Tag 4: Sonntag, 9. Juli 2023
Reif für die Insel – Den Helder – Teil 2
„Wer reist, kann viel erzählen.“ – Johann Wolfgang von Goethe
Vom nördlichsten Punkt von Texel setzen wir unsere Fahrt fort. Inzwischen blitzt sogar ein wenig die Sonne hervor und es wird richtig warm. Das merken wir im klimatisierten Bus aber erst, als wir unser nächstes Ziel, den Ort De Koog, erreichen. Das kleine Dorf ist das Zentrum des Tourismus auf der Insel und hier befinden sich auch die Hälfte der rund 40.000 Betten, die auf Texel für Touristen zur Verfügung stehen. Im Ort gibt es ein niedliches Zentrum mit vielen kleinen Geschäften und Restaurants, das sich rund um die alte Kirche erstreckt.
C. und ich bummeln ein bisschen durch den Ort, doch so recht finden wir nichts in den Geschäften, die allerdings auch ziemlich voll sind. War es in Oudeschild heute Morgen noch friedlich, steppt hier doch ziemlich der Bär.
So landen wir dann am Strand, der sich hinter zwei Dünenketten befindet, die den Ort vor der Nordsee schützen. Hier entdecken wir ein nettes Strandcafé, das geradezu zu einer kurzen Pause einlädt.
Hier am Strand gibt übrigens viele kleine Hütten, wie ich sie sonst nur aus England kenne. Sie können gemietet werden und einige verfügen sogar über eine kleine Küche.
Noch einmal besteigen wir den Bus und die Fahrt geht weiter gen Süden. Unser letzter Stopp auf Texel ist Paal 17, der bekannteste Strandabschnitt der Insel. Dieses Mal ziehen wir wieder zu dritt los und laufen die wenigen Schritte vom Parkplatz bis zum Meer.
Da aber keiner von uns baden gehen will, lassen wir uns lieber wieder in einer Strandbar nieder und genießen von hier aus die Sonne und das Treiben am Strand.
Gerade als wir zum Bus zurückgehen wollen, schiebt sich allerdings eine dunkle Wolke über die Sonne und entlädt ihr Wasser direkt über der Bar. Zum Glück gibt es ja die Sonnenschirme, sodass wir immerhin trocken bleiben.
Der Weg zum Bus ist dann auch wieder trocken, aber es ist schwül, sodass die Klimaanlage doch sehr willkommen ist auf der weiteren Fahrt, die uns nun, an einigen typischen Inselhäusern vorbei, wieder zur Fähre führt.
Auf der Fahrt passieren wir noch das Örtchen Den Hoorn, den Hauptort der Insel, De Burg, sehen wir dagegen nicht. Einen weiteren Stopp gibt es aber nicht mehr, sodass ich nur aus dem Fenster fotografieren kann.
Schließlich sind wir zurück an der Fähre, die uns wieder auf das Festland bringen soll. Wir haben jedoch noch etwas Zeit, sodass ich kurz aussteige, um mich umzusehen. Das Gelände am Fährhafen ist jedoch recht trostlos und auch die Sonne versteckt sich inzwischen wieder hinter den Wolken, sodass ich schnell wieder im Bus bin.
Dann heißt es auch schon: Tschüss, Texel! Und wir fahren wieder zurück auf das Festland nach Den Helder.
In Den Helder angekommen, fahren wir vorbei am Marinemuseum mit dem großen U‑Boot und zurück zum Hafen, wo uns die MS Hamburg erwartet.
Da wir jedoch noch einige Stunden länger im Hafen bleiben werden, beschließen C. und ich noch einen Rundgang durch die Stadt zu machen. Zunächst geht es aber kurz an Bord, um uns ein wenig zu stärken.
Eine halbe Stunde später sind C. und ich wieder an Land. Zunächst folgen wir dem Verlauf des Binnenhafens, um ins Stadtzentrum zu gelangen. Dass Den Helder jetzt nicht gerade die sehenswerte Kleinstadt wie Harlingen gestern ist, war uns schon von Beginn an klar, doch wir sind ja neugierig und wollen mal schauen, ob es nicht doch etwas zu entdecken gibt. Unser Bewegungsradius ist aufgrund der vorgegebenen Zeit und dem fehlenden fahrbaren Untersatz natürlich eingeschränkt, doch irgendwas wird ja wohl zu Fuß erreichbar sein.
Vom Binnenhafen drehen wir links ab und überqueren auf dem Botbrug den Helders Kanaal, der parallel zum Binnenhafen verläuft. Von hier laufen wir auf eine Kirche zu, die bei näherer Betrachtung allerdings keine mehr zu sein scheint.
Durch triste und nicht sonderlich schön anzusehende Wohngegenden zieht sich der Weg jetzt bis zum Hauptbahnhof, dessen Gebäude aber auch nur durch die etwas ungewöhnliche Turmuhr hervorsticht. Einen Bahnhof gibt es hier schon seit 1865, das heutige Gebäude wurde aber erst 1958 eingeweiht.
Hinter dem Bahnhof stoßen wir auf die Beatrixstraat, die sowas wie die Haupteinkaufsstraße der Stadt ist. Hier machen wir ein Erinnerungsfoto, doch so richtig schön ist die Gegend nicht, sodass wir zügig weiterlaufen.
Auf dem Weg zurück zum Hafen entdecken wir noch dieses schöne Straßenbild, das für mich irgendwie das Highlight der ganzen Stadtbesichtigung ist.
Am Ende der Beatrixstraat queren wir noch einmal den Helder Kanaal. Bevor es zum Schiff zurückgeht, wollen wir jedoch noch einen letzten Abstecher wagen.
Auf einem Teil des Hafens befindet sich die alte königliche Werft, deren Gebäude inzwischen einer anderen Nutzung zugeführt wurden. So gibt es hier ein Kino, Museen (auch das mit dem großen U‑Boot) und sogar die Stadtverwaltung hat in einem Gebäude ihren Sitz. Rundherum und auch in der Mitte, dem ehemaligen Werftbecken, gibt es Liegeplätze für kleinere Boote.
Wie schon eingangs erwähnt, ist die Geschichte der königlichen Werft Willemsoord eng mit der Stadt Den Helder verknüpft. Ihre Gründung geht auf die Besetzung von Nordholland durch die Franzosen im ausgehenden 18. Jahrhundert zurück. Die französischen Besetzer gründeten hier die Batavische Republik, die 1799 von einem englisch-russischen Heer angegriffen wurde. So plante Napoleon hier eine riesige Festung, sein Plan war, ein Gibraltar des Nordens zu errichten.
Den Bau der Anlage führten aber andere durch, denn 1813 wurden die Niederlande unabhängig und das Projekt im Auftrag von König Willem I. überarbeitet. Die Festungsanlagen wurden drastisch reduziert, dafür ein größerer Fokus auf eine Werft gelegt, die 1827 fertiggestellt wurde. Neben den historischen Gebäuden sind auch noch einige der alten Docks erhalten geblieben und können besichtigt werden.
So richtig spannend ist das alles aber nicht und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass keiner so richtig weiß, wohin die Reise hier gehen soll. Das zeigt auch die jüngere Geschichte, denn in den 1990er Jahren sollte hier zunächst ein Vergnügungspark entstehen. Dieses Unterfangen scheiterte jedoch und die Gemeinde übernahm das Gelände. Wie bei so vielen Plänen war es jedoch auch hier, die Kosten der Entwicklung stiegen und die Zuschüsse schrumpften. So gibt es zwar die Museen und auch einige andere Einrichtungen, doch mit dem richtigen Investor könnte man sicherlich viel mehr aus dem Gelände machen. Fraglich ist aber auch, ob das die Besucherzahlen dann hergeben, denn die meisten Leute fahren momentan eher an Den Helder vorbei, um schnell nach Texel zu gelangen.
Während sich der Himmel immer dunkler färbt, schlagen wir den Weg zurück zum Schiff ein, und hoffe, dort noch trockenen Fußes anzukommen. Der Weg ist dann auch weiter als gedacht, denn wir müssen einen ganz schönen Bogen laufen, um den Eingang zum Hafengebiet zu erreichen.
Schließlich sind wir aber sich zurück am Dock, wo die MS Hamburg auf uns wartet. Mit der Zeit sind wir auch gut ausgekommen, sodass wir uns nicht beeilen mussten, um zu Schiff zu kommen.
Bevor wir an Bord gehen, nutzen wir die Zeit noch für ein paar Fotos vom Schiff, denn hier kann man den gesamten Anleger ungestört entlanglaufen.
Zurück an Bord treffen wir uns wieder am Bug, um das Auslaufen zu beobachten. Der Himmel ist zwar immer noch düster, aber bisher ist es trocken geblieben, sodass das offene Deck unser bevorzugter Platz zum Schauen ist.
Von der erhöhten Position an Deck ist dann auch noch der Wasserturm von Den Helder schön zu sehen, der sowas wie ein Wahrzeichen der Stadt ist. Der 40 Meter hohe Turm wurde bereits 1908 fertiggestellt und ersetzte einen Vorgängerbau von 1865, um die Stadt mit sauberem Trinkwasser zu versorgen. Nach einer Choleraepidemie wurde die Wasserversorgung als sehr wichtig in Nordholland angesehen.
Ebenfalls über den Dächern zu sehen ist der Leuchtturm Lange Jaap, der sich in mehreren Kilometern Entfernung befindet.
Am frühen Abend steuert die MS Hamburg schließlich wieder die Nordsee an. Doch bevor wir aufs offene Meer hinausfahren, müssen wir wieder der Fahrrinne um die Südspitze von Texel folgen. So geht es abermals zunächst nach Süden, mit einem schönen Blick auf den Leuchtturm.
Vor der Küste setzen wir wieder den Piloten ab, bevor es hinaus auf die Nordsee geht und unserem nächsten Ziel entgegen.
Nach dem Abendessen treffe ich mich heute mit C. und K. in der Lounge, denn hier tritt der Zauberkünstler Christian Lavey auf. Der gebürtige Luxemburger hat wirklich tolle Tricks auf Lager und die Show macht richtig Spaß.
Nach der Show ist es Zeit für einen letzten Rundgang an Deck und auch wenn die Sonne sich heute nur wenig gezeigt hat, bevor die Nacht hereinbricht, färbt sie den Himmel noch einmal glühend rot.
Wetter: stark bewölkt, 20–28 Grad
Seemeilen: 62