Tag 1: Dienstag, 01. September 2020
Ein holpriger Start – München nach Lindau
„Alles in der Welt ist nur für den da, der Augen hat, es zu sehen.” – Eduard Spranger
Der Tag startet mit einem wirklich tollen Frühstück im Hilton am Flughafen München. Da wegen der Coronamaßnahmen sowohl die Lounge als auch das Restaurant geschlossen sind, kann ich den Room Service kostenlos nutzen und nach Herzenslust bestellen.
Nach dem Frühstück packe ich meine Sachen und verlasse das Hotel. Mit der S‑Bahn fahre ich in die Innenstadt, wo ich einen Mietwagen entgegennehmen will. Die Station von Europcar ist nur wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt. Ich bekomme diesen Opel Crossland. Mehr über die Anmietung habe ich in einem separaten Artikel geschrieben. Nur so viel, ich war mächtig enttäuscht.
Nachdem ich mein Gepäck verladen habe, hole ich noch meine Reisebegleitung C. ab, die schon auf mich wartet. Wir werden den ersten Teil dieser Reise zusammen unterwegs sein. Die Fahrt führt uns nun über die Autobahn zunächst Richtung Westen. Leider ist das Wetter mehr als durchwachsen, sodass wir die ersten geplanten Stopps ersatzlos streichen. Erst bei Katzenhirn verlassen wir die Autobahn, denn diesen Ort wollen wir uns genauer ansehen.
Der Name hat übrigens nichts mit dem Hirn der Stubentiger zu tun. Er bezieht sich eher auf die Geländeform, auf der der Ort liegt und die wie der Kopf einer Katze aussehen soll. Erstmalig erwähnt wurde der Ort Katzenhirn übrigens bereits 1492. Einziges Highlight des Ortes, neben dem doch sehr ungewöhnlichen Namen, ist die St. Martin Kapelle, die vermutlich im 18. Jahrhundert erbaut wurde.
Die Kapelle ist zwar verschlossen, doch durch ein Guckloch können wir einen Blick nach innen werfen. Die recht schlichte Ausstattung wurde über die Jahrhunderte zusammengetragen und immer wieder verändert.
Im kleinen Vorbau der Kirche sind in einem Schaukasten einige historische Fotografien aus Katzenhirn ausgestellt.
Neben der Kirche entdecken wir auf einem Grundstück noch dieses verwunschene Hexenhäuschen.
Dann geht es für uns wieder weiter, doch so langsam macht sich der Hunger bemerkbar, denn die Mittagszeit ist längst rum. Da wir nicht länger halten wollen, tut es heute auch der Drive. Bei Essen im Auto bekommen wir dann unerwarteten Besuch direkt am Autofenster.
Einen weiteren Stopp legen wir am Schloss Zeil im Allgäu ein, wo wir Glück haben, denn genau als wir ankommen, hört es endlich auf zu regnen. Ich parke das Auto und wir beschließen einen kleinen Rundgang zu machen.
Durch das seitliche Tor gelangen wir in den Schlosspark. Hier sind zwar noch die Spuren des Regens zu sehen, doch es zeigt sich auch etwas zaghaftes Blau am Himmel.
Schloss Zeil ist eine vierflügelige Anlage, die zwischen 1599 und 1614 errichtet wurde. Gesiedelt wird auf diesem Gebiet einer eiszeitlichen Endmoräne allerdings schon seit der Hallstattzeit zwischen 800 und 400 v. Chr. und bereits im Mittelalter stand hier eine erste Burg derer von Waldburg aus einem alten schwäbischen Adelsgeschlecht. Auch heute noch wird das Schloss von Nachfahren dieser Familie bewohnt. Derzeitiges Familienoberhaupt ist Erich Fürst von Waldburg zu Zeil und Trauchburg.
Bevor wir uns dem Garten zuwenden, gehen wir durch das nördliche Tor in den Innenhof des Schlosses. Schon im Tordurchgang gibt es einiges zu entdecken.
So bietet eine gläserne Tür einen kleinen Einblick in die Eingangshalle des Schlosses, das sonst für Besucher nicht geöffnet ist. Hier zu sehen sind Schlitten, die von früheren Schlossbewohnern genutzt wurden.
Die Decke wird hingegen von einem stattlichen Wappen geziert, das die Gäste des Hauses gleich wissen lässt, wer hier das Sagen hat.
Ein weiteres Tor führt nun in den Innenhof des Schlosses, dessen Mitte von einem stattlichen Brunnen geziert wird. Der Marienbrunnen ist jedoch neueren Datums und wurde erst 1982 bis 1989 vom Bildhauer und Maler Maximilian Rueß geschaffen.
Der Brunnen, der aus Bronze und Marmor besteht, wurde von Georg zu Waldburg zu Zeil und Trauchburg in Auftrag gegeben und hat das Thema „Maria Beschützerin der fürstlichen Familie und der Landschaft“. In der Mitte befindet sich ein Lebensbaum, der in einer Wasserschale steht und von einer Madonna im Rosenstrauch gekrönt ist.
In seinem Werk verbindet der Künstler die christlichen Themen aber auch mit der Geschichte des Adelshauses, deren sieben wichtigste Vertreter auf drei Achsen dargestellt werden. Auf der vierten Achse ist hingegen eine Falknerin zu sehen, die die Frauen des Hauses Waldburg symbolisiert.
Der Rand des Brunnens ist mit verschiedenen Tierfiguren versehen, die die Verbundenheit der Familie Waldburg mit der Natur symbolisieren sollen.
Wir verlassen den Innenhof durch das obere Schlosstor, das uns in den unteren Hof bringt. Hier können wir zunächst die reich verzierte Südseite des Schlosses bestaunen.
Der untere Hof ist aber nicht nur Vorhof zum Schloss, sondern auch Wirtschaftshof. So gibt es hier sogar eine private Tankstelle.
Links von uns befindet sich das Schlosstor, das von außen in den unteren Hof führt und ebenfalls reich verziert ist.
Die Tordurchfahrt ist jedoch nicht nur zur Hofseite verziert. Sogar einen Wachposten gibt es an der rechten Hauswand, der jeden willkommen heißt, solange er nicht seine Flinte senkt.
Nach unserem kleinen Rundgang um das Schlossgebäude sind wir schließlich zurück im Garten, der lange Zeit eine Barockanlage war und erst in den 1930er Jahren wieder sein ursprüngliches Aussehen im Stil der Renaissance erhielt.
Mittelpunkt der Anlage ist der Fischbrunnen, von dem die Wege durch den Garten in alle vier Himmelsrichtungen abgehen. Hier zu sehen ist auch die ehemalige Orangerie, die heute ein Wohngebäude ist.
Geht man nun vom Fischbrunnen nach links, wird der Blick auf die große Aussichtsterrasse frei, die einen wunderschönen Blick auf die Landschaft freigibt. Nun ja, zumindest bei schönem Wetter. Von der versprochenen Sicht auf Zugspitze und Säntis am Bodensee ist heute leider nichts zu sehen. Dafür können wir aber am Waldrand unter uns einige Hirsche entdecken. Auch nicht schlecht.
Wir begeben uns nun zum Ausgang des Schlossgartens, den wir durch ein weiteres Tor verlassen.
Hier stehen wir direkt vor der Pfarrkirche St. Maria, die im Auftrag von Truchsess Froben von Waldburg-Zeil im Jahr 1612 fertiggestellt wurde. Im Untergeschoss der Kirche gibt es eine Familiengruft, die seit dem Bau des Gotteshauses besteht, während die Ausstattung des Kirchenschiffs über die Jahrhunderte immer wieder verändert wurde.
Gegenüber der Kirche ist noch das Gebäude der alten Hofapotheke erhalten, das heute als Wohnhaus genutzt wird.
Nun sind es nur noch rund fünfzig Kilometer bis nach Lindau am Bodensee, unserem ersten Etappenziel. Hier haben wir für heute Nacht das Best Western Plus Marina Star Hotel gebucht. Das Hotel liegt etwas außerhalb und macht von außen nicht viel her, bietet aber kostenlose Parkplätze.
Innen überrascht es dafür umso mehr mit viel Holz und moderner Ausstattung. Da C. bei Best Western einen Diamond Status hat, bekommen wir für beide Zimmer ein Upgrade auf eine Suite. So fängt die Reise doch super an.
Nachdem wir unsere Suiten bezogen haben, beschließen wir, noch kurz in die Lindauer Altstadt zu fahren. Diese liegt auf einer Insel im Bodensee, die durch eine Brücke erreichbar ist. Meist muss man das Auto gleich am Brückenkopf auf einem großen Parkplatz stehen lassen, doch heute Abend haben wir Glück und finden direkt am Hafen einen Parkplatz. Für die Besichtigung der gesamten Altstadt ist keine Zeit mehr und so beschließen wir, hier am Hafen zu bleiben.
Dabei kommen wir am Mangturm vorbei, einem der ältesten Leuchttürme am Bodensee. Der fünfstöckige Turm ist zwanzig Meter hoch und hat eine quadratische Form. Zwischen 1180 und 1856 war der Turm in Betrieb und gleichzeitig der Endpunkt der Stadtmauer.
Eines der berühmtesten Motive der Stadt ist aber wohl die Hafeneinfahrt. Noch heute erreichen so die Bodenseeschiffe aus dem österreichischen Bregenz, dem Schweizer Rorschach oder dem deutschen Friedrichshafen die Stadt. Begrenzt wird sie vom 1856 erbauten Leuchtturm auf der Westseite und dem bayrischen Löwen auf der Ostseite.
Der sechs Meter hohe Löwe sitzt auf seine Vorderpfoten gestützt und blickt zum Schweizer Ufer. Johann von Halbig erschuf die siebzig Tonnen schwere Skulptur aus Kelheimer Marmor im Jahr 1856.
Zum Abendessen fahren wir zu einem kleinen chinesischen Restaurant, wo wir uns zwei Gerichte zum Mitnehmen kaufen und dann zusammen in einer unserer Suiten essen.
Kilometer: 190
Wetter: überwiegend bedeckt mit Schauern, 13–17 Grad
Hotel: Best Western Plus Marina Star Hotel