Kleine Rundfahrt durch Liechtenstein
Liechtenstein ist so ein Land, das jeder kennt, aber die Wenigsten waren je dort. Der kleine Staat zwischen Österreich und der Schweiz ist auch weniger ein Touristenziel und wird meistens sogar übersehen, denn die großen Verkehrsachsen führen an Liechtenstein vorbei. Man muss schon gezielt hinfahren, in das kleine Fürstentum im Herzen Europas, das sich seine Unabhängigkeit und seinen ganz eigenen Charme bewahrt hat.
Anreise
Ich erreiche das kleine Land im Herzen Europas von Österreich aus. Auf der Straße merke ich kaum, dass ich eine Landesgrenze überquert habe, denn auch wenn Liechtenstein nicht zur Europäischen Union gehört, so ist es doch Mitglied im Schengen Raum. Somit gibt es keine Grenzkontrollen. Ebenso wenig gibt es in Liechtenstein Autobahnen, die meisten Strecken sehen eher so aus, solange sie nicht Vaduz und die Grenzorte in der Schweiz oder Österreich verbinden.
Kaum zu übersehen, egal von wo man kommt, ist das Schloss von Vaduz, doch hierher komme ich später nochmals, sodass ich zunächst weiterfahre.
Erst einmal fahre ich ganz in den Süden des Landes nach Balzers und das dauert gerade mal 25 Minuten. Das ist auch nicht verwunderlich, denn das Land zwischen Österreich und der Schweiz ist gerade mal rund 160 Quadratkilometer groß und hat nicht einmal ganz 39.000 Einwohner. Die Hälfte des Landes ist dabei unbewohnbares Gebirge, sodass es nur elf Gemeinden gibt, die größtenteils im Rheintal liegen.
Balzers und der Süden
Balzers ganz im Süden von Liechtenstein ist ein beschaulicher Ort mit nicht einmal 4.500 Einwohnern, der aber geschichtlich einiges zu bieten hat. Zweit der interessantesten Bauwerke sind schon an der Ortseinfahrt kaum zu übersehen, die Pfarrkirche St. Nikolaus und die Burg Gutenberg.
Die Burg Gutenberg wurde im Hochmittelalter zwischen 1100 und 1200 erbaut. Sie steht auf einem rund siebzig Meter hohen Hügel und ist so im sonst flachen Rheintal schon weithin zu sehen. Über die Jahrhunderte verlor die Burg jedoch ihre Bedeutung und verfiel immer mehr, sodass um 1800 nur noch eine Ruine übrig war. Erst zwischen 1905 und 1912 erfolgt ein Wiederaufbau durch Egon Rheinberger.
Nach seinem Tod im Jahr 1936 wurde die Burg zunächst verpachtet und später verkauft. Im Jahr 1979 wurde sie schließlich vom Fürstentum Liechtenstein übernommen, in dessen Besitz sie noch heute ist. Seitdem ist die Anlage auch beschränkt öffentlich zugänglich.
Ich fahre weiter in den beschaulichen Ort Balzers, der Teil einer Besiedlung im südwestlichsten Zipfel von Liechtenstein ist.
Mitten im Ort befindet sich die Pfarrkirche St. Nikolaus. Das heutige Gotteshaus wurde zwischen 1909 und 1912 erbaut und ersetzt eine ältere Kirche. Nötig geworden war der Neubau im Stil der Neuromanik, weil die alte Kirche einfach zu klein geworden war.
Besonders ins Auge stechen drei 1928 angefertigte Mosaike aus Goldglas und venezianischer Emaille, die sich über dem Haupteingang befinden. Sie zeigen links den heiligen Nikolaus als Helfer in Seenot und rechts den heiligen Martin zu Pferd mit Bettler. In der Mitte befindet sich das Wappen des Fürstentums mit einer Widmung.
Ganz verschwunden ist die alte Kirche aber dann doch nicht, denn das neue Gotteshaus wurde an anderer Stelle errichtet. So hat Balzers genaugenommen zwei Kirchtürme von St. Nikolaus, denn während man das alte Kirchenschiff abgerissen hat, wurde der Kirchturm erhalten.
Meine Fahrt geht nur zurück nach Norden und in Richtung Vaduz. Bevor ich jedoch die Hauptstadt des Fürstentums besuche, will ich mich noch ein wenig an anderer Stelle umsehen.
Skigebiet Malbun
Die Berge sind in Liechtenstein allgegenwärtig, denn wie schon eingangs erwähnt, werden große Teile des Landes vom Gebirge eingenommen. Tourismus allerdings spielt im kleinen Fürstentum nur eine untergeordnete Rolle. Wandern kann man hier gut und es gibt ein erschlossenes Skigebiet. Um dort hinzukommen, folge ich der einzigen Straße, die südlich von Vaduz in das Hochgebirge führt.
Steil geht es bergan und schon bald habe ich einen tollen Blick auf die Rheinebene. Der Fluss ist die Lebensader von Liechtenstein und bildet für 27 Kilometer die Grenze zur Schweiz. Gleichzeitig wird so das Trinkwasser des Landes und inzwischen auch Energie gewonnen. Auch als Naherholungsgebiet spielt der Fluss heute eine große Rolle.
Etwas weiter wird die Landschaft wieder lieblicher und die Straße windet sich durch Almen, auf denen vereinzelte Bauernhöfe stehen. Typisch für die Gegend sind auch das Maiensäss, eine besondere Form der Landwirtschaft, die heute aber weitestgehend an Bedeutung verloren hat. Zu sehen sind allerdings noch vielerorts die dafür typischen Wohnhäuser und Stallungen.
Schließlich erreiche ich den 740 Meter langen Tunnel Gnalp-Steg, der sei seiner Eröffnung im Jahr 1947 das Rheintal mit dem Saminatal verbindet. Nur so konnten die Skigebiete in den Liechtensteiner Alpen erschlossen werden.
Nach der Tunnelausfahrt zeigt sich mir ein ganz anderes Bild, denn ich lande in einem Hochgebirgstal, das von hohen Gipfeln umschlossen ist und durch das die Grenze zu Österreich verläuft. Malbun ist der Hauptort im Tal und liegt auf 1.600 Meter Höhe. Früher wurde das Tal als Voralpe nur vom Frühjahr bis in den Herbst landwirtschaftlich genutzt, heute spielt der Skitourismus im Winter eine große Rolle. Im Sommer lädt die Gegend auch zum Wandern ein.
Wandern steht für mich heute allerdings nicht auf der Agenda, denn dafür bleibt mir auf einem Tagesausflug nicht genügend Zeit. So fahre ich nach einer ausführlichen Rundtour zurück in das Rheintal. Hinter dem Tunnel eröffnet sich auch auf der Strecke in Richtung Vaduz ein fantastisches Panorama.
Umso tiefer ich komme, desto mehr wird die Straße wieder von Bäumen gesäumt. So ist auch die Aussicht eingeschränkt. Auf den teils engen Straßen muss man aber trotzdem besonders acht geben, denn viel Platz zum Ausweichen ist hier bei Gegenverkehr nicht.
Rundgang durch Vaduz
Nach rund zwanzig Minuten Fahrt erreiche ich schließlich Vaduz, die Hauptstadt von Liechtenstein. Hoch über der Stadt auf einer Felsterrasse, die aber über die Rückseite von einer Straße erschlossen ist, liegt das Schloss Vaduz. Wann genau mit dem Bau der Burg, die der Sitz der Fürsten von Liechtenstein ist, begonnen wurde, ist nicht belegt. Es wird aber angenommen, dass eine erste Anlage im 12. Jahrhundert errichtet wurde. Der Bergfried wurde wahrscheinlich als erstes gebaut und anschließend ein Wohnturm. Über die Jahrhunderte wurde die Burg dann immer weiter ausgebaut.
Im Besitz der Fürsten von Liechtenstein befindet sich die Burg allerdings erst seit 1712 und diente zunächst als Sitz der Landvogtei, wurde dann aber kaum mehr benötigt und verfiel immer mehr. Erst Fürst Johann II. ließ die Burg zwischen 1905 und 1912 grundlegend renovieren und zu einem Schloss ausbauen. Im Jahr 1939 machte der Fürst Schloss Vaduz schließlich zu seinem ständigen Wohnsitz. Noch heute ist das Schloss im Privatbesitz der Fürstenfamilie und kann nicht besichtigt werden.
Zu Füßen des Schlosses liegt das moderne Zentrum von Vaduz, das ich mir nun erlaufen möchte. Dazu stelle ich mein Auto auf einem nahen Parkplatz ab und begebe mich zu Fuß zum Städtle, der Hauptachse der Stadt, die heute in Teilen Fußgängerzone ist.
Gleich am südlichen Beginn der Straße befindet sich das zwischen 1903 und 1905 errichtete Regierungsgebäude. Seit seiner Erbauung beherbergt es die Regierung des Fürstentums und bis zur Eröffnung des neuen Landtagsgebäudes im Jahr 2008 war selbiger hier ebenfalls ansässig.
Der Platz vor dem Regierungsgebäude und dem danebenliegenden Landtagsgebäude wurde im Zuge des Neubaus des Landtages ebenfalls neu gestaltet. So bietet sich hier nun auch eine Ausstellungsfläche für moderne Kunst.
Der Liechtensteiner Landtag tagt sein 2008 in diesem Gebäude, das vom deutschen Architekten Hansjörg Göritz entworfen wurde. Das Gebäude besteht aus drei Teilen, die Hohes Haus, Verbindungshaus und Landesführungsraum genannt werden. Im Hohen Haus befindet sich der Plenarsaal, im Langen Haus sind die Büros der Abgeordneten sowie Sitzungszimmer untergebracht und der Landesführungsraum befindet sich unter dem Platz vor dem Landtag. Hier befinden sich eine Tiefgarage sowie ein Rückzugsort für die Regierung im Falle einer Katastrophe.
Gleich neben dem Landtag steht das sogenannte Verweserhaus, das heute Teil des Liechtensteinischen Landesmuseums ist. Zuvor diente das Haus fast zweihundert Jahre dem Landvogt von Liechtenstein als Sitz, wurde aber Ende des 19. Jahrhunderts umfassend umgebaut und erhielt so sein heutiges Aussehen. Im Jahr 1922 schenkte der Fürst das Gebäude dem Staat und so wurden hier zunächst Verwaltungen untergebracht. Auch der Landtag tagte mehrmals in dem Gebäude, zuletzt während der Renovierungen des Regierungsgebäudes. Erst 2003 wurde es nach einem Umbau zum Teil des Landesmuseums und seitdem werden hier Ausstellungen gezeigt.
Vor dem Gebäude wird allerdings schon für ein anderes Museum Werbung gemacht, für das Postmuseum. Briefmarken aus dem Fürstentum sind schon lange ein beliebtes Sammlerobjekt.
Ich aber folge erst einmal dem Städtle weiter, das hinter dem Regierungsbezirk zur Einkaufmeile wird, die von Geschäften und Cafés gesäumt ist.
Am nördlichen Ende der Straße befindet sich das Rathaus von Vaduz, das 1932 bis 1933 von Franz Roeckle errichtet wurde und einem mittelalterlichen Gebäude nachempfunden ist. An der Fassade ist ein erst 1983 angefertigtes Gemeindewappen zu sehen.
Am Rathaus drehe ich um, denn das kompakte Zentrum von Vaduz ist hier zu Ende. Ich laufe nun wieder in südlicher Richtung und entdeckte noch weitere Hinweise auf das Postmuseum. Im Zentrum von Vaduz gibt es übrigens fünfundzwanzig dieser überdimensionalen Briefmarken, die seit 2011 auf die Postgeschichte des Landes hinweisen.
Schließlich stehe ich vor dem sogenannten Engländerbau, der 1933 bis 1934 als Sitz eines britischen Lotterieunternehmens erbaut wurde. Heute werden sämtliche Räume des Gebäudes für Ausstellungen genutzt, einen Teil davon belegt das Postmuseum, das bereits 1930 gegründet wurde aber erst 2002 an diesen Standort zog. Schwerpunkt der Ausstellung sind die seit 1912 in Liechtenstein herausgegebenen Briefmarken.
Rund um die Fußgängerzone sind auch verschiedene Denkmäler und Skulpturen zu finden, darunter das Denkmal für Fürst Franz Josef II. und Fürstin Gina.
Von der Fußgängerzone laufe ich noch ein Stück weiter nach Süden und komme dabei an schön restaurierten Gebäuden vorbei.
Schon nach wenigen Minuten erreiche ich die Kathedrale St. Florin, die zwischen 1869 und 1873 erbaut wurde. Das Erzbistum Vaduz gibt es erst seit 1997, als es aus dem Erzbistum Chur unter Papst Johannes Paul II. ausgegliedert wurde. Damals wurde die Kirche St. Florin auch zur Kathedrale erhoben. In der Kathedrale befindet sich auch die fürstliche Gruft, die nach dem Zweiten Weltkrieg hier eingerichtet wurde. Zuvor befand sie sich in Wranau in Mähren, doch die Gruft sowie mehrere Schlösser wurden nach dem Krieg enteignet und waren so für die Familie nicht mehr zugänglich.
Abreise und Fazit
Für mich neigt sich der Tag in Liechtenstein nun langsam dem Ende zu und ich breche zur Weiterfahrt auf. Die führt mich erst einmal entlang des Rheins, wo ich noch einem kurzen Blick auf die 135 Meter lange Alte Rheinbrücke werfen kann. Sie ist die letzte noch erhaltene Holzbrücke, die den Alpenrhein überquert und wurde um 1900 errichtet. Im Jahr 1975 wurde zweihundert Meter entfernt ein Neubau errichtet, da die Brücke dem zunehmenden Verkehr nicht mehr standhielt. Heute ist sie nur noch für Fußgänger und Radfahrer geöffnet, die so von Liechtenstein in die Schweiz gelangen können.
Ich aber fahre weiter nach Norden und über Schaanwald zurück nach Österreich, von wo ich meinen Weg nach Deutschland nach einem kurzen Übernachtungsstopp fortsetze.
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