungen fallen aufgrund des extrem schlechten Wetters leider buchstäblich ins Wasser, auch die Festung von Kufstein sehen wir nur im Vorbeifahren. Aber wir wollen nicht Jammern, denn wir hatten in der vergangenen Woche viel Glück mit dem Wetter, nachdem es zunächst gar nicht danach ausgesehen hatte.
Dabei wäre es sicher interessant gewesen, die imposante Festung ein wenig näher anzuschauen. Auf einem neunzig Meter hohen Felsen direkt über dem Inn gelegen, ist das Wahrzeichen der Stadt Kufstein zu Fuß oder mit der Panoramabahn zu erreichen. Bereits 1205 wurde die Festung erstmalig als „Castrum Caofstein“ erwähnt und gehörte damals den Bischöfen von Regensburg.
Kaiser Maximilian I. eroberte die Festung im Jahr 1504 und ließ sie weiter ausbauen. Infolge des Pressburger Friedens gelangte Kufstein 1805 unter bayrische Herrschaft, fiel aber 1814 bereits wieder zurück an Österreich. Im Kaisertum Österreich diente die Festung als Gefängnis für ungarische Dissidenten, bevor sie 1924 in den Besitz der Stadt Kufstein überging. Heute ist die Festung Kufstein ein beliebtes Touristenziel.
Eine Verzögerung gibt es aber doch noch. Eigentlich hatten wir vor, bei Kufstein auf die Autobahn zu fahren. Hier gibt es jedoch bereits enormen Rückstau wegen der freiwilligen Coronatests, die an der Grenze angeboten werden. Laut Navi hat sich ein Stau von mehreren Kilometern aufgebaut, der sich sogar bereits durch Kufstein zieht. So entscheiden wir die Autobahn zu meiden und die Grenze lieber auf der Landstraße zu überqueren. Das klappt dann auch problemlos und zurück in Bayern können wir den Rest der Strecke dann wieder auf der Autobahn zurücklegen.
In München ist das Wetter um einiges besser und der Regen bei unserer Ankunft schon abgezogen. Ich setze C. ab und wir verabschieden uns. Dann beschließe ich, nicht gleich nach Kitzbühel zurückzufahren, wo ich für die nächsten zwei Tage spontan ein weiteres Hotel reserviert habe.
Ich hatte C. unterwegs gefragt, ob sie mir noch ein Schloss in München empfehlen kann, das ich nicht kenne. Auf meinen vorherigen Besuchen habe ich schon die Residenz, Nymphenburg oder Oberschleißheim besucht und so hat sie mir die Blutenburg vorgeschlagen, von der ich zuvor noch nie gehört hatte. Umso mehr ein Grund nun einmal vorbeizuschauen.
Das ehemalige Jagdschloss Blutenburg befindet sich im Westen von München und wird vom Flüsschen Würm umflossen, das der einzige Abfluss des Starnberger Sees ist, der bis 1962 noch Würmsee hieß. Das 1432 erstmals erwähnte Schloss war übrigens bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts durch eine Sichtachse mit dem Schloss Nymphenburg verbunden, die aber inzwischen zugewachsen ist.
So prächtig wie das Schloss heute wieder erstrahlt, sah es allerdings lange nicht aus. Bereits im 19. Jahrhundert begann der Verfall des Anwesens, das seine Bedeutung verloren hatte. Von 1866 bis 1957 war es an das Institut der Englischen Fräulein verpachtet und diente danach bis 1976 den Schwestern des Dritten Ordens als Altersruhesitz. Inzwischen war die Anlage dem Verfall nahe, doch 1974 wurde der „Verein der Freunde Schloss Blutenburg e.V.“ gegründet, der sich der Rettung des Schlosses verschrieb.
Ich betrete die Anlage durch den Torturm, der bereits 1430 erbaut wurde, aber erst 1980 ein Spitzdach erhielt.
So gelange ich in einen Innenhof, der zum Herrenhaus führt, dessen prächtigstes Gebäude aber wohl die Schlosskapelle ist, die bereits 1488 in der damaligen Vorburg erbaut wurde. Leider kann ich die Kirche nicht von innen besichtigen, da sie wegen Corona verschlossen ist.
Schloss Blutenburg wird heute von verschiedenen Institutionen genutzt. So ist hier die Internationale Jugendbibliothek angesiedelt, es gibt ein Erich-Kästner-Zimmer und ein Michael-Ende-Museum. Leider sind diese Orte jedoch alle geschlossen.
Nach dieser schönen Besichtigung will ich eigentlich aufbrechen, doch als ich ganz in der Nähe des Schlosses Nymphenburg vorbeikomme, halte ich noch für ein paar Aufnahmen an. Ich habe dieses prächtige Schloss zwar schon mehrmals besucht, doch kann man hier immer wieder herkommen.
Schloss Nymphenburg war Jahrhundertelang der Sommersitz der Wittelsbacher und auch wenn das Anwesen heute dem Freistaat Bayern gehört, so hat die Familie noch immer ein Wohnrecht in einigen Räumen. Seine 632 Meter Spannweite übertreffen sogar das Schloss Versailles und die Prunkräume sind heute ein beliebtes Touristenziel.
Erschreckend finde ich allerdings, dass man hier anscheinend allen Ernstes plant, den nördlichen Schlossteil abzureißen und diesen bereits von der Denkmalliste gestrichen hat. Dafür soll hier ein futuristischer Museumsbau entstehen. Inzwischen kämpfen eine Bürgerinitiative und viele andere Personen für den Erhalt. Das Ensemble wurde sogar auf die Gefährdungsliste des Denkmalnetzes Bayern sowie die Rote Liste des Verbandes Deutscher Kunsthistoriker gesetzt. Auch ich hoffe, dass dieses Vorhaben auf keinen Fall so ausgeführt wird.
Am späten Nachmittag mache ich mich dann aber doch wieder auf den Weg in Richtung Österreich. Leider ist das Wetter dort noch immer nicht viel besser und es beginnt schon kurz vor der Grenze wieder zu regnen. Dieses Mal bleibe ich auf der Autobahn und kann deutlich den Stau auf der Gegenfahrbahn erkennen. Gut, dass wir heute Morgen umfahren haben. In Richtung Österreich läuft der Verkehr aber problemlos. So bin ich schon rund neunzig Minuten später wieder in Kitzbühel. Hier fahre ich nun zum etwas außerhalb gelegenen Grand Tirolia Hotel, das seit kurzem zur Curio Collection von Hilton gehört.
Das mit nur sechzig Zimmern und Suiten recht übersichtliche Hotel ist mit viel Holz ausgestattet und im alpenländischen Stil gehalten, der hier allerdings modern und nicht kitschig umgesetzt wurde.
Ich bekomme durch meinen Hilton Diamond Status ein Upgrade auf eine fantastische Suite, die für mich allein eigentlich viel zu groß aber trotzdem wahnsinnig toll ist. Mehr zum Hotel gibt es in meinem ausführlichen Review zu lesen. Hier möchte ich nur einige Eindrücke zeigen.
Zum Hotel gehört ein großer Poolbereich, der über einen Außen- und einen Innenpool verfügt. Auch eine Sauna und Spa sind angeschlossen.
Neben dem Hotel gibt es einen Golfplatz sowie ein Clubhaus, in dem sich eines der Restaurants sowie eine Bar befinden. Hier esse ich heute ausgezeichnet zu Abend.
Den restlichen Abend verbringe ich in meiner Suite und überlege, was ich morgen machen werde. Das Wetter sieht leider immer noch nicht viel besser aus, sodass Ausflüge in die grandiose Natur rund um Kitzbühel leider ins Wasser fallen. Schade, da muss ich wohl nochmal herkommen. Stattdessen kristallisiert sich ein anderes Ziel heraus, das ich im nächsten Tagesbericht näher vorstellen werde.
Kilometer: 278
Wetter: Regen, später heiter bis wolkig, 10–17 Grad
Hotel: Grand Tirolia Hotel, Curio Collection by Hilton