Stadtrundgang durch Vilnius, Litauen, Teil 1
Im Gegensatz zu den Nachbarländern im Norden liegt Litauens Hauptstadt weder am Meer, noch ist die Stadt Teil der Hanse. Trotzdem gehört Vilnius neben Tallinn und Riga zu den Perlen des Baltikums und ist mit seiner reichen Geschichte auf jeden Fall eine Reise wert. Auf einem Stadtrundgang habe ich mich in der historischen Altstadt umgesehen.
Ich beginne meinen Rundgang am Hotel Pacai, in dem ich mich in Vilnius einquartiert habe. Nur wenige Meter entfernt befindet sich das Rathaus der Stadt. Das Gebäude wurde bereits 1503 erstmalig erwähnt und begrenzt den Rathausplatz, einen der ältesten Plätze der Stadt.
Ganz in der Nähe steht ein weiteres Luxushotel im Zentrum von Vilnius, das Radisson Blue Astorija Hotels, das sich teilweise in einem Gebäude aus dem Jahr 1901 befindet.
Die gegenüber liegende St. Kasimir Kirche ist eines der bedeutendsten Gotteshäuser der Stadt und eines der ersten Barockgebäude in Vilnius. Der erste Bau wurde von den Jesuiten zwischen 1604 und 1609 errichtet, anschließend wurde das Gebäude jedoch zweimal durch Krieg und Feuer zerstört, sodass zwischen 1750 und 1755 ein kompletter Neubau im Hochbarock stattfand. Während der Zeit der russischen Besatzung wurde die Inneneinrichtung zerstört und das Gebäude als Lagerraum für Wein und Getreide genutzt. Zwischen 1955 und 1957 erfolgte ein Umbau zum Museum für Atheismus. Zur Kirche wurde St. Kasimir erst wieder nach der litauischen Unabhängigkeit.
Ich folge nun der Fußgängerzone weiter nach Süden. Die Straße ist hier von historischen Gebäuden gerahmt, die alle neu renoviert wurden und nun im Erdgeschoss Geschäfte beherbergen.
Dazwischen ist das prächtige Gebäude der litauischen Nationalphilharmonie zu finden, in dem 1904 die erste Buchhandlung in Vilnius eröffnete.
Ich laufe nun direkt auf das Basilius Kloster mit dem prächtigen Basilius Tor zu. Das Kloster wurde allerdings schon 1821 geschlossen und Teile zunächst als Gefängnis umgebaut. Die Kirche ist aber erhalten geblieben und wird heute noch genutzt.
Am Ende der Straße befindet sich schließlich das Tor der Morgenröte, eines der wichtigsten Kultur- und Architekturdenkmäler in Vilnius. Das Tor befindet sich in der ehemaligen Stadtmauer und wurde zwischen 1503 und 1522 erbaut.
Über dem Durchgang liegt eine Kapelle, in der sich die schwarze Madonna befindet, die ein wichtiger Wallfahrtsort für Christen ist.
Von Süden her ist das Tor noch immer in seinem gotischen Stil zu bewundern, von der Stadtmauer selbst ist allerdings nicht mehr viel erhalten.
Die Häuser neben dem Tor sind dann nicht mehr so schön anzusehen wie in der Fußgängerzone. Hier ist noch viel zu tun, um alle Schäden zu beseitigen. Es zeigt sich außerhalb der direkten Innenstadt ganz deutlich, dass Vilnius bisher nicht ganz so viel Geld in Renovierungen stecken konnte wie Riga und erst recht Tallinn. Das Nord-Süd-Gefälle ist hier deutlich zu erkennen.
Auch in Vilnius gibt es eine Markthalle, die aber bei weitem nicht so groß ist wie die in Riga und auch nicht so viele Waren anbietet. Während es in der Haupthalle noch einige Lebensmittelstände gibt, werden sonst leider größtenteils viel Ramsch und Billigwaren veräußert. Die Kundschaft ist aber da, denn das Einkommen in Litauen ist niedriger als in den nördlichen Nachbarländern.
Gegenüber der Markthalle entdecke ich dieses Wohnhaus, das mit einem interessanten Wandbild verziert ist.
In der unmittelbaren Umgebung gibt es aber auch weitere Häuser, die dringender Renovierung bedürften, während gleich nebenan schon investiert wurde.
Ich gehe nun zurück in die historische Innenstadt und durchquere noch einmal die Fußgängerzone um zur Literatenstraße zu gelangen. Hier gibt es inzwischen 225 kleine Kunstwerke, die jeweils einem bekannten Schriftsteller gewidmet sind. Die ersten Werke entstanden 2008 und seitdem kommen immer wieder neue hinzu.
Nur wenige Meter weiter ist noch ein kleiner Teil der einstigen Verteidigungsanlage der Stadt zu finden. An dieser Stelle kann ich noch sehr gut die einst mächtigen Mauern erkennen, die die Stadt vor Feinden und Eindringlingen schützten.
Aber nicht nur die Mauern sind beeindruckend, auch der Blick über die Stadt ist von hier wunderschön. Viele der Orte, die ich von hier zum ersten Mal sehe, werde ich auf meinem Stadtrundgang noch genauer betrachten können.
In der Ferne kann ich die Hochhäuser von Vilnius City sehen, einem relativen neuen Stadtviertel außerhalb der Altstadt, in dem heute viele Firmen mit ihren Zentralen angesiedelt sind.
Schön zu sehen ist ebenfalls das Denkmal der drei Kreuze, das sich auf einem Hügel am Rande der Altstadt befindet. Rund um die Entstehung des Denkmals ranken sich zwei Mythen: Eine behauptet, dass diese Kreuze zum Andenken an die sieben hier im 14. Jahrhundert den Märtyrertod gestorbenen Franziskanermönche erbaut wurde, die andere sagt, dass es ein Denkmal zum Anlass der Verleihung des Magdeburger Rechts an Vilnius ist.
Noch einmal schön zu erkennen ist auch die St. Kasimir Kirche, deren prächtige Kuppel von der Fußgängerzone gar nicht zu sehen ist. Gekrönt ist sie von einer erst 1941 fertiggestellten Kuppelkrone, die als Zeichen der Unabhängigkeit Litauens steht.
Über eine lange Treppe verlasse ich die Bastion und gelange wieder auf das Straßenlevel. Hier befindet sich einer der Zugänge zur Republik von Uzupis, was so viel wie jenseits des Flusses bedeutet. Und so ist dieser Stadtteil auch fast nur über Brücken zugänglich, die die Vilnia überqueren.
Lange Zeit war dieses Gebiet ein jüdischer Stadtteil, doch heute ist davon kaum noch etwas übrig. Während der Sowjetzeit war Uzupis eine vernachlässigte und komplett heruntergekommene Gegend. Die Häuser hatten fast alle keinen Strom oder sanitäre Einrichtungen. Das änderte sich erst mit der Unabhängigkeit von Litauen.
Seit den 1990er Jahren erlebte das Viertel einen Aufschwung. Zuerst zogen immer mehr Künstler in das Gebiet, es eröffneten Galerien und Cafés. Einige der Einwohner riefen, zunächst als Kunstaktion gedacht, die Republik Uzupis aus. Sie verfügt über eine eigene Verfassung, eine Flagge und einen Präsidenten. Es gibt auch eine Verfassung, die inzwischen in 23 Sprachen übersetzt wurde.
Die Seele von Uzupis war lange Zeit der Maler, Regisseur und Animator Zenonas Šteinys. Nach seinem Tod wurde beschlossen, ihm ein Denkmal zu setzen. Für seine Seele entstand die Statue des Engels und er bläst eine Trompete, um die Wiedergeburt des Viertels anzukündigen.
Über eine weitere Brücke verlasse ich die Republik Uzupis wieder, die heute oft mit dem Pariser Montmartre oder dem Kopenhagener Freistaat Christina verglichen wird.
An dieser Brücke ist auch der Hauptzugang der Republik, der mit einem Schild gekennzeichnet ist. Grenzkontrollen gibt es hier allerdings nur einmal jährlich am 1. April, an dem der Unabhängigkeitstag gefeiert wird.
Gleich neben der Brücke befindet sich die Kathedrale der Himmelfahrt der Gottesmutter, die Hauptkirche der orthodoxen Christen in Litauen. Das Gotteshaus wurde 1346 unter Großfürst Algirdas errichtet. Nach mehreren Zerstörungen und der jeweiligen Wiedererrichtung wurde die Kathedrale 1808 an die Universität Vilnius verkauft, die sie als anatomisches Theater und Bibliothek nutzte. Erst während der Russifizierung Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Kathedrale wieder geweiht und die letzte Renovierung fand 1998 statt.
Wenige Schritte weiter sind zwei weitere Gotteshäuser zu sehen. Die Annenkirche wurde nach einem Brand zwischen 1495 und 1500 erbaut. Sie ist ein seltenes Beispiel der Gotik in Litauen und seit ihrer Erbauung faktisch unverändert. Gleich nebenan die römisch-katholische Kirche St. Franziskus und St. Bernhard.
Die Straße, an der die zwei Kirchen liegen, ist etwas weiter wieder von historischen Gebäuden gesäumt. Darunter das Hotel Vilnius, das sich gegenüber des Eingangs zu den Bernadine Gärten befindet.
Die Parkanlage im Herzen der Stadt wurde 1469 angelegt und befindet sich in einer Schleife der Vilna, die den Garten an drei Seiten begrenzt.
Nach der Unabhängigkeit wurde der Park wieder restauriert und wie ein Park aus dem 19. Jahrhundert angelegt.
Mit meinem Rundgang durch die Parkanlage endet der erste Teil meiner Stadtbesichtigung in Vilnius. Ich mache nun eine Pause, bevor ich meinen Weg zum Gediminas Turm, einem Teil der oberen Burg von Vilnius, fortsetze.
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