Tag 4: Freitag, 04. September 2020
Stadtansichten – Innsbruck, Teil 2
Vor unseren Zimmern trennen sich die Wege von C. und mir. Jeder geht auf sein Zimmer, um sich ein wenig auszuruhen. Wir waren ja schon viel unterwegs heute und den ganzen Tag in der Sonne. Die scheint auch immer noch und so habe ich einen tollen Blick auf den Bergisel, wo wir heute früh waren. Ganz prominent in der Mitte die Sprungschanze und links darunter der Turm von Kloster Wilten.
So sitze ich nun also auf meinem Zimmer und versuche mit dem Teleobjektiv weitere Orte zu finden, die wir uns zuvor angesehen haben.
Aber wie das mit Pausen und mir auf Reisen nun mal so ist, irgendwie bin ich dafür doch nicht geeignet. Ausruhen kann ich mich auch zu Hause. Und so beschließe ich noch einmal loszuziehen, C. mag sich mir nicht anschließen. Ich aber bin einfach zu neugierig und will auch noch ein wenig fotografieren. So mache ich mich also noch einmal zu Fuß auf den Weg in die Innenstadt. Wie Tags zuvor startet mein Rundgang an der Maria-Theresien-Straße. Heute lasse ich mir aber richtig Zeit, die schönen Fassaden zu bewundern.
Gleich am Beginn der Straße und gegenüber der Triumphpforte, die sie nach Süden hin begrenzt, steht das Perterlongo Haus, das auch als Palais Sarnthein bekannt ist. Um 1686 wurden für David Graf Sarnthein mehrere Bürgerhäuser zu einem Palais zusammengefasst, das 1869 nochmals aufgestockt und umgebaut wurde.
Ein weiteres der prachtvollen Gebäude der südlichen Straße ist das Palais Fugger-Taxis, das 1679 für Hans Otto Fugger von Kirchberg-Weißenhorn erbaut wurde. Gut hundert Jahre später wurde es an den Generalpostmeister Joseph Sebastian von Thurn und Taxis veräußert, der das Haus als Wohnsitz und Poststation nutzte. Seit 1905 gehört das prachtvolle Barockhaus dem Land Tirol, das hier Teile der Landesverwaltung untergebracht hat.
Gleich nebenan steht das Alte Landhaus, das Sitz des Tiroler Landtages sowie des Landeshauptmanns ist. Erbaut wurde das Gebäude von 1725 bis 1734 und ist der bedeutendste barocke Profanbau in Innsbruck.
Meinen nächsten Stopp lege ich an der Servitenkirche zum heiligen Josef ein. Das Kloster mit angeschlossener Kirche wurde 1614 von der Witwe Erzherzog Ferdinand II. gestiftet. Der erste Bau brannte aber bereits 1620 ab und so musste ein kompletter Neubau erfolgen. Die Kirche war 1626 fertig und konnte im selben Jahr geweiht werden. Der Kirchturm wurde allerdings erst 1899 angebaut.
Ich werfe einen Blick in die Kirche. Da sich aber gerade mehrere Gläubige zum Abendgebet eingefunden haben, belasse ich es dabei und verlasse das Gotteshaus recht schnell wieder.
Zurück auf der Einkaufsstraße komme ich nun zu jenem Teil, der eine reine Fußgängerzone ist. Auch hier sind die Fassaden wunderschön restauriert worden und alles erstrahlt geradezu im weichen Licht des frühen Abends. Die Häuser in der Maria-Theresien-Straße stehen übrigens alle unter Denkmalschutz und dürfen nicht abgerissen werden. Es gibt allerdings leider Ausnahmen wie die für den Neubau des Kaufhauses Tyrol.
Ein weiteres interessantes Gebäude ist das Palais Troyer-Spaur, das um 1680 im Barockstil für für Franz Anton Graf Troyer erbaut wurde.
Mitten in der Fußgängerzone steht die Annasäule. Im Jahr 1704 erbaut, wurde die Säule nach dem Tag der heiligen Anna benannt, da an jenem Tag ein Jahr zuvor die letzten bayrischen Truppen Tirol verließen, nachdem sie Jahre zuvor im spanischen Erbfolgekrieg eingefallen waren.
Ich folge weiter der Maria-Theresien-Straße und während die Innsbrucker noch Einkäufe erledigen oder die Restaurants und Cafés bevölkern, fällt mein Blick weiter auf die Häuserfassaden. Die meisten der Geschäfte hier gibt es in Deutschland auch, sodass ich lieber das anschaue, was ich nicht kenne.
Eine zweite Kirche inmitten der Einkaufsstraße ist die Spitalskirche zum heiligen Geist. Die heutige Kirche wurde um 1700 anstelle eines Vorgängerbaus errichtet. Auch hier ist die Tür geöffnet. So kann ich mir die Kirche nun von innen anschauen.
Das prächtige Gotteshaus ist weitgehend leer, sodass ich mich hier in Ruhe umschauen kann. Besonders beeindruckend sind die Deckenfresken, die nach Bombenschäden im Zweiten Weltkrieg 1962 komplett neu gemalt werden mussten.
Wieder draußen werfe ich noch einen letzten Blick zurück in die Maria-Theresien-Straße. Dann überquere ich den Burggraben, heute eine Straße, war er einst die Abgrenzung der Altstadt, die sich erst ab dem 13. Jahrhundert über die Gebiete erstreckte, die ich gerade erkundet habe.
Nachdem ich die Maria-Theresien-Straße zurückgelassen habe, gelange ich nun die engen und verwinkelten Gassen der Altstadt. Hier schlägt sozusagen das historische Herz von Innsbruck. Doch momentan ist es schon etwas schwierig so richtig Gefallen daran zu finden, denn wie schon zuvor erwähnt, sind sämtliche Gassen komplett aufgerissen und jeweils schmale Stege zum Laufen übrig. Und da soll man dann auch noch Abstand halten, eigentlich unmöglich.
An einem der Geschäfte prangt ganz groß das Logo von Swarovski. Der berühmte Schmuckhersteller hat ganz in der Nähe von Innsbruck sein Stammwerk, genauer gesagt in Wattens, wo die Firma 1895 gegründet wurde. Eigentlich kann man das Werk auch besuchen, doch das schaffen wir auf dieser Tour leider nicht. Der Laden hier ist aber zumindest ein kleiner Ersatz, denn, wie ich recht schnell feststelle, das hier ist kein gewöhnlicher Swarovski, sondern so etwas wie der Flagship Store.
Im Geschäft kann man natürlich auch einkaufen, doch es gibt auch eine ziemlich umfangreiche Ausstellung ungewöhnlicher Swarovski Designs. Allein dieser Cinderella Schuh im Schaufenster lässt sogar Kinderaugen strahlen und es ist gar nicht einfach mal ein Foto zu machen, ohne das eines der kleinen Mädchen durchs Bild huscht.
Im Geschäft sind dann die verschiedenen Facetten der Produkte aus dem Hause Swarovski zu sehen, von Kunstwerken bis hin zu Schmuckstücken.
Von Swarovski folge ich nun der Herzog-Friedrich-Straße, die leider zu den Gassen gehört, die komplett aufgegraben ist. Somit gibt es nur Bilder in die Höhe, aber da finden sich sowieso die schöneren Motive. Die Häuser hier sind teilweise noch älter und schon in der Zeit der Gotik oder Renaissance erbaut worden.
Das Katzungshaus stammt aus dem 15. Jahrhundert und besticht vor allem durch seinen Eckerker. Die Reliefs zeigen einerseits Musikanten und andererseits Turniere. Sie erinnern daran, dass auf dem Stadtplatz zur damaligen Zeit oft Ritterspiele stattgefunden haben.
Das Trautsonhaus, hier links im Bild, das bereits 1541 erbaut wurde, ist eines der bedeutendsten Altstadthäuser. Das gelbe Haus gleich nebenan ist das Vogelsangerhaus, das wohl bereits aus dem 15. Jahrhundert stammt. Seine Existenz ist aber erst seit 1541 sicher belegt.
Schließlich stehe ich wieder vor dem Goldenen Dachl, einer der berühmtesten Sehenswürdigkeiten von Innsbruck. Das Gebäude wurde um 1420 als Residenz der Tiroler Landesfürsten erbaut und aus Anlass der Zeitenwende im Jahr 1500 verfügte der deutsche König und spätere Kaiser Maximilian I., dass man dem Gebäude einen Prunkerker hinzufüge.
Benannt ist der Erker nach seinem goldenen Dach. Das wurde mit 2.657 vergoldeten Kupferschindeln eingedeckt. Die wurden übrigens auch immer mal wieder Opfer von Langfingern, denn so eine Schindel ist immerhin 1.500 Euro wert. Bei den letzten zwei Diebstählen 2007 und 2012 tauchten die Schindeln später aber wieder auf. Besonders kurios, sie wurden teilweise in der Innenstadt von Innsbruck abgelegt oder sogar mit der Post an das Landesdenkmalamt verschickt. Wer dahinter steckte, konnte nie ermittelt werden.
Das alte Rathaus war bis 1897 der Sitz der Innsbrucker Stadtverwaltung. Bereits 1358 wurde ein Bürgerhaus angekauft und zum Rathaus umgebaut. Der 56 Meter hohe Turm wurde 1450 als erster seiner Art in Österreich erbaut und erhielt 1560 seine Zwiebelhaube. Die Fassade wurde danach noch mehrmals verändert und erhielt erst 1658 ihre heutige Form.
Das letzte Haus, das ich näher betrachte, ist das Helblinghaus. Das Gebäude stammt aus dem 15. Jahrhundert, wurde aber 1730 mit der reich verzierten Rokokofassade versehen und zieht noch dazu durch seine Ecklage die Blicke auf sich.
Ich laufe nun weiter zum Dom zu St. Jakob, der Barockkathedrale von Innsbruck. Zum ersten Mal erwähnt wird eine Kirche an dieser Stelle bereits 1180, doch die älteste erhaltene Ansicht stammt erst aus dem Jahr 1494, als Albrecht Dürer die Kathedrale auf einem seiner Werke verewigte. Der heutige Bau ist allerdings ein Neubau aus den Jahren 1717 bis 1724 und wurde im Stil des Barocks ausgeführt.
Das reich verzierte Kirchenschiff ist beeindruckend und es gibt einige Schätze in der 1964 zum Bischofssitz ernannten Kirche.
Besonders reich verziert ist die 1724 erbaute Kanzel, die von den drei göttlichen Tugenden Glaube (Engel mit Kreuz), Liebe (Engel, der auf das Herz zeigt), Hoffnung (Engel mit Anker) getragen wird.
In einer Seitenkapelle befindet sich das Grabmal von Erzherzog Maximilian III. Deutschmeister, der vierter Sohn von Kaiser Maximilian II. und Tiroler Landesfürst von 1612 bis 1618 war.
Eine zweite Grabplatte erinnert an Erzherzog Eugen, der Oberbefehlshaber der österreichisch-ungarischen Armee im Ersten Weltkrieg war.
Die große Orgel hingegen ist ziemlich neu, denn sie wurde erst 1998 bis 2000 im Gehäuse der Orgel von 1725 erbaut. Zwar wurden auch einige alte Komponenten beim Neubau genutzt, doch im Großen und Ganzen ist die Orgel erst gut zwanzig Jahre alt.
Ich schaue mich nun noch kurz auf dem Domplatz um und laufe dann weiter durch die Badgasse zum Innufer.
Der Inn ist die Lebensader der Stadt und auch ihr Namensgeber. Um 1167 wurde „Inspruk” erstmals erwähnt. Der Name kommt von der Brücke, die Mitte des 12. Jahrhunderts hier über den Fluss gebaut wurde und noch heute im Wappen der Stadt zu sehen ist.
Auf jene Brücke laufe ich nun auch, um einen schönen Blick auf die Altstadt zu haben. Die Brücke selbst ist allerdings nicht mehr sehenswert, denn sie wurde über die Jahrhunderte mehrmals neu gebaut, zuletzt im 20. Jahrhundert als schnöde Betonbrücke ohne jeglichen Charme.
Viel interessanter ist da doch wieder die Ottoburg, die sich direkt am Innufer befindet. Der spätgotische Wohnturm wurde 1476 erstmalig erwähnt, ist aber wohl schon davor erbaut worden. Der spätere Kaiser Maximilian I. verlieh den Turm 1497 an Rudolf von Anhalt aus dem Hause Anhalt-Bernburg, bis heute der einzige adlige Bewohner, der hier bis 1515 lebte. Danach folgten nur noch bürgerliche Besitzer.
So komme ich nun wieder in die Herzog-Friedrich-Straße und kann in der Ferne sogar das Goldene Dachl sehen. Bis dorthin gehe ich aber nicht, denn mein Ziel ist ein anderes.
An der Ecke zur Kiebachgasse steht das Gasthaus Goldener Adler zu dem auch ein heute unter dem Namen Best Western betriebenes Hotel gehört. Wir hatten kurz überlegt, eventuell hier zu übernachten, doch aufgrund des derzeitigen Baulärms sowie der schlechten Parksituation haben wir uns schließlich dagegen entschieden. Aber zurück zum Gebäude, das 1450 nach einem Brand wiederaufgebaut wurde und zu den ältesten Gasthäusern der Stadt gehört, und dessen spätgotische Fresken erst 1957 während einer Renovierung unter anderen Fassadenschichten entdeckt und freigelegt wurden.
Marmortafeln neben dem Eingang listen viele der Persönlichkeiten auf, die hier über die Jahrhunderte ihr Haupt gebettet haben.
Schließlich trete ich aber doch den Rückweg an. Inzwischen bin ich wirklich geschafft und hungrig noch dazu. In der Altstadt finde ich aber nichts, das mich anlacht. Es ist aber auch ziemlich voll in den Lokalitäten, denn heute ist Freitagabend und viele Innsbrucker sind selbst in der Stadt unterwegs.
An einem Haus bleibe ich aber noch stehen, denn die Verzierungen ziehen meinen Blick an. Das Gumpphaus/ Mundinghaus/ Pflaumerhaus war eigentlich als drei einzelne Häuser gebaut worden und wurde erst 1680 zum heutigen Gebäude vereint.
Das Ende meines Stadtrundgangs ist dann wieder dort, wo er begonnen hat, am Beginn der Maria-Theresien-Straße schräg gegenüber des AC Hotels.
Gegessen habe ich aber immer noch nichts und hungrig mag ich nicht aufs Zimmer gehen. Gleich neben dem Hotel befindet sich ein Vapiano und ich beschließe, hier zu essen. Mir passt das eigentlich ganz gut, dass frisch gekocht wird, ich aber trotzdem Selbstbedienung habe. Und da man draußen auch trotz Corona unbehelligt sitzen kann, wähle ich einen Platz auf der Terrasse. Das passt mir ebenfalls, denn es ist ein lauer Sommerabend und richtig schön.
Nun sind es nur noch wenige Meter bis zum Hotel. Von außen ist das schon irgendwie ein richtig hässlicher Bau, der mich irgendwie an DDR Architektur erinnert. Aber das Ganze steht ja wohl sogar unter einer Art Denkmalschutz, weil es eben zum olympischen Dorf gehörte. Na ja, wenn ich im Hotel bin, muss ich das Gebäude ja nicht von außen sehen.
Diese Balkone an den Treppenhäusern sind aber echt cool, das muss ich schon sagen. So komme ich kurz vor Sonnenuntergang wieder hier hinaus und genieße noch ein wenig die Stimmung.
Die Innenstadt und die Nordkette liegen nun bereits im Schatten, denn die Sonne wird hier bereits von den Bergen verdeckt. Einen richtigen Sonnenuntergang gibt es in Innsbruck nicht, aber schön ist es trotzdem. Besonders gut kann ich auf den Landhausplatz hinunterschauen.
Etwas weiter entfernt sind die Türme des Innsbrucker Doms zu sehen, den ich vorhin besucht habe.
Der Triumphpforte kann ich von hier sogar aufs Dach schauen.
Ebenso dem kleinen Brunnen, dessen Design an ein Roulette angelehnt ist, denn im Gebäude nebenan befindet sich die Innsbrucker Spielbank.
Und während die Schatten immer länger werden, beginnen die Bergspitzen im Licht der letzten Sonnenstrahlen zu leuchten.
Ein ganz anderes Bild bietet sich mir auf der Rückseite des Hotels. Hier werden die Sonnenstrahlen noch nicht von der Nordkette blockiert und tauchen diesen Teil von Innsbruck in ein sanftes Abendlicht.
Ganz prominent zu sehen ist von hier der über 2.700 Meter hohe Serles, ein Berg der Stubaier Alpen. Der Sage nach soll der höchste Gipfel ein zur Strafe versteinerter König und die zwei kleineren Gipfel seine Söhne sein. Aufgrund seiner prominenten Lage wird er auch der „Hochaltar von Tirol” genannt.
Der Sonnenuntergang selbst ist dann, wie schon erwartet, recht dürftig. Lediglich ein paar Lichtstrahlen kann ich zwischen den Bergketten über dem Inntal ausmachen. Darunter ist in der Ferne der Flughafen von Innsbruck zu sehen.
Als die Sonne untergegangen ist, wird es dann doch etwas frisch auf meinem Ausguck, sodass ich mich nun auf mein Zimmer zurückziehe. Später komme ich aber noch einmal kurz zurück, denn so ein paar Nachtaufnahmen dürfen es schon noch sein.
Kilometer:
Wetter: sonnig, 10–16 Grad
Hotel: AC Hotel by Marriott