Tag 10: Donnerstag, 10. September 2020
Endspurt – Salzburg nach München, Teil 1
„Wer lebt, sieht viel. Wer reist, sieht mehr.” – Arabisches Sprichwort
Die Sonne lacht auch heute wieder, auch wenn sich ein paar kleine Wolken zeigen, und es ist angenehm warm. So mache ich mich nach dem Frühstück zu einer weiteren Runde durch Salzburg auf. Zuerst geht es wieder durch die Getreidegasse, die am Morgen noch recht ruhig daliegt.
Wie schon gestern, überquere ich den Alten Markt und anschließend den Residenzplatz, die beide wunderschön im Morgenlicht leuchten.
Mein Ziel ist die Festungsgasse, an der sich der untere Halt der Festungsbahn befindet, die zur Festung Hohensalzburg hinaufführt. Ich hoffe, dass hier am frühen Morgen noch nicht so viel los ist und mein Plan geht auf, ich bekomme sofort ein Ticket und kann bereits mit der nächsten Bahn mitfahren.
Die Festungsbahn ist eine Standseilbahn, die ab 1892 erbaut wurde. Damals befand sich auf der Festung eine Kaserne und man wollte so einen bequemeren Transport von Personen und Gütern gewährleisten, auch wenn es bereits einen Aufzug auf den Felsen gab. Zuerst wurde die Bahn mit einem Wasserantrieb betrieben und musste deshalb im Winter pausieren. Die gesamte Anlage wurde jedoch 1959 abgerissen und 1960 durch eine elektrische Anlage ersetzt. Die heutigen Wagen stammen allerdings aus dem Jahr 2011 und sind bereits die dritte Generation, die auf der Strecke seit dem Neubau eingesetzt werden.
Knapp zweihundert Meter ist die Strecke lang und überwindet dabei 96,6 Höhenmeter bei einer durchschnittlichen Steigung von sechzig Prozent. In einem Wagen haben bis zu 55 Personen Platz und die durchschnittliche Fahrzeit beträgt etwas weniger als eine Minute. So können knapp 1900 Personen in der Stunde auf den Berg transportiert werden. So viele Menschen sind aber heute bei weitem nicht unterwegs, denn allein wegen der Coronaregeln darf die Bahn nicht voll besetzt fahren.
Die Bergstation befindet sich dann direkt an der Festung Hohensalzburg, die heute das Wahrzeichen der Stadt ist und mit ihren über 7000 Quadratmetern bebauter Fläche als größte Burganlage Europas gilt. Außerdem ist sie die größte vollständig erhaltene Burg Mitteleuropas und mit über einer Million Besuchern im Jahr die größte Attraktion in Österreich außerhalb von Wien.
Gleich wenige Meter nach dem Verlassen der Station habe ich von hier oben einen fantastischen Blick über Salzburg und kann inzwischen auch viele Orte ausmachen, die ich gestern besucht habe.
Sogar die Rückseite meines Hotels kann ich entdecken und die Fenster, die zu meiner Juniorsuite gehören.
Zwischen den Bäumen des benachbarten Möchsberges entdecke ich den Roten Turm, der zum Freyschlössl gehört. Die Befestigungsanlage wurde vermutlich bereits im 13. Jahrhundert erbaut und diente zur Verteidigung. Lange wurde festgestellt, dass sich der Turm seit Menschengedenken im Besitz eines Klosters befindet, doch das änderte sich im 19. Jahrhundert. Da die Erträge aus der hier eingerichteten Meierei gering waren, wurde das Gebäude 1821 verkauft und wechselte anschließend mehrmals den Besitzer. Schließlich wurde der Turm 1862 von Carl von Frey erworben, der den Bau renovieren und neugotischen Stil ausbauen ließ. Bis 2009 wohnten noch Nachfahren der Familie im Haus, das inzwischen in einem desolaten Zustand war und dann von Matthias Kaindl aufgekauft wurde, der inzwischen eine weitere Renovierung gestartet hat.
Von der Festung zu sehen sind aber auch die Berge und das Schloss Mirabell am anderen Ufer der Salzach.
Die Festung Hohensalzburg geht auf das Jahr 1077 zurück, als der damalige Bischof Gebhard einen ersten Wohnturm errichten ließ, der noch heute im Gesamtbauwerk integriert ist. Die heutigen Grenzen erhielt die Anlage durch ihren Ausbau vom 12. bis 14. Jahrhundert. Meterdicke Mauern schützten seither die Anlage und nach Süden wurde eine riesige Bastei errichtet. Die Festung wurde über die Jahrhunderte immer weiter ausgebaut und im August 1525 kam es durch eine Belagerung von Bauern zur größten Auseinandersetzung in der knapp 900-jährigen Geschichte der Burg. Aber auch damals blieb die Festung uneinnehmbar.
Eingenommen wurde die Festung trotzdem, und zwar durch die Franzosen in den Napoleonischen Kriegen. Doch übergab man die Festung freiwillig und sie wurde so vor der Schleifung bewahrt, ein Schicksal, das viele Festungen wie den Grazer Schlossberg ereilte. Mitte des 19. Jahrhunderts kam es zu einer umfassenden Renovierung, denn die Burganlage hatte an Bedeutung verloren und war immer mehr verwahrlost. Kaiser Franz Joseph I. gab Hohensalzburg 1861 als Festung auf, nutzte die Anlage aber weiter als Kaserne. Heute wird die Burg ausschließlich touristisch genutzt und gehört seit 2016 dem Land Salzburg.
Zum Eintrittspreis gehört auch die Besichtigung der Innenräume. Im ersten Saal ist ein Modell der Burganlage zu sehen, das die Ausmaße des Baus so richtig erkennen lässt.
Die Fürstenzimmer sind dabei die prunkvollsten Räume der Anlage. Das spätgotische Ensemble wurde um 1501 von Erzbischof Leonhard von Keutschach in Auftrag gegeben. Insgesamt drei Räume umfassen die reich verzierten Fürstenzimmer, die die Jahrhunderte in erstaunlich gutem Zustand überstanden haben.
In weiteren Räumen wird die Geschichte der Festung museal aufbereitet und es sind Ausstellungen zum täglichen Leben, zu Rüstungen und Soldaten sowie zu den Auseinandersetzungen, in die die Festung verwickelt war, zu sehen.
Nach der Besichtigung der Innenräume gelange ich in den großen Burghof, der von allen Seiten von hohen Gebäuden umschlossen wird, darunter die Kirche und das Zeughaus der Festung.
Die St. Georgskirche (hier rechts im Bild) wurde 1501 von Fürsterzbischof Leonard von Keutschach in Auftrag gegeben. Sie ersetzte eine frühere Kapelle. An der Außenmauer wird ihrem Erbauer durch ein Relief gedacht.
Ich kann auch einen Blick in die Kirche werfen, deren Seitenwände mit dreizehn Reliefplatten aus Adneter Marmor verkleidet sind, die wahrscheinlich aus der Bauzeit der Kirche stammen. Der heutige Hauptaltar wurde hingegen erst Ende des 18. Jahrhunderts geschaffen, das Altarbild stammt aber bereits von 1672 und zeigt den heiligen Georg als Drachentöter. Auch die Seitenaltäre wurden erst im 18. Jahrhundert hinzugefügt.
Sie St. Georgskirche verfügte ursprünglich über ein steiles Ziegeldach, wurde jedoch im 18. Jahrhundert aufgestockt und erhielt so ihre heutige Form.
Am Durchgang zur Festungsbahn befindet sich schließlich noch das Marionettenmuseum, dem ich nun noch einen Besuch abstatte. Viele der Marionetten, die hier gezeigt werden, wurden einst im berühmten Salzburger Marionettentheater genutzt. Doch nicht nur die Figuren sind ausgestellt, oft sind ganze Bühnenbilder zu sehen.
Eines der Bühnenbilder kommt mir auf Anhieb bekannt vor, denn es zeigt das römische Theater der Wasserspiele aus dem Schloss Hellbrunn.
Ein anderes Bühnenbild thematisiert den Bauernaufstand im Jahr 1525 und die daraus resultierende Belagerung der Festung.
Auch Mozart kommt natürlich nicht zu kurz und es sind nicht nur Puppen aus seiner bekannten Oper „Die Zauberflöte” zu sehen, sondern auch Bühnenbilder, die sich dem Leben des Komponisten widmen.
Zum Schluss geht es für die Besucher noch in die Liebesgrotte. Das bringt aber nur was, wenn man jemanden zum Küssen dabei hat und da herrscht bei mir leider momentan etwas Mangelware. 😉
Nach meiner umfassenden Besichtigung verlasse ich die Festung auch wieder mit der Festungsbahn. Man könnte auch laufen, doch dafür fehlt mir heute die Zeit, denn ich will mich lieber noch ein wenig in der Stadt umsehen. Von der Talstation gelange ich auf den Kapitelplatz, der sich südlich des Doms befindet. Hier steht die Sphaera, einige große goldene Kugel, auf der ein Mann steht. Sie wurde 2007 anlässlich des „Kunstprojekts Salzburg” geschaffen.
Inzwischen ist es Mittag und ich entschließe mich zu einer kurzen Verschnaufpause auf meinem Zimmer, bevor ich zu weiteren Entdeckungen aufbreche. Doch davon erzähle ich erst im nächsten Kapitel.