6. Tag: 11. Februar
Over the Rainbow – Honolulu
Die erste Nacht in der Unterkunft ist rum und meine Befürchtung bestätigt sich, das Bett ist nicht sonderlich bequem. Und auch die morgendlichen Geräusche von nebenan stören mich etwas. Ich bin deshalb auch extra leise, denn genauso wie ich alles von drüben höre, würde die Leute im Haus mich ja sonst auch hören.
Ich breche aber schon früh auf, denn heute ist der Tag da, auf den ich mich schon lange gefreut habe. Heute besuche ich Shangri-La, das Haus von Doris Duke. Das erste Mal bin ich mit der exzentrischen Zigarettenimperiumserbin in Newport in Berührung gekommen, als ich ihr Anwesen, Rough Point, besuchte. Seitdem will ich hierher, doch das Haus ist nur auf einer Tour zu besuchen und diese ist oft lange im Voraus ausgebucht. Diesmal aber hat es geklappt und ich konnte einige Wochen vor der Reise ein Ticket online erstehen.
Da das Haus vom Museum oft Art verwaltet wird, beginnt die Tour auch dort. Erst einmal heißt es allerdings einen Parkplatz zu finden, denn der Museumsparkplatz ist bereits um 8:30 Uhr brechend voll. Doch ich habe Glück und kann hier für $5 ganze fünf Stunden parken.
Im Museum werden alle Gäste schließlich in zwei Gruppen aufgeteilt und dann in einen Bus verfrachtet. Das Haus liegt nämlich in einem teuren Wohngebiet und dort will man nicht, dass jeder Tourist mit dem eigenen Auto vorfährt. So also geht es mit dem Bus über den H1 von Downtown bis nach Kahala.
Durch eine unscheinbare Toreinfahrt, die mit vielen tropischen Pflanzen überwuchert ist, fahren wir auf einen Innenhof. Sonderlich spektakulär sieht es hier nicht aus. Nur die zwei Kamele lassen überhaupt erahnen, dass es hier mehr als ein schlichtes weißes Gebäude gibt.
Meine Gruppe mit den gelben Stickern wird von Lisa geführt. Und sie geht mit uns zuerst an der Haustür vorbei, zu einer noch viel unscheinbareren Tür in einer Seitenwand des Hofgebäudes. Doch als sie die Tür öffnet, ist es fast so, als sei man ins Paradies eingetreten. Hier befindet sich ein Garten, der zum Flanieren einlädt.
Das ist jedoch leider nicht gestattet. Nur ein erster kurzer Blick auf das islamisch angehauchte Haupthaus bietet sich mir schon. Doris Duke hat mit Leidenschaft islamische Kunst gesammelt und dieses Haus extra für ihre Sammlung bauen und einrichten lassen.
Danach geht es weiter ins Haupthaus. Hier ist das Fotografieren leider streng verboten. Dabei hätte ich hier hunderte toller Motive gefunden. Es ist ein wahrer Traum, den sich Doris Duke hier geschaffen hat. Innenhöfe umschmeicheln geschmackvoll eingerichtete Zimmer, die durch riesige Fenster lichtdurchflutet sind. Und überall gibt es unbezahlbare Kunstschätze, teils sogar eingebaut.
Erst auf der Terrasse darf ich die Kamera wieder herausholen. Von hier habe ich einen traumhaften Blick auf den Pazifik. Und heute ist das Wetter auch noch wirklich grandios. Es passt einfach alles. Ich könnte hier noch Stunden ausharren, doch leider geht die Tour schon weiter.
Heute ist Kahala übrigens dicht besiedelt, doch als Doris Duke hier baute, gab es in der Gegend noch kaum Häuser. So konnte sie sich ein Filetgrundstück sichern, das heute eine unbezahlbare Lage hat. Selbst die Multimillionäre nebenan haben keinen so traumhaften Ausblick.
Mehr zur einst reichsten Frau der Welt gibt es hier.
Unser letzter Stopp ist der terrassenförmig angelegte Swimmingpool mit Blick auf den Ozean und Diamond Head.
Ich bin total glücklich, als ich wieder zurück am Museum bin. Die Tour war einfach traumhaft schön. Da hat sich jeder einzelne der $26 wirklich gelohnt.
Da ich nach drei Stunden zurück bin, aber für fünf Stunden Parken bezahlt habe, beschließe ich, noch ein wenig in Downtown herumzulaufen. Ich schlage den Weg zum Iolani Palace ein. Vor vielen Jahren war ich hier schon einmal drinnen.
Der Iolani Palace ist der einzige Königspalast in den USA. Im Jahr 1882 gebaut, war der Palast der letzte Sitz der hawaiianischen Könige.
In der ehemaligen königlichen Kaserne gibt es heute die Tickets, einen Shop und auch ein paar Ausstellungsstücke, wie dieser Schellenbaum, der aus Deutschland nach Hawaii kam.
Dann heißt es warten auf die Einlasszeit, denn auch wenn man die Self-guided Tour bucht, kann man nicht einfach hineinspazieren. Der Einlass wird immer einer Gruppe zu einer bestimmten Zeit gewährt. So soll verhindert werden, dass es zu voll wird.
Im Gegensatz zu früher gibt es heute neben der geführten Tour einen ausgezeichneten Audioguide und man darf Fotos machen. Im Jahr 2004 war das noch nicht gestattet.
Mein erstes Motiv im Palast ist dann die wundervolle Eingangshalle, die von einer geschwungenen Treppe aus Koaholz dominiert wird.
Zuerst wandle ich durch das Erdgeschoss. Das System mit dem zeitversetzten Einlass scheint zu funktionieren, denn es nie wirklich voll und ich kann auch ziemlich gut fotografieren. So auch hier im goldenen Salon.
Hauptanziehungspunkt für die meisten Besucher ist aber wohl der Thronsaal. Hier fanden offizielle Empfänge und Bälle statt und hier finden sich auch die Kronjuwelen, wie es sich eben für einen Königspalast gehört. Auch der blaue Salon wurde für Empfänge genutzt. Und dort hängt sie dann auch mal wieder, Queen Victoria, deren Hof die hawaiianischen Könige einst besuchten. Sie ist wohl das Antlitz, das mir am häufigsten bei meinen Reisen rund um die Erde begegnet ist.
Im State Dining Room wurden die Staatsbankette abgehalten. Geschmückt ist er mit Porträts europäischer Herrscher, die diese als Geschenke nach Hawaii schickten. Unter ihnen auch Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Ich finde es immer wieder faszinierend, irgendwo am anderen Ende der Welt auf solche Bilder zu stoßen. Wie aufwendig muss es gewesen sein, das hierher zu transportieren.
Das Obergeschoss war dann der königlichen Familie vorbehalten. Hier befanden sich die Privatgemächer.
Im Arbeitszimmer des Königs entdecke ich zwei Fotos mit mir bekannten Gesichtern an der Wand. Ansonsten eher Bilder von Queen Victoria gewohnt, erstaunt es mich doch sehr, hier das österreichische Kaiserpaar an der Wand zu sehen. Aber die Hawaiianer waren halt auf großer Europatour und nicht nur in England.
Einer der emotionalsten Räume ist wohl der Raum, in dem Queen Lili’uokalani nach dem Staatsstreich 1895 für mehre Monate inhaftiert war. Hier liegt auch ein Quilt, den sie in dieser Zeit anfertigte.
Im Kellergeschoss befindet sich die Schatzkammer der hawaiianischen Könige.
Aber auch von der Arbeit hinter den Kulissen erfährt – von früher und heute. So gibt es eine kleine Ausstellung zum Leben der Bediensteten und zur Restaurierung des Palastes, der bis 1969 als State Capitol diente. Wer die alten Folgen von Hawaii 5–0 aufmerksam schaut, wird Iolani Palace dort sehr oft entdecken.
Hinter dem Palast, auf dem Übergang zum Capitol, steht die berühmte Statue von Queen Lili’uokalani, der letzten Monarchin Hawaiis.
Dann stehe ich auch schon vor dem neuen State Capitol, aus dem seit 1969 der Staat Hawaii regiert wird. Es ist ein modernes Bauwerk, das mir nur bedingt gefällt. Die Säulen z.B. sollen Palmen darstellen. Wem es gefällt. Davor findet sich auch die obligatorische Kopie der Liberty Bell, die inzwischen vor jedem Kapitol zu finden ist.
Rein kommt in dieses Gebäude allerdings nicht. Es ist wohl das einzige Kapitol der USA, in das ich noch nie einen Fuß gesetzt habe. Nur durch Fenster kann man das Repräsentantenhaus und den Senat sehen.
Nun laufe ich aber schnellen Schrittes zurück zum Auto. Es ist inzwischen auch ganz schön warm geworden und das laue Lüftchen vom Meer spürt man in Downtown kaum. Ich muss mich schon ab und zu kneifen, um zu glauben, dass ich nicht träume. Es ist Mitte Februar und ich schlendere gerade über eine tropische Insel.
Zu meinem Ticket für Shangri-La gehört auch der ganztägige Eintritt in das Museum of Art. Und das hat zwar seine Hauptausstellungsräume in Downtown Honolulu, doch eine kleine Dependance liegt hoch über der Stadt in den Bergen, das Spalding House. Noch nie zuvor habe ich davon gehört und so beschließe ich spontan dort hinzufahren.
In Maikiki Heights gelegen, wurde das Haus 1925 von Anna Rice Cooke erbaut. Heute wird es als Ausstellungsfläche für Kunst genutzt.
Mich spricht allerdings mehr der Garten an, von dem man sogar einen Blick auf Diamond Head hat.
Da es erst früher Nachmittag ist und ich plötzlich Lust auf ein Eis habe, fahre ich nun kurzerhand zur Dole Plantation. Die Plantage selber interessiert mich gar nicht mehr, ist sie auch inzwischen ziemlich überlaufen und zu einem Rummel verkommen. Doch das Ananaseis ist einfach göttlich. Nur dafür lohnt sich der Stopp.
Wo ich nun schon mal hier bin, beschließe ich spontan einfach weiter nach Norden zu fahren und lande schließlich in Hale’iwa.
Der kleine Ort ist das Mekka der Surfer an der North Shore, wo es im Winter oft riesige Wellen gibt.
Ganz so monströs sind die zwar heute nicht, aber stärker als im Sommer ist die Brandung allemal. Ansonsten kenne ich das Wasser hier eher seicht plätschernd, heute trifft es tosend auf das Ufer.
Auf der Rückfahrt nach Honolulu fährt dann plötzlich dieser VW Golf vor mir. Ob das wohl ein deutscher Auswanderer war?
Zum Abendessen gehe ich heute in die Old Spaghetti Factory. Die kenne ich vom Mainland. Besonders in Kalifornien und Arizona habe ich schon einige Filialen besucht.
Als es dunkel wird, fahre ich schließlich noch einmal ein Stück in die Berge hinauf, um den tollen Blick auf Honolulu zu genießen.
Nur so ganz genießen kann ich ihn dieses Mal leider nicht, denn Tourveranstalter karren hier auch Unmengen an Asiaten hoch. Und die sind ziemlich rücksichtslos in ihrem Kampf um das beste Bild. Da wird mit Selfiestangen um sich geschlagen und Blitzlichtgewitter geblendet. So macht das nicht wirklich Spaß und ich fahre bald zurück in die Stadt.
Meilen: 116
Wetter: heiter, 21–29 Grad
Hotel: AirBnB, €256 für 3 Nächte