Tag 7: Sonntag, 05. September 2021
Inquisition – Blaue Grotte und Three Cities
„The important thing is to never stop questioning. Curiosity has its own reason for existing.” – Albert Einstein
Ein inzwischen schon vertrautes Ritual am Morgen, Vorhänge zurückziehen und einen Blick auf das Meer werfen. Das ist heute ganz ruhig und am Himmel zeigt sich dazu keine Wolke. Es verspricht wieder ein schöner Tag zu werden.
Wir haben uns heute wieder einiges vorgenommen und das startet nach dem Frühstück mit einer Fahrt quer über die Insel. Unser Ziel, die Blaue Grotte. Erst einmal stoßen wir aber auf jede Menge Autos, anscheinend sind wir nicht die einzigen, die heute hierher wollen. Mit etwas Glück finden wir aber doch noch einen Parkplatz und laufen los, vorbei an diesem italienischen Restaurant.
Der Plan ist, eine Bootstour zur Grotte zu machen. Die soll besonders beeindruckend sein. C. hat das auf ihrer ersten Reise nach Malta schon einmal gemacht und auch ich möchte das jetzt gerne erleben. Doch der Plan hat heute leider nichts mit der Realität zu tun. Schon ein paar Schritte weiter sehen wir die Boote abgedeckt an Land. Was ist denn hier los? Wenig später erfahren wir, dass der Wind auf dieser Seite der Insel aufgefrischt hat und die Wellen dadurch für die kleinen Boote zu stark sind. Es ist einfach zu gefährlich, an den Felsen herumzuschippern, und so wurden alle Touren abgesagt.
Da bin ich nun schon etwas geknickt, denn ich hätte die Tour gerne gemacht. Zumal der Wellengang von der Terrasse gar nicht so schlimm aussieht und im Hafenbecken sogar Leute baden. Aber die erfahrenen Bootsführer werden schon wissen, wann sie sich aufs Meer trauen können.
So bleibt uns nur der Blick aufs Meer hinaus, wo sich rund fünf Kilometer vor der Küste die kleine Insel Filfla erhebt. Der unbewohnte Felsen besteht aus einem etwa sechzig Meter hohen Plateau, das bis 1971 der britischen Royal Navy und Royal Air Force als Übungsgebiet diente, da die Insel aus der Luft einem Flugzeugträger gleicht. In späteren Jahren setzten sich allerdings immer mehr Bürger für den Schutz des kleinen Eilands ein und so wurde es 1980 zu einem Vogelreservat erklärt. Der Zutritt zur Insel ist heute nur zu Forschungszwecken und mit Genehmigung gestattet.
Einen letzten Blick werfen wir noch die Küste hinunter. Irgendwo dort soll sich die Grotte befinden. Aber es gibt wohl auch einen Aussichtspunkt von Land. Den werden wir natürlich auch noch anfahren.
Auf dem Rückweg zum Auto kommen wir noch am Xutu Tower (britisch auch Sciuta Tower genannt) vorbei. Der alte Wachturm wurde bereits 1638 als einer von fünf Türmen in dieser Gegend fertiggestellt. Sogar bis 2002 wurde er noch genutzt, zuletzt als Polizeistation, bevor er unter Denkmalschutz gestellt wurde. Eine anschließende Sanierung und ein Ausbau zur Touristenattraktion folgten. Und so kann man den Turm seit 2019 erklimmen.
Das will ich auch machen und zahle die zwei Euro Eintritt. Dann geht es zunächst über diese eigenwillige Treppe und später über ausgetretene Stufen des originalen Bauwerks.
Die neue Treppe war nötig, denn früher befand sich der Zugang viel höher, damit Feinde keinen leichten Zugang hatten. Von außen kam man nur mit einer Leiter hinein. Die alte Tür ist noch heute ein Stockwerk höher zu sehen, genauso wie der Ausguck aufs Meer, von wo sich die Feinde nähern konnten.
Auf dem Dach habe ich einen schönen Rundumblick auf das Meer und die Insel. Dazu steht hier noch eine alte Kanone. Mit solchen Modellen waren die Türme zur Verteidigung der Insel bestückt.
Für uns geht es nun mit dem Auto ein paar Kilometer weiter, dorthin, wo sich der Aussichtspunkt auf die Blaue Grotte befinden soll. Auf einem recht neu angelegten Parkplatz stellen wir das Auto ab und folgen einem Weg zur Küste.
Auf dem Weg fliegt auf einmal ein Ibis an uns vorbei. Im ersten Moment bin ich etwas irritiert, denn der Ibis ist auf Malta eigentlich nicht anzutreffen. Kurze Zeit später entdecke ich jedoch einen Herrn, dem der Ibis aufs Wort gehorcht und die Touristen machen Fotos von dem Vogel.
Auch wir treten näher. Und tatsächlich scheint der Ibis geradezu für die Fotos zu posieren und frisst mir am Ende tatsächlich aus der Hand.
Ein Stück weiter gibt es dann den versprochenen Blick auf die Blaue Grotte. Zwar können wir von hier oben nur den monumentalen Eingangsbogen der Höhle sehen, doch immerhin ist das schon ein imposantes Bild. Vierzig Meter hoch sind die Steinbögen der rund neunzig Meter langen Höhle, in die die Boote bei ruhiger See hineinfahren. Ihren Namen aber hat die Grotte von dem in der Sonne blau schimmernden Wasser bekommen. Durch die etwas raue See ist das heute leider auch nicht so gut zu erkennen.
Gegenüber entdecken wir schließlich noch einen Felsen, der wie ein Gesicht im Profil geformt zu sein scheint.
Für uns geht es nun wieder zurück zum Auto. Da der Ausflug hier etwas kürzer ausgefallen ist als geplant, wollen wir noch in die sogenannten „Three Cities” fahren, drei Städte am Grand Harbor direkt gegenüber von Valletta. Also wieder quer über die Insel gefahren und nach einer guten halben Stunde sind wir schon in Senglea. Direkt gegenüber der Basilika finden wir einen Parkplatz und können so gleich ein Foto von der 1580 erbauten Kirche machen.
Auch in Senglea sind die Straßen bunt geschmückt, denn jedes Jahr am 8. September feiert man auf Malta den „Tag des Sieges”. Der gesetzliche Feiertag erinnert an das Ende der großen Belagerung der Insel im Jahr 1565.
Zur Dekoration der Straßen hier in Senglea gehören aber nicht nur die bunten Wimpel und Fahne, sondern auch lebensgroße Figuren, die rund um den Platz vor der Kirche aufgestellt wurden. Und einige sind doch eher gewöhnungsbedürftig (Man beachte die Dame mit dem Kopf in der Hand und die andere mit dem Kopf zu ihren Füßen.).
Wir fahren weiter und werfen ab und zu einen Blick in die Seitenstraßen, die hier oft aus Treppen bestehen, da die Stadt so steil zum Wasser abfällt. Mit dem Auto kann man nur entweder direkt am Wasser herumfahren oder mittig zurück. Seitlich geht es hier durch viele der Straßen nicht.
Während auf der einen Seite kleine Segelboote und Jachten durch die Häuserzeilen schimmern, entdecken wir auf der anderen Seite ein Kreuzfahrtschiff. Das hier ist aber nicht der Anleger von Valletta, hier sind vielmehr Schiffe geparkt, die während der Coronapandemie außer Dienst gestellt sind. Anscheinend liegen die Schiffe im Mittelmeer und kommen von Zeit zu Zeit in den Hafen, um Proviant aufzunehmen.
Ganz am Ende der Straße liegt der Safe Havens Gardens, eine kleine Parkanlage, die sich auf der hiesigen Bastion befindet. Angelegt wurde das Bauwerk von Großmeister Claude de la Sengle, nach dem die Stadt auch benannt ist.
Der kleine Park ist hübsch anzusehen und man kann hier auch gut eine Pause einlegen, das Highlight aber befindet sich ganz am Ende.
Auf der Ecke der Bastion steht ein kleiner Wachturm, der durch ungewöhnliche Verzierungen auffällt. So sind ein Auge, ein Ohr und ein Kranich darauf zu finden. Das Auge ist dabei ein typisches Zeichen für Malta, das sehr oft auf der Insel zu finden ist, selbst auf modernen Broschüren für Touristen.
Eine Inschrift in Latein besagt zudem, dass die Einwohner ganz beruhigt sein können, da die Wache im Turm ihre Sicherheit gegen angreifende Feinde garantiert.
Dort, wo einst die Wachen standen, können heute Touristen hinein und die sorgen zwar weniger für die Sicherheit der Insel, haben dafür aber einen fantastischen Ausblick über den Grand Harbor und Valletta am anderen Ufer.
Schaut man zur Seite, ist dort eine weitere mächtige Bastion zu sehen, das Fort St. Angelo an der Spitze von Birgu.
Und dorthin sind auch wir jetzt unterwegs, in die Nachbarstadt Birgu, die mit offiziellem Namen Vittoriosa heißt. Es ist übrigens nicht unüblich, dass Orte auf Malta zwei Namen haben, einen englischen und einen maltesischen. Aber zurück zu dem Stadttor, vor dem wir auf einem kleinen Parkplatz unseren Mietwagen abstellen. Die mächtigen Mauern rundherum gehören zur Bastion St. Johns, die zu den Verteidigungsanlagen der Insel gehört.
In der Bastion befindet sich heute das „Malta at War Museum”, das wir uns aber nicht anschauen. Wir genießen nur die Aussicht über den Hafen und hinüber nach Senglea.
In die Stadt hinein geht es aber nicht nur zu Fuß, auch eine Straße passiert das größte der Stadttore, das „Gate of Provence”. Das Tor ist das jüngste und größte der drei Stadttore und an der Seite erinnert eine Gedenkstätte an eine große Belagerung, aus der die Stadt siegreich hervorgegangen ist. Seitdem trägt sie auch den offiziellen Namen Vittoriosa.
In den engen Gassen der Stadt dauert es ein bisschen, bis wir einen geeigneten Parkplatz gefunden haben. Dann geht es für uns zu Fuß weiter.
Mein Ziel ist der Palast des Inquisitors. C. mag nicht mit hinein und will sich so lange etwas in der Stadt umsehen. Ich aber mache mich auf zu dem Gebäude, in dem sich von 1574 bis 1798 der Amtssitz der Inquisitoren von Malta befunden hat.
Die Inquisitoren waren sehr mächtige Männer der Kirche. Insgesamt zweiundsechzig hatten hier ihren Amtssitz und zweiundzwanzig von ihnen wurden später Kardinäle in Rom, zwei sogar zum Papst gewählt.
Der letzte Inquisitor verließ Malta 1798, einige Wochen vor der Besetzung der Insel durch napoleonische Truppen. Unter den Briten diente das Gebäude als Militärkrankenhaus und im Zweiten Weltkrieg als Unterkunft für Dominikaner, deren Konvent im Krieg zerstört worden war. Erst in den 1960er Jahren begann der Umbau zum Museum.
Nachdem ich mein Eintrittsgeld bezahlt habe, kann ich mich auf eigene Faust auf Entdeckungstour begeben durch ein Haus, in dem 224 Jahre die Vertreter der katholischen Kirche aus Rom heimisch waren. Sie fungierten auf der Insel einerseits als Interessenvertretung des Vatikans und andererseits als hohe Richter. Und so unterschiedlich wie diese zwei Ämter ist auch die Einrichtung des Gebäudes. Im Erdgeschoss ist aber erst einmal etwas ganz Profanes zu finden, die Küche, denn essen mussten schließlich alle.
Von hier zieht es mich hinaus in den Innenhof des Gebäudes, in dem ein kleiner tropischer Garten zu finden ist. Private Gärten waren von jeher etwas sehr Seltenes und Exklusives auf Malta und auf der kargen, wasserarmen Insel den wohlhabendsten Personen vorbehalten.
Einer der wohl beeindruckendsten Räume des Palastes ist das Treppenhaus, die sogenannte Grand Staircase. Sie führt hinauf in die Räume des Inquisitors.
Am oberen Ende steht eine Sänfte, mit der sich der jeweilige Inquisitor durch die Stadt tragen ließ.
Zu den Privaträumen des Inquisitors gehörte natürlich eine Kapelle, in der er sein Gebet verrichten konnte.
In weiteren Zimmern wurden das Schlaf- und Arbeitszimmer des jeweiligen Inquisitors rekonstruiert.
Über einen schmalen Gang im Innenhof waren die Privaträume des Inquisitors mit den Diensträumen verbunden. Die eine Seite des Palastes war sozusagen die diplomatische Vertretung des Vatikans, ein Amt, das der Inquisitor ausübte.
Auf der anderen Seite übte er sein Amt als höchster Richter aus. Hier war ein Gerichtsgebäude komplett mit Gefängnis und Folterkammer zu finden. Der erste Raum, den ich besichtigen kann, ist die Wohnkammer des Gefängnisaufsehers.
Anschließend folgt das Tribunal, der Gerichtssaal, in dem die Urteile gesprochen wurden.
Über eine Treppe geht es nun zurück ins Erdgeschoss. Hier befindet sich die Folterkammer.
Gleich nebenan sind mehrere Gefängniszellen zu besichtigen. Einige für mehrere Gefangene, andere auf Einzelhaft ausgelegt.
Damit endet dann auch mein Rundgang im Palast und ich treffe mich vor der Tür mit C. wieder. Zusammen machen wir uns auf den Weg zurück zum Hotel. Unterwegs fahren wir aber noch einen kleinen Umweg über ein Wohngebiet, in dem ein ganz besonderes Haus derzeit leider ein trauriges Dasein fristet. In diesem Gebäude lebten Prinzessin Elizabeth, die spätere Queen Elizabeth II., und ihr Mann Philipp, als dieser Ende der 1940er Jahre auf Malta stationiert war.
Am Nachmittag sind wir schließlich zurück im Hilton und hier geht es für uns wieder in die Lounge, wo jeden Tag eine englische Tea Time mit Sandwiches, Törtchen und Scones serviert wird. Und mit diesem Ausblick schmeckt das besonders gut.
Den Abend verbringen wir heute im Hotel, denn wir müssen auch packen. Unsere fünf Nächte im Hilton Hotel sind schon rum und morgen ziehen wir in ein neues Hotel um. Aber ich will noch nicht zu viel verraten.
Kilometer: 45
Wetter: sonnig, 24–28 Grad
Hotel: Hilton Hotel Malta