TAG 14: Donnerstag, 28.02.2013
The Making of an Empire – von Orlando nach St. Augustine
Laut Planung sollte heute ein ganz entspannter Tag werden, doch erstens kommt alles anders und zweitens als man denkt. Und so wird dieser Tag der Tag, mit der längsten Strecke der ganzen Tour und das, obwohl der größte Teil von Florida doch gar keine große Ost-West Ausdehnung hat.
Die Meilen kommen jedoch zusammen, weil ich mir in den Kopf gesetzt habe, heute Morgen nochmals nach Tampa zu fahren und ein Museum zu besuchen, das ich gestern nicht mehr geschafft hatte. Wenn schon nicht St. Pete Beach, dann wenigstens das, habe ich mir gesagt. Und so fuhr ich kurzerhand erstmal wieder gen Westen nach Downtown Tampa.
Dort, auf dem Gelände der Universität von Tampa, steht dieses, etwas orientalisch anmutende Gebäude. Heute gehört es auch größtenteils zur Universität, nur ein kleiner Teil ist ein Museum. Erichtet wurde es von Henry Bradley Plant, einen Zeitgenossen von Henry M. Flagler und auch sein schärfster Konkurrent.
Plant besaß, wie Flagler, ein Eisenbahnimperium, mit dem er Florida erschließen wollte. So begann er mit dem Bau einer Linie in den Sonnenstaat, jedoch nicht an der Ost- sondern an der Westküste. Endpunkt sollte sein Hotel in Tampa sein, wo die Touristen aus dem Norden die Sonne Floridas genießen konnten.
Eröffnet wurde das Tampa Bay Hotel 1891, nachdem der Bau $2,5 Mio. und die Inneneinrichtung nochmals $500.000 verschlungen hatten. Die Möbel wurden zuvor von Mr. und Mrs. Plant auf ihren Reisen durch Europa zusammengetragen und nach Amerika verschifft. Nach seiner Eröffnung wurde das Tampa Bay Hotel zum gesellschaftlichen Mittelpunkt der jungen, aufstrebenden Stadt Tampa. Die mehr als 500 Hotelzimmer wurden von wohlhabenden Nordstaatlern sowie von Reisenden und berühmeten Persönlichkeiten aus aller Welt bewohnt.
Seine größte historische Bedeutung erreichte das Hotel aber im Spanisch-amerikanischen Krieg, als am 14. Juni 1898 Lt. Col. Theodore Roosevelt und die First United States Volunteer Cavalry, bekannt als die Rough Riders, Tampa erreichten. Zu dieser Zeit wurde das Hotel als Hauptquartier und Offiziersunterkunft genutzt. Weitere Soldaten campierten rund um das Hotel in Zelten.
Nach dem Krieg wurde das Hotel wieder als solches genutzt. Zu den bekannstesten Gästen gehörten der Prinz von Wales, Babe Ruth oder Clara Barton. Im Jahr 1930, zum Höhepunkt der großen Depression, war das Hotel gezwungen seine Tore zu schließen, da immer weniger Touristen nach Florida kamen. 1933 zog schließlich das Tampa Junior College in die Räume ein. Dieses vergrößerte sich über die Jahre so sehr, dass es schließlich zur Universität von Tampa aufgewertet wurde. Die Stadt verpachtete der jungen, aufstrebenden Bildungseinrichtung das Gebäude für 99 Jahre zum symbolischen Pachtzins von $1 pro Jahr. Nur den Südflügel behielt man und richtete hier ein Museum ein, dass für immer den Errungenschaften von Henry B. Plant, dem einstigen „King of Florida”, gewidmet ist und den Besucher in die Zeit des großen Urlaubsresorts in Florida entführt – dem Magic Kingdom von Tampa.
Die Rückfahrt in Richtung Osten nutze ich dann gleich aus, um etwas in Nostalgie zu schweifen. Ich war auf meiner 2. USA Reise 1996 zum ersten Mal als Austauschschülerin in Florida. Damals wohnte ich bei einer Gastfamilie in Clermont, westlich von Orlando. Die Familie wohnt längst nicht mehr dort und so war ich auch schon viele Jahre nicht mehr in der Gegend. Das sollte sich nun ändern. Zunächst fahre ich die I‑75 Richtung Norden bis ich die State Road 50 erreiche. Diese führt direkt durch Clermont. Die Stadt liegt mitten im Zitrusgebiet Floridas. Früher war hier alles mit Orangenplantagen übersäht und auch heute trifft man noch auf die ein oder andere. Zusammenfassend muss ich aber sagen, dass sich die Gegend in den letzten 17 Jahren ganz schön verändert hat. Es sind viele neue Wohnsiedlungen und Shopping Center gebaut worden. Clermont und die Umgebung sind teilweise kaum wiederzuerkennen.
Nach einer kurzen Mittagspause fahre ich weiter gen Osten bis ich den kleinen Ort DeBary erreiche. Hier befindet sich die DeBary Historic Site, die ich eigentlich schon vor einigen Jahren besuchen wollte. Leider fand dieser Besuch damals nicht statt und so will ich das heute nachholen.
Als ich auf den Parkplatz der DeBary Hall einbiege, stehen dort nur wenige Autos und ich sehe niemanden in der Nähe. Also gehe ich den kurzen Weg zum Visitor Center. Beim Betreten auch hier zuerst kein Lebenszeichen, doch dann schaut eine freundliche Dame um die Ecke. Als ich ihr mitteile, dass ich an einer Tour interessiert sei, bittet sie mich, ihr zu folgen, denn wir könnten gleich starten. Ich freue mich sehr, denn ich mag diese „privaten” Touren am Liebsten.
Zuerst führt sie mich in ein kleines Theater. Eigentlich bin ich ja nicht der Mensch, der sich überall jedes Video anschaut, aber sie versichert mir, dass es sich lohnen würde. Und sie sollte Recht behalten, denn so eine Vorführung hatte ich in solch einem kleinen Park nicht erwartet. Auf 3 Leinwänden wurde abwechselnd die Geschichte des Ortes erzählt und zwischendurch drehte ich mich mit samt den Stühlen immer wieder in verschiedene Richtungen. Ich hatte fast das Gefühl, mitten drin in der Geschichte zu sein.
Samuel Frederick DeBary wurde am 12. Januar 1815 in Frankfurt/ Main geboren und lernte als junger Mann G.H. Mumm, von der Mumm Sektkellerei kennen. Dieser bot ihm 1840 an, nach New York zu gehen und dort den Mumm Sekt auf den Markt zu bringen. In New York baute DeBary eine Importfirma auf, die exklusiv Mumm Sekt in die USA brachte und dort vertrieb. Nach dem Tod seiner ersten Frau Julie im Jahr 1868 war DeBary plötzlich alleinerziehender Vater von 2 kleinen Kindern. Eines davon, seine Tochter Eugenie, hatte Atemwegsprobleme, sodass die Ärzte ihm empfahlen, sie in ein warmes Klima zu bringen. So kam DeBary zum ersten Mal nach Florida.
Hier am St. Johns River gab es damals fast nichts. Nur ein kleines Hotel mitten in der Wildnis empfing Gäste. Da es seiner Tochter im wärmeren Klima Floridas aber bedeutend besser ging, kaufte DeBary hier Land und errichtete DeBary Hall, ein Haus im Südstaatenstil, das 1871 fertiggestellt wurde.
Da die Anbindung zu seinem neuen Heim so schlecht war, gründete DeBary kurzerhand eine Dampfschifflinie, die fortan auf dem St. Johns River verkehrte und so mithalf, dieses Gebiet zu erschließen. Sein Haupttätigkeitsbereich war aber weiterhin der Import von Mumm Sekt und so lernte er auch viele einflußreiche und prominente Personen aus den USA und Europa kennen, die auch hier zu Gast waren. Eugenie heiratete sogar in eine deutsche Adelsfamilie ein, als sie 1877 Hugo Freiherr von Mauch ehelicht, mit ihm nach Stuttgart zieht und dort 1934 auch verstirbt. Nach dem Tod der letzten amerikanischen DeBary Erbin im Jahr 1943, verfiel das Haus viele Jahre, bevor es an den Staat Florida fiel und liebevoll restauriert wurde.
Mein letzter Stopp für heute führt mich zurück an die Atlantikküste. Hier, südlich von Daytona Beach, steht einer der am besten und originalgetreusten erhaltenen Leuchttürme der USA – das Ponce Inlet Lighthouse. Mit 53 Metern ist es auch der höchste Leuchtturm Floridas.
Nach dem Erklimmen der 203 Stufen bietet sich mir ein fantastischer Rundblick auf das umliegende Gelände und den weltberühmten Strand von Daytona Beach.
Rund um den Leuchtturm sind auch die Wohnhäuser der Leuchtturmwärter erhalten geblieben und zur Besichtigung geöffnet.
Nach der erfolgreichen Besteigung dieses Leuchtturms, fahre ich noch ein Stück weiter nach Norden. Über Daytona Beach, wo ich diesmal nicht stoppe, führt mich mein Weg bis in die älteste Stadt der USA, St. Augustine. Mit dem Sonnenuntergang erreiche ich auch mein Hotel für diese Nacht, das Best Western Historical Inn.
Den Abend lasse ich im Outback Restaurant ausklingen, wo ich meine heißgeliebten Pork Chops bestelle.
Meilen: 332
Wetter: sonnig/ 13–23 Grad
Abendessen: Outback
Hotel: Best Western Historic Inn