Ahoi Nordsee – auf Kreuzfahrt mit der MS Hamburg

Tag 4: Sonn­tag, 9. Juli 2023
Reif für die Insel – Den Hel­der – Teil 1

„Wege ent­ste­hen dadurch, dass man sie geht.“ – Franz Kafka

Neu­er Tag, neu­er Hafen, so könn­te man unse­re Kreuz­fahrt auf der Nord­see auch beschrei­ben. Nur die Son­ne ver­steckt sich heu­te wei­test­ge­hend hin­ter Wol­ken, als ich auf das Deck kom­me, um das Ein­lau­fen in den näch­sten Hafen zu beob­ach­ten. Unser Ziel heu­te ist die Stadt Den Hel­der, die sich in der Pro­vinz Nord­hol­land befindet.

Da wir im teil­wei­se fla­chen Was­ser der Fahr­rin­nen fol­gen müs­sen, fährt die Ham­burg zunächst um die Insel Texel her­um und wei­ter nach Süden, um dann scharf nach Nord abzu­bie­gen. So fah­ren wir noch ein wenig an der Küste der Pro­vinz Nord­hol­land ent­lang. Dabei ent­decke ich den Leucht­turm Huis­dui­nen, der sich schon auf dem Stadt­ge­biet von Den Hel­der befin­det, jedoch vom Hafen zu weit ent­fernt, als dass ich ihn besu­chen könnte.

Unge­fähr zur sel­ben Zeit erreicht uns das Boot mit dem Pilo­ten, der an Steu­er­bord zusteigt, um eine siche­re Pas­sa­ge in den Hafen zu gewährleisten.

Aber noch­mal zurück zum Leucht­turm, denn Spitz­na­me „Lan­ge Jaap” ist und der mit sei­nen rund 63 Metern Höhe lan­ge Zeit der höch­ste Leucht­turm der Nie­der­lan­de war. Auch wenn er die­sen Rekord inzwi­schen an den Leucht­turm Maas­vl­ak­te abge­ben muss­te, so ist der Lan­ge Jaap noch immer der höch­ste guss­ei­ser­ne Leucht­turm in ganz Euro­pa. In Betrieb gegan­gen ist der Turm übri­gens bereits 1878 und weist noch heu­te den Schif­fen den Weg. Sein Licht ist bis zu 54 Kilo­me­ter weit zu sehen.

Der Hafen von Den Hel­der selbst ist dann eher auf Mili­tär denn auch Urlau­ber aus­ge­legt. Zwar gibt es auch einen klei­nen Jacht­ha­fen, der Haupt­teil der Schif­fe ent­stammt aber doch der hol­län­di­schen Mari­ne. Die könig­li­che Mari­ne der Nie­der­lan­de ist hier schon seit 1815 ansäs­sig und auch die Küsten­wa­che unter­hält hier einen Stütz­punkt. Dazu kommt die gro­ße Reichs­werft „Wil­lem­so­ord“, die bereits von Napo­le­on an die­sem Stand­ort gegrün­det wurde.

Ein klei­ner Bereich ist auch den Fäh­ren vor­be­hal­ten, die hier das Fest­land mit der Insel Texel ver­bin­den. Auf solch einer Fäh­re wer­de ich spä­ter, im Rah­men mei­nes Aus­flu­ges, auch unter­wegs sein.

Nach dem Ein­lau­fen geht es für mich schnell zurück auf die Kabi­ne, um mei­ne Sachen zu holen. Der Aus­flug star­tet heu­te sehr zei­tig und so muss ich bald von Bord gehen. Inter­es­sant ist der Blick aus dem Fen­ster, denn anschei­nend ist gera­de wie­der Ebbe, sodass wir ziem­lich tief im Was­ser lie­gen und mein Aus­blick halb hin­ter der Kai­mau­er ver­schwin­det. Da sehen die Pas­sa­gie­re auf Deck eins dann wohl gar nichts mehr.

Mein heu­ti­ger Aus­flug trägt den Namen „Insel­aben­teu­er Texel”. Es hät­te auch noch Aus­flü­ge in zwei Städ­te der Regi­on gege­ben, doch ich habe mich mehr für die west­lich­ste hol­län­di­sche Nord­see­insel interessiert.

Da wir heu­te den gan­zen Tag unter­wegs sein wer­den, ist im Aus­flug ein Lunch­pa­ket inklu­diert, das ich mir an der Rezep­ti­on abho­len konn­te. Ich bin über­rascht, wie üppig die Box aus­ge­stat­tet ist. Das habe ich auf ande­ren Rei­sen auch schon anders erlebt.

Vor dem Schiff trifft sich die klei­ne Grup­pe, die die­sen Aus­flug heu­te gebucht hat. Wir sind nur 19 Pas­sa­gie­re, doch das stört mich gar nicht, denn die­se Aus­flü­ge sind oft die schön­sten. Mit dabei sind auch zwei Mit­rei­sen­de C. und K., die ich an Bord ken­nen­ge­lernt habe. Zunächst geht die Fahrt zum Fähr­ha­fen, von wo uns die Fäh­re nach Texel brin­gen wird.

Eigent­lich sol­len wir wäh­rend der gut zwan­zig­mi­nü­ti­gen Fahrt im Bus unter Deck blei­ben, denn man hat wohl die Erfah­rung gemacht, dass die Gäste oft nicht recht­zei­tig zur Abfahrt zurück sind, doch nach laut­star­kem Pro­test unse­rer­seits, dür­fen wir auch aussteigen.

Am Ende ent­schei­den sich zwar nur eine hand­voll Pas­sa­gie­re dazu an Deck zu gehen, doch C., K. und ich gehen noch oben, um die Aus­sicht zu genie­ßen und uns den Wind um die Nase wehen zu las­sen, auch wenn es nur für zehn Minu­ten ist.

Die Fahrt star­tet pünkt­lich und wir kön­nen vom Heck gera­de noch so das Able­gen beobachten.

Anschlie­ßend dre­hen wir eine kur­ze Run­de über das Schiff, auf dem es sogar einen Shop und ein Restau­rant gibt. Das erin­nert mich eher an die Fäh­ren nach Däne­mark, doch die sind viel län­ger unterwegs.

Weni­ge Minu­ten spä­ter rückt bereits Texel in unser Blick­feld. Scha­de, dass sich der Hoch­ne­bel heu­te so hart­näckig hält. Aber was soll man machen? Die Son­ne her­vor­zau­bern kann ich lei­der noch nicht.

Das Anle­gen kön­nen wir dann nicht mehr beob­ach­ten, denn da müs­sen wir längst zurück im Bus sein. Und dann geht die Fahrt ach schon wei­ter auf die west­lich­ste bewohn­te und größ­te der west­frie­si­schen Inseln.

Die ersten Kilo­me­ter legen wir noch auf einer nor­ma­len zwei­spu­ri­gen Land­stra­ße zurück. Doch dann bie­gen wir rechts ab und befin­den uns plötz­lich auf Stra­ßen, die gera­de mal so breit sind wie unser Bus. Zum Glück kommt hier nicht viel Gegen­ver­kehr, doch wenn ein Auto kommt, ist es jedes Mal ganz schön knapp.

Bald ent­decken wir auf bei­den Sei­ten des Bus­ses die ersten Schaf­her­den, denn Scha­fe, und auch Rin­de, gibt es auf Texel jede Men­ge. Zur Land­wirt­schaft auf der Insel gehö­ren auch die­se klei­nen Scheu­nen, die ganz typisch für Texel sind. Im Hol­län­di­schen wer­den die „Scha­pen­bo­et” (Schaf­scheu­ne) genannt, doch mit Scha­fen haben die Häus­chen eigent­lich nur am Ran­de zu tun. Viel mehr wur­de in den Scheu­nen das Tier­fut­ter gela­gert. Doch mit der Flur­be­rei­ni­gung wur­de vie­le über­flüs­sig und ver­fie­len. Da die­se Scheu­nen aber so ein­zig­ar­tig sind, ver­sucht man inzwi­schen sie zu erhal­ten. Noch rund sieb­zig Exem­pla­re gibt es heu­te auf der Insel.

Die Schaf­scheu­en habe ihre beson­de­re Form übri­gens nicht ein­fach so erhal­ten. Ihre asym­me­tri­sche Form ist wegen der Wind­ver­hält­nis­se auf der Insel ent­stan­den, wobei die Türen immer nach Osten, also zur wind­ab­ge­wand­ten Sei­te, aus­ge­rich­tet sind.

Auf der wei­te­ren Fahrt sind auch eini­ge alte Ver­tei­di­gungs­an­la­gen zu sehen, denn die Insel war in den ver­gan­ge­nen Jahr­hun­der­ten des Öfte­ren umkämpft. So kam es vor allem zu See­schlach­ten auf den Gewäs­sern vor der Insel.

Unser erster Stopp ist in Oude­schild, einem klei­nen Ort am Wat­ten­meer. Die gesam­te Insel ist zur Wat­ten­meer­sei­te übri­gens durch einen Deich geschützt, des­sen Bau schon im 16. Jahr­hun­dert begann. Man wuss­te früh von der zer­stö­re­ri­schen Gewalt des Was­sers, denn beson­ders die Aller­hei­li­gen­flut 1170, eine der wohl größ­ten bekann­ten Sturm­flu­ten an der Nord­see, rich­te­te so viel Zer­stö­rung an, dass sie Texel vom Fest­land abtrenn­te und ande­re Gemein­den ganz verschlang.

Aber zurück nach Oude­schild, das seit 1780 einen eige­nen klei­nen Hafen besitzt, der durch einen Deich­durch­bruch ent­stan­den ist. Zuvor gab es ledig­lich die Tex­ler Ree­de, bei der die ankern­den Schif­fe auf dem Meer ver­sorgt wur­den. Heu­te wird der Hafen zur Fische­rei und von Frei­zeit­ka­pi­tä­nen genutzt.

Wir haben im Ort etwas Frei­zeit, sodass Zeit für einen klei­nen Spa­zier­gang über den Deich bleibt. Hier sticht vor allem die schö­ne Wind­müh­le ins Auge, die auf­wen­dig restau­riert wur­de. Scha­de, dass heu­te geschlos­sen ist, sonst hät­te ich sie ger­ne auch von innen angeschaut.

Anson­sten geht es in Oude­schild an die­sem Mor­gen eher fried­lich zu. Für Tou­ri­sten­mas­sen ist es wohl noch zu früh, aber auch von den rund 1.200 Bewoh­nern bekom­men wir kaum jeman­den zu Gesicht.

Nur ein paar Scha­fe und Rin­der, die auf dem Deich gra­sen, begrü­ßen uns auf der Insel.

So sind wir dann auch recht schnell wie­der zurück am Hafen, wo uns noch die Sou­ve­nir­shops locken, um ein klei­nes Andenken an den Insel­be­such zu erstehen.

Und wei­ter geht die Fahrt auf einer noch enge­ren Stra­ße gleich hin­ter dem Deich, der die Insel vor den tücki­schen Sturm­flu­ten schützt.

Für einen kur­zen Foto­stopp hal­ten wir sogar auf dem Sei­ten­strei­fen, was mit dem Bus gar kein so leich­tes Unter­fan­gen ist, doch unser tol­ler Bus­fah­rer mei­stert das sou­ve­rän. Apro­pos Bus­fah­rer, er und auch unse­re Rei­se­lei­tung sind auf die­sem Aus­flug wirk­lich Spit­ze, sodass der Tag gleich dop­pelt schön ist.

Die Fahrt wird auch nicht ein­fa­cher, als wir wei­ter nach Nor­den kom­men, denn inzwi­schen ver­läuft die Stra­ße auf dem Deich und am Rand par­ken auch noch Autos. Zum Glück ist der Weg hier eine Ein­bahn­stra­ße, denn Aus­wei­chen wäre so nicht mehr möglich.

Kur­ze Zeit spä­ter ist dann schon unser näch­stes Ziel zu sehen, der Leucht­turm von Texel, der sich am nörd­lich­sten Punkt der Insel befindet.

Hier am Leucht­turm ist doch tat­säch­lich ganz schön Betrieb. Jede Men­ge Autos schie­ben sich über den san­di­gen Park­platz, auf dem nun auch unser Bus ein Plätz­chen fin­det. Wir haben jetzt Frei­zeit oder kön­nen uns auch der Rei­se­lei­tung anschlie­ßen, die einen klei­nen Rund­gang anbie­tet. Eine Bestei­gung des Turms ist aber nicht vor­ge­se­hen. Da C. und ich aber gro­ße Leucht­turm­fans sind, wol­len wir auch nach oben und nabeln uns des­halb von der Grup­pe ab. Wäre doch gelacht, wenn wir das nicht in der vor­ge­ge­be­nen Zeit schaffen!

Der Leucht­turm von Texel ist auch unter dem Namen Eier­land bekannt. Eier­land war bis zum Beginn des 19. Jahr­hun­derts eine eigen­stän­di­ge klei­ne Insel, die inzwi­schen durch Land­auf­schüt­tung zu Texel gehört. Das nörd­li­che Gebiet von Texel wird aber noch heu­te Eier­land genannt. Der Name rührt übri­gens wahr­schein­lich daher, dass auf der Insel einst in gro­ßer Zahl Möwen­ei­er für die Lebens­mit­tel­in­du­strie in Amster­dam gesam­melt wurden.

Durch die Land­ge­win­nung und die dadurch resul­tie­ren­de Ver­grö­ße­rung der Insel wur­den auch neue Zei­chen für die Schif­fe benö­tigt. Des­halb wur­de beschlos­sen, hier auf Eier­land einen Leucht­turm zu errich­ten. Am 25. Juli 1863 konn­te schließ­lich der Grund­stein auf einer zwan­zig Meter hohen Düne gelegt wer­den und am 1. Novem­ber 1864 wur­de der Leucht­turm fei­er­lich ein­ge­weiht. Öffent­lich zugäng­lich ist der knapp 35 Meter hohe Turm erst seit 2009, wobei man nicht bis zum Leucht­feu­er kommt, da der Turm auch heu­te noch in Betrieb ist.

Immer­hin 153 Stu­fen heißt es aber nach oben zu klet­tern, um die Aus­sicht genie­ßen zu kön­nen. Auf dem Weg nach oben befin­den sich aller­dings meh­re­re Absät­ze, auf denen man nicht nur ver­schnau­fen kann, son­dern auch mehr über den Turm und sei­nen Funk­tio­nen erfah­ren kann.

Die Aus­sicht aus luf­ti­ger Höhe ist die Anstren­gung dann auch wirk­lich wert, denn wir kön­nen weit über den Strand und das Meer blicken.

Nach­dem wir die 153 Stu­fen auch wie­der nach untern geklet­tert sind, tref­fen wir den Rest der Grup­pe wie­der und machen uns nach einem letz­ten Blick auf den Leucht­turm wie­der auf den Weg, um das näch­ste Ziel auf der Insel anzusteuern.

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