Ahoi Nordsee – auf Kreuzfahrt mit der MS Hamburg

Tag 6: Diens­tag, 11. Juli 2023
Zit­ter­par­tie – Sylt – Teil 1

„Ich füh­le mich in Kam­pen auf Sylt ein biss­chen wie ein Affe im Zoo, aber mit lie­ben Besu­chern.“ – Gun­ter Sachs

Der Tag beginnt mit einem Früh­stück im Palm­gar­ten, so wie jeden Tag auf die­ser Rei­se. Mor­gens gehe ich ger­ne zum Buf­fet und hier auf der Ham­burg gibts auch noch eine tol­le Aus­sicht dazu.

Anschlie­ßend geht es raus an Deck, denn am Hori­zont ist schon Sylt zu sehen, unser näch­stes Ziel. Die Insel woll­te ich schon immer mal besu­chen und nun ist die Zeit gekom­men. Scha­de nur, dass das Wet­ter heu­te so gar nicht mit­spielt. Es ist grau in grau und es pfeift ein recht kal­ter Wind. Dass das noch mehr Pro­ble­me machen soll­te als gedacht, ahne ich aber momen­tan noch nicht.

Erst ein­mal kom­men wir der Insel nörd­lich von Wester­land näher und dre­hen dann noch Nor­den ab. Geplant ist, vor List an der Nord­spit­ze der Insel zu ankern.

Zusam­men mit C. und K. trot­ze ich am Bug dem Wind und bin froh, mei­ne All­wet­ter­jacke dabei­zu­ha­ben. Was für ein Kon­trast das ist zu den letz­ten Tagen. Immer­hin kann ich den soge­nann­ten Ell­bo­gen von Sylt gut aus­ma­chen und eben­so die Leucht­tür­me List-​West und List-​Ost aus­ma­chen. Auch der nörd­lich­ste Punkt von Deutsch­land ist gut zu erkennen.

Auf dem Weg in die Bucht vor Sylt begeg­net uns noch die Fäh­re, die Sylt mit der Insel Röm ver­bin­det, die schon zu Däne­mark gehört. Die Fäh­re ist übri­gens neben dem Zug über den Hin­den­burg­damm die ein­zi­ge Mög­lich­keit, Autos mit nach Sylt zu nehmen.

Kur­ze Zeit spä­ter kann ich schon List erken­nen. Heu­te bekom­me ich auch gleich Erklä­run­gen an Bord, denn C. kennt Sylt schon lan­ge und war unzäh­li­ge Male auf der Insel, sodass sie fast schon ein biss­chen als Ein­hei­mi­sche durchgeht.

Auf der Ham­burg wird aber erst ein­mal alles zum Anker wer­fen vor­be­rei­tet, denn einen Anle­ger für Kreuz­fahrt­schif­fe gibt es auf Sylt nicht. Als wir in Posi­ti­on sind, merkt man erst rich­tig, wie stark der Wind auch hier in der Bucht noch ist. Das lässt nichts Gutes ahnen, denn bei zu viel Wind kön­nen wir nicht ten­dern. Eine Durch­sa­ge von der Brücke bestä­tigt die Befürch­tung, man will es aber ver­su­chen. Aller­dings soll der Auf­ent­halt kür­zer aus­fal­len als geplant, da der Wind am Nach­mit­tag zuneh­men soll. Wir sind gespannt und har­ren der Din­ge, die da kommen.

Nach dem Ankern kön­nen wir beob­ach­ten, wie der erste Ten­der zu Was­ser gelas­sen wird. Die MS Ham­burg nutzt zum Ten­dern zwei ihrer Ret­tungs­boo­te, die über eine Trep­pe an Steu­er­bord betre­ten wer­den. Und das ist dann auch der neur­al­gi­sche Punkt, denn hier muss der Ten­der lan­ge genug ruhig lie­gen kön­nen, damit das Ein­stei­gen mög­lich ist.

Zum Glück gelingt das der Crew auch, zumin­dest so weit, dass Land­gän­ge mög­lich sein sol­len. Aller­dings nicht für mobi­li­täts­ein­ge­schränk­te Per­so­nen, denn so ganz ruhig liegt das Boot nicht an.

Geten­dert wird nach einem System. Dazu wer­den bestimm­te Decks auf­ge­ru­fen, damit nicht zu vie­le Pas­sa­gie­re auf ein­mal zum Aus­gang drän­gen. Als ich dran bin, sehe ich schon, war­um man recht fit sein soll­te heu­te, das Boot schwankt hef­tig und man muss schon einen klei­nen Satz von der Trep­pe auf den Ten­der machen. Ab und zu gibt es sogar eine klei­ne Ladung Nord­see­was­ser gratis.

An Bord ist es dann nicht viel bes­ser. Das Boot schwankt hef­tig und die ersten Pas­sa­gie­re lau­fen grün an. Die Über­fahrt zum Hafen ist ein klei­nes Aben­teu­er, denn wir kra­chen immer wie­der in die Wel­len der auf­ge­peitsch­ten Nord­see und es fühlt sich fast wie eine Wild­was­ser­fahrt an.

Auf den Bil­dern ist das gar nicht so gut zu erken­nen, aber die Wel­len und der Wind waren wirk­lich tückisch und die größ­te Befürch­tung der Besat­zung war, nicht mehr alle Pas­sa­gie­re zurück an Bord zu bekom­men, falls sich das Wet­ter noch ver­schlech­tern sollte.

Der Anle­ger im klei­nen Hafen­becken ist dann aber gut abge­schirmt, sodass das Aus­stei­gen weit weni­ger pro­ble­ma­tisch ist. Die klei­ne Trep­pe schwankt aber trotz­dem ganz schön. Zumin­dest Fest­hal­ten ist hier obligatorisch.

Am Pier wird noch ein­mal dar­auf hin­ge­wie­sen, dass wir bit­te unbe­dingt bis 13:30 Uhr zurück sind, da dann der letz­te Ten­der den Hafen ver­las­sen wird. Viel Zeit bleibt da nicht, denn inzwi­schen ist es schon kurz vor elf.

Da ich ein Ziel habe, hal­te ich mich zunächst gar nicht lan­ge in List auf. Ein Foto mache noch von der Instal­la­ti­on „All­tags­men­schen” aus dem Ate­lier Lech­ner, dann geht es für mich zur Bushaltestelle.

Einen Aus­flug habe ich heu­te nicht gebucht, da ich über ein 49-​Euro-​Ticket ver­fü­ge, das natür­lich auch hier auf Sylt gilt. Mein Ziel ist der Leucht­turm „Lan­ger Chri­sti­an”, den ich ger­ne besu­chen möch­te. Eigent­lich hat­te ich ja geplant, mit dem Bus ein­mal quer über die Insel zu fah­ren, doch die­sen Plan muss­te ich auf­grund der ver­kürz­ten Lie­ge­zeit strei­chen. Der Leucht­turm soll der Plan­än­de­rung aber nicht zum Opfer fal­len und so geht es mit dem Bus nach Kampen.

Von der Hal­te­stel­le süd­lich des Ortes muss ich noch ein gan­zes Stück lau­fen, zunächst durch eine Wohn­sied­lung, dann über einen Feld­weg, um den Leucht­turm zu erreichen.

Unter­wegs wer­de ich neu­gie­rig beäugt, denn wahr­schein­lich bin ich die ein­zi­ge Ver­rück­te, die hier mit dem Bus her­kommt. Alle ande­ren Leu­te sind ent­we­der mit dem Auto da, das in der Nähe geparkt ist, oder mit dem Fahrrad.

Der Leucht­turm von Kam­pen, der den Spitz­na­men „Lan­ger Chri­sti­an” trägt, ist eines der bekann­te­sten Leucht­feu­er auf der Nord­see­insel. Sei­ne mar­kan­te wei­ße Far­be mit dem schwar­zen Strei­fen macht ihn weit­hin sicht­bar. Doch sah der Turm nicht immer so aus, denn die Farb­ge­bung gibt es erst seit 1953. Zuvor war der Leucht­turm nicht ver­putzt und es waren nur die gelb-​grauen Klin­ker zu sehen. Da das Leucht­feu­er auch heu­te noch in Betrieb ist, kann der Turm lei­der nur von außen besich­tigt werden.

Beim genaue­ren Hin­se­hen fällt dann noch die­ses Wap­pen an dem 62 Meter hohen Turm auf. Dar­auf zu sehen nicht nur das Erbau­ungs­jahr 1855, son­dern auch eine Krö­ne sowie die Initia­len R und F mit einer römi­schen sie­ben. Das weißt auf den däni­schen König Fre­de­rick VII. hin, unter des­sen Herr­schaft der Leucht­turm einst erbaut wur­de, denn sei­ner­zeit weh­te auf Sylt die däni­sche Flagge.

Wäh­rend ich mich umschaue, beginnt es zu tröp­feln, sodass ich mich dann doch auf den Rück­weg mache. Unter­wegs foto­gra­fie­re ich noch eini­ge schö­ne Häu­ser, die mir auf dem Weg zum Bus begegnen.

Zurück an der Hal­te­stel­le bin ich froh, dass es ein War­te­häus­chen gibt, denn es beginn plötz­lich etwas stär­ker zu reg­nen. Lan­ge muss ich aber nicht war­ten, bis mich der Bus wie­der ein­sam­melt und zurück nach List bringt. Den geplan­ten Stopp in Kam­pen las­se ich auf­grund des Regens ausfallen.

Auf der Fahrt mache ich noch ein schnel­les Foto vom Leucht­turm Quer­mar­ken­feu­er Rotes Kliff, der hier zwi­schen 1912 und 1913 errich­tet wur­de, um vor einer Sand­bank zu war­nen. Aus dem Bus ist das Foto zwar nicht so gelun­gen, aber das ist eben der Nach­teil, wenn man mit öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­teln unter­wegs ist, man kann nicht ein­fach irgend­wo anhalten.

Die Bus­fahrt nach List zieht sich dann auch ganz schön und es ist schon kurz vor eins, als ich wie­der den nörd­lich­sten Ort der Insel errei­che. Zumin­dest der Regen hat sich inzwi­schen ver­zo­gen, sodass ich eine Sta­ti­on eher aus­stei­ge, um noch ein biss­chen was vom Ort zu sehen.

Zunächst fol­ge ich der Lister Pro­me­na­de und stel­le fest, dass der Wind ganz schön nach­ge­las­sen hat. Soll­te es nicht eigent­lich schlim­mer wer­den? Statt­des­sen sind sogar ein paar Fet­zen blau zu sehen und ab und zu ein Sonnenstrahl.

Ich muss aber trotz Wet­ter­bes­se­rung zum Hafen zurück, denn ich nach kur­zem Spa­zier­gang auch errei­che. Hier dre­he ich noch eine Run­de durch die Geschäf­te, kau­fe aber nichts, denn die Prei­se sind ganz schön gesal­zen. Ich bin ja sowie­so gleich auf dem Schiff zurück und da war­tet dann das Mit­tag­essen auf mich.

Am Anle­ger muss ich noch kurz war­ten, denn der Ten­der ist gera­de am Schiff. So bleibt noch Zeit für ein Bild der MS Ham­burg vor List auf Reede.

Schließ­lich ist aber auch für mich die Zeit gekom­men, sich von Sylt zu ver­ab­schie­den. Am Anle­ger wird noch mei­ne Bord­kar­te über­prüft und dann darf ich auch schon in den Ten­der einsteigen.


Die Ret­tungs­boo­te sind nicht son­der­lich bequem, aber für die kur­ze Über­fahrt rei­chen die ein­fa­chen Bän­ke aus. Län­ger wür­de ich aber nur ungern auf sol­che einem Boot aus­har­ren müs­se und hof­fe, auch nie in die­se Lage zu kom­men. Für den Not­fall gibt es aber Ver­sor­gungs­pa­ke­te mit Was­ser und Not­ra­tio­nen unter den Bän­ken, wie ich bei einer Inspek­ti­on fest­stel­len kann. Die­ser Ten­der ist schließ­lich in erster Linie ein Ret­tungs­boot und da muss man auch auf Not­fäl­le ein­ge­stellt sein.

Die Über­fahrt zum Schiff bestä­tigt dann auch mei­ne Beob­ach­tung von der Pro­me­na­de, das Wet­ter hat sich nicht ver­schlech­tert, im Gegen­teil. Der Wind hat sich etwas gelegt und die See ist nun viel ruhi­ger. Trotz­dem müs­sen wir zurück an Bord. Das Aus­stei­gen vom Ten­der ist jetzt aber pro­blem­los möglich.

Zurück auf dem Schiff gehe ich in den Palm­gar­ten zum Lunch und dort gibt es dann die Über­ra­schung des Tages, doch davon erzäh­le ich im zwei­ten Teil des Tagesberichts.

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