Past and Present – Rundreise durch Westböhmen

Tag 2: Mitt­woch, 29.07.2020
Spu­ren der Ver­gan­gen­heit – Brüx nach Karlsbad

„Eine Rei­se ist ein Trunk aus der Quel­le des Lebens.” – Fried­rich Hebbel

Wäh­rend es gestern noch ziem­lich wol­kig war, ist heu­te end­lich das Wet­ter, das die Wet­ter­frö­sche ver­spro­chen haben – die Son­ne lacht vom strah­lend blau­en Him­mel. Nach dem Früh­stück im Hotel machen wir uns so auf einen klei­nen Rund­gang durch das Zen­trum des heu­ti­gen Brüx auf.

Als Erstes fällt mir das Hotel Cas­ca­des ins Auge, das eben­falls als Über­nach­tungs­ort in der Aus­wahl war. Das Hotel war einst die beste Unter­kunft der Stadt und wur­de im Zuge des Stadt­neu­baus errich­tet. Heu­te scheint der Glanz aller­dings ziem­lich abge­blät­tert und nach dem Stu­di­um eini­ger Rezen­sio­nen habe ich mich für das Hotel Kapi­tol entschieden.

Wei­ter geht es zum heu­ti­gen Markt­platz, der aller­dings nichts mit denen der alten Stadt gemein hat. Brüx hat­te näm­lich nicht nur einen, son­dern gleich drei Markt­plät­ze (I. Platz, II. Platz und III. Platz genannt) und war damit Städ­te­bau­lich etwas Beson­de­res. Der moder­ne Markt­platz ist durch Wohn­häu­ser, einen Ver­an­stal­tungs­ort sowie das Rat­haus begrenzt.

Auf dem Platz jedoch sind eini­ge histo­ri­sche Stücke zu fin­den, die zuvor in der alten Stadt stan­den und vor dem Abriss geret­tet wur­den. Dazu gehört die 1681 von Peter von Tos­ca­na errich­te­te Pest­säu­le, die von der Hei­li­gen Anna gekrönt wird. Umge­ben ist sie von den Pest­hei­li­gen, der hl. Rosa­lie von Paler­mo, der hl. Agnes von Rom, des hl. Seba­sti­an und des hl. Rochus. Ursprüng­lich stand die Säu­le auf dem I. Platz in Brüx und erin­ner­te an den Aus­bruch der Pest im Jahr 1680.

Gleich dahin­ter steht ein Brun­nen mit dem böh­mi­schen Löwen, der eben­falls vom I. Platz hier­her gebracht wurde.

Genau­so wie das alte Stadt­wap­pen, das vor dem Ein­gang zum neu­en Rat­haus auf­ge­stellt wurde.

An der Ost­sei­te des Rat­hau­ses sind vier Stein­fi­gu­ren zu fin­den, die 1715 geschaf­fen wur­den und die vier Ele­men­te Was­ser, Erde, Luft und Feu­er sym­bo­li­sie­ren. Sie stan­den einst auf dem Sims des alten Renaissance-Rathauses.

Auch wenn der heu­ti­ge Markt­platz mit viel Lie­be gestal­tet wur­de und so bestimmt zu Ost­zei­ten nicht aus­ge­se­hen hat, so stimmt es mich doch schon etwas trau­rig, dass ich die alte Stadt nicht mehr so sehen kann, wie sie mei­ne Vor­fah­ren erlebt haben. So rich­tig kann ich es immer noch nicht fas­sen, wie man eine kom­plet­te histo­ri­sche Stadt ein­fach abrei­ßen kann. Aber das soll nicht der ein­zi­ge Ort sein, der mich doch etwas Sprach­los zurück­lässt. Manch­mal ist es schon ver­wun­der­lich, was im Kom­mu­nis­mus so alles mög­lich war.

Nach dem klei­nen mor­gend­li­chen Rund­gang gehen wir zurück zum Hotel und laden unse­re Sachen ins Auto. Noch haben wir aber ein paar Zie­le vor uns, bevor es wei­ter geht. Einen Ort, den mei­ne Mut­ti mir unbe­dingt zei­gen woll­te, ist das Haus mei­ner Groß­el­tern. Schon im Vor­feld der Rei­se habe ich lan­ge recher­chiert, denn mei­ne Mut­ter kann­te nur die deut­schen Stra­ßen­na­men und die exi­stie­ren natür­lich schon lan­ge nicht mehr. Aber im Inter­net fin­det man doch so eini­ges und so hat­te ich die Adres­se schon bereit und habe das Haus recht zügig gefunden.

Die­ser Stra­ßen­zug war in den 1930er Jah­ren das Neu­bau­vier­tel der Stadt. Heu­te sind die­se Häu­ser eini­ge der letz­ten Vor­kriegs­bau­ten, die noch erhal­ten sind. Wenn man bedenkt, dass fast die gan­ze Stadt abge­ris­sen wur­de, dann ist es aber schon erstaun­lich, dass genau die­ser Stra­ßen­zug nicht nur den Krieg, son­dern auch noch den Kom­mu­nis­mus über­lebt hat.

Vom Ende der Stra­ße habe ich dann wie­der einen schö­nen Blick auf die Burg Lan­des­war­te und den Schloss­berg. Im zu Füßen befand sich das soge­nann­te Press­feld, ein Stadt­teil, der sehr stark bom­bar­diert wur­de und von dem des­halb heu­te so gut wie nichts mehr erhal­ten ist. Inzwi­schen ste­hen hier auch neue­re Gebäude.

Noch erhal­ten ist aller­dings ein klei­ner Teil des Vil­len­vier­tels direkt am Hang. Hier wohn­ten die wohl­ha­bend­sten Bür­ger der Stadt. Davon zeu­gen auch noch eini­ge der Villen.

Die Stra­ße hier ist aber noch wegen etwas ande­rem bekannt – dem Kreuz­weg. Einst führ­te er von der Stadt hier hin­auf und in vier­zehn klei­nen Kapel­len waren Sta­tu­en auf­ge­stellt. Die­se sind schon lan­ge zer­stört, doch zehn der Kapel­len gibt es noch. Vier sind dem Bau der Schnell­stra­ße, die heu­te den Berg von der ehe­ma­li­gen Alt­stadt trennt, zum Opfer gefal­len. In den letz­ten Jah­ren wur­den die Kapel­len reno­viert, damit sie für die Nach­welt erhal­ten bleiben.

Da das Wet­ter so schön ist, beschlie­ßen wir, noch ein­mal zur Deka­nats­kir­che zu fah­ren. Frü­he hät­te man dazu ein­fach der Stra­ße wei­ter fol­gen müs­sen. Heu­te aber muss ich einen Umweg machen, denn Bahn­glei­se und die Schnell­stra­ße ver­sper­ren den Weg.

Jetzt am Vor­mit­tag habe ich völ­lig ande­res Licht und auch der blaue Him­mel trägt dazu bei, dass die Außen­be­rei­che viel bes­ser aus­ge­leuch­tet sind. So machen wir noch eine klei­ne Ent­deckungs­tour rund um die Kir­che. Start­punkt ist für uns die Skulp­tu­ren­grup­pe des hei­li­gen Nepo­muk mit den Sta­tu­en des hei­li­gen Bor­ro­mä­us und der hei­li­gen Eli­sa­beth, die ursprüng­lich am See­tor im alten Brüx stand.

Wei­ter geht es zum Por­tal der Wen­zels­kir­che, die einst am Wen­zels­platz stand und von der nur die­se Stei­ne übrig geblie­ben sind.

Eben­falls zu sehen sind die Figu­ren des hei­li­gen Fran­zis­kus und der sie­ben Tugen­den, die 1770 von Karl Waitz­mann, einem öster­rei­chi­schen Bild­hau­er, geschaf­fen wur­den. Sie stan­den ursprüng­lich im Mino­ri­ten­klo­ster am II. Platz im alten Brüx.

Eben­falls erhal­ten geblie­ben sind die 1681 errich­te­te Pest­säu­le aus Kom­mern bei Brüx (links im Bild) sowie eine wei­te­re Nepo­muk­säu­le mit den Lan­des­pa­tro­nen hei­li­ger Wen­zel und hei­li­ger Adal­bert von Johann Adam Dietz, die frü­her auf dem II. Platz stand.

Gegen­über der Kir­che gibt es einen klei­nen Teich, von des­sen Ufer ich noch einen schö­nen Blick auf den Schloss­berg habe.

Zu erken­nen sind auch eini­ge der Vil­len, die wir zuvor besucht haben, sowie das Muse­um von Brüx, das einst das Gym­na­si­um der Stadt war.

Zum alten Gym­na­si­um fah­re ich dann noch ein­mal, doch machen wir nur ein Foto. Spä­ter lesen ich, dass im Hof auch noch Sta­tu­en aus der alten Stadt ste­hen, doch gese­hen habe ich sie nicht.

Auf Wunsch mei­ner Mut­ti machen wir noch einen wei­te­ren Stopp am Fried­hof. Sie erin­nert sich noch an das impo­san­te Kre­ma­to­ri­um und möch­te gern sehen, ob es noch immer exi­stiert. Errich­tet wur­de das Gebäu­de 1923 bis 1924 von Anton Swi­til nach dem Ent­wurf des Wie­ner Archi­tek­ten August Kir­stein. Inzwi­schen ist das ehe­ma­li­ge Kre­ma­to­ri­um aller­dings ein Ehren­mal für die Opfer des Zwei­ten Welt­krie­ges. Nor­ma­ler­wei­se kann man es auch von innen besich­ti­gen, doch ein Zet­tel an der Tür besagt, dass heu­te lei­der geschlos­sen ist.

So schau­en wir uns noch ein wenig auf dem Fried­hof um und ent­decken eini­ge spe­zi­el­le Grä­ber. Was mir auch auf­fällt, vie­len Urnen sind hier nicht im Erd­reich ver­senkt, son­dern hin­ter einer Schei­be neben dem Grab­stein zusehen.

Nun wird es aber Zeit, Brüx zu ver­las­sen, denn wir haben noch ein ganz schö­nes Stück Fahrt vor uns. Von Nord­böh­men soll es heu­te noch nach West­böh­men gehen, in das Herz des tsche­chi­schen Bäder­drei­ecks. Doch natür­lich fah­ren wir die Strecke nicht in einem Rutsch, denn dazu gibt es unter­wegs viel zu viel zu sehen.

Unser erste Stopp ist in Duchov, das einst Dux hieß. Das Städt­chen ver­fügt über einen hüb­schen Markt­platz, an dem ich unser Auto parke.

Dux (Duch­cov) wur­de bereits 1240 zum ersten Mal erwähnt und durch­leb­te eine wech­sel­vol­le Geschich­te, in der die klei­ne Stadt mehr­mals zer­stört wur­de. An ver­hee­ren­de Krank­hei­ten erin­nert hin­ge­gen die Pest­säu­le auf dem Marktplatz.

Eben­falls am Markt­platz steht die Kir­che Maria Ver­kün­dung, die um 1722 durch Johann Josef von Wald­stein ent­spre­chend der letzt­wil­li­gen Anord­nung des Erz­bi­schofs Johann Fried­rich von Wald­stein errich­tet wurde.

Die größ­te Sehens­wür­dig­keit der Stadt aber ist das Schloss Dux, das ursprüng­lich 1570 auf den Grund­ris­sen einer alten Burg erbaut wur­de. Zwi­schen 1675 und 1685 baut es die Gra­fen Wald­stein im Barock­stil um, nach­dem sie das Gebäu­de gekauft hatten.

Das Schloss beher­berg­te vie­le berühm­te Besu­cher. So tra­fen sich hier 1813 der rus­si­sche Zar Alex­an­der I:, der preu­ßi­sche Kai­ser Fried­rich Wil­helm III. und Kai­ser Franz I. von Öster­reich zu poli­ti­schen Gesprä­chen. Ande­re Besu­cher, die eine enge Bezie­hung zum Schloss hat­ten, waren Johann Wolf­gang von Goe­the, Fried­rich Schil­ler, Fre­de­ric Cho­pin oder Lud­wig van Beet­ho­ven, der hier 1812 sein als „Waldstein-​Sonate” bekann­te Kla­vier­stück dem Gra­fen widmete.

Ein Zim­mer im Schloss wur­de aber all die­sen Besu­chern nie gewid­met. Die­se Ehre wur­de nur Gia­co­mo Casa­no­va zuteil, der die letz­ten drei­zehn Jah­re sei­nes Lebens hier als Biblio­the­kar ver­brach­te und 1798 in Dux ver­starb. Der Ort sei­nes Gra­bes ist aller­dings in Ver­ges­sen­heit gera­ten und bis heu­te nicht wie­der­ent­deckt worden.

Eigent­lich hat­te ich vor, das Schloss auch von innen zu besich­ti­gen, doch das ist hier nur mit Füh­rung mög­lich (wie lei­der in so ziem­lich allen Schlös­sern in Tsche­chi­en). Die näch­ste Füh­rung soll aber erst in über einer Stun­de begin­nen und so lan­ge kön­nen und wol­len wir dann doch nicht war­ten, vor allem wenn man bedenkt, dass die Füh­rung selbst dann auch noch­mals rund eine Stun­de dauert.

So wer­fen wir nur noch einen kur­zen Blick in den Schloss­park, der noch auf die Neu­ge­stal­tung war­tet. Eben­so wie die Gar­ten­sei­te des Schlos­ses. Man sieht hier deut­lich, dass vie­le histo­ri­sche Gebäu­de wäh­rend des Kom­mu­nis­mus ein­fach ver­nach­läs­sigt wur­den, wie ich es auch von zu Hau­se ken­ne. Erst seit­dem Tsche­chi­en in der EU ist, wird vie­len alten Gebäu­den nach und nach neu­es Leben eingehaucht.

Wei­ter geht die Fahrt in Rich­tung Westen. Kurz vor der Indu­strie­stadt Komo­tau machen wir noch einen kur­zen Foto­stopp am Schloss Rothen­haus, das heu­te ein Hotel ist.

Lan­ge hal­ten wir uns aber nicht auf und fah­ren, nach einer kur­zen Mit­tags­pau­se, statt­des­sen wei­ter zur Burg­rui­ne Has­sen­stein. Die Burg wur­de bereits um 1320 errich­tet, um die Han­dels­stra­ße zwi­schen Zwickau und Kaa­den sowie das König­reich Böh­men zu schüt­zen. Nach 1600 wur­de sie jedoch bereits ver­las­sen und ver­fiel. Erst 1891 führ­te ein neu­er Besit­zer, die Indu­stri­el­len­fa­mi­lie Karsch erste Sanie­rungs­ar­bei­ten zur Erhal­tung der Burg durch.

Im Vor­hof erin­nert seit 1910 eine Pla­ket­te an der Besuch von Johann Wolf­gang von Goe­the. Der deut­sche Dich­ter kam 1810, wäh­rend eines Besuchs auf dem Schloss Eisen­berg, hier­her und zeich­ne­te die Rui­ne. Im Jahr 1831 erin­ner­te er sich in sei­nem Tage­buch noch­mals an den Aufenthalt.

Heu­te ist die Rui­ne wie­der in Pri­vat­hand und kann besich­tigt wer­den. Das ist aber teil­wei­se ziem­lich anstren­gend, denn der Unter­grund ist uneben und die Trep­pen schmal und steil. Gelän­der sind auch nur teil­wei­se vor­han­den, sodass ich den Innen­teil allein besichtige.

Einen letz­ten Stopp machen wir schließ­lich noch in Schlacken­werth, das heu­te Ost­rov heißt. Das gleich­na­mi­ge Schloss im Zen­trum wur­de sehr schön restau­riert und beher­bergt heu­te die Stadt­ver­wal­tung. Zu sei­ner heu­ti­gen barocken Form wur­de das Schloss aller­dings erst nach einem Brand im Jahr 1691 umge­baut. Zuvor gab es bereits ab 1207 eini­ge Vorgängerbauten.

Bei der Sanie­rung im Jahr 2015 wur­de der Innen­hof mit einem Glas­dach ver­se­hen und kann so nun als Ausstellungs- und Ver­an­stal­tungs­raum genutzt werden. 

Bei mei­nem Besuch war hier eine Aus­stel­lung von Por­zel­lan aus einer ehe­ma­li­gen Fabrik in Schlacken­werth zu sehen. Die Por­zel­lan­fa­brik Pfeif­fer & Löwen­stein wur­de 1873 gegrün­det, da der Bedarf nach indu­stri­ell her­ge­stell­tem Por­zel­lan immer mehr anstieg. In den 1920er Jah­ren hat­te die Fabrik rund 300 Ange­stell­te. Erst im Jahr 1948 wur­de der Betrieb ein­ge­stellt, nach­dem die Fabrik drei Jah­re zuvor ent­eig­net und ver­staat­licht wurde.

Die Aus­stel­lung im Innen­hof des Schlos­ses zeigt Por­zel­lan aus der Fabrik, das für die­se Aus­stel­lung extra wie­der zusam­men­ge­tra­gen wur­de. Eine beglei­ten­de Bil­der­aus­stel­lung erzählt die Geschich­te des Betriebes.

Im Durch­gang zum hin­te­ren Gebäu­de ste­hen eini­ge alte Alli­anz­wap­pen, die einst von den Mark­gra­fen in Auf­trag gege­ben wur­den und Gebäu­de oder Tore schmückten.

Neben dem Schloss befin­det sich der Zugang zum Schloss­park, der heu­te ein öffent­li­cher Park im Stil eines eng­li­schen Land­schafts­gar­tens ist. Hier ist noch eines der Wap­pen an sei­nem ursprüng­li­chen Ort.

Im Park befin­det sich das Prin­zen­pa­lais, das auch unter dem Namen „Wei­ßes Schloss” bekannt ist. Es wur­de 1673 bis 1679 als Lust­schloss errich­tet und wird beson­ders wegen sei­ner rei­chen Innen­aus­stat­tung geschätzt. Heu­te befin­det sich im Gebäu­de eine Kunst­ga­le­rie, die gegen Ein­tritt besucht wer­den kann.

Von hier machen wir nun einen gro­ßen Bogen durch den Schloss­park, der uns schließ­lich wie­der zurück zum Schloss Schlacken­werth führt.

Am Nach­mit­tag errei­chen wir schließ­lich Karls­bad, wo wir zuerst zum Grand­ho­tel Pupp fah­ren, das ich für die näch­ste Nacht reser­viert habe. Das Grand­ho­tel Pupp ist das Luxus­ho­tel in Karls­bad und das wohl bekann­te­ste Hotel der Stadt. Hier über­nach­ten die Stars und Stern­chen, wenn sie in der Stadt sind und das Hotel ist seit über 200 Jah­ren die erste Adres­se des Kur­ba­des. Das Grand­ho­tel Pupp befin­det sich am süd­li­chen Ende des Karls­ba­der Kur­be­zirks. Auf dem Grund­stück wur­de erst­ma­lig 1701 auf Anre­gung des säch­si­schen Herr­schers August des Star­ken ein Ver­gnü­gungs­eta­blis­se­ment gebaut, das den Namen Säch­si­scher Saal trug. Nur weni­ge Jah­re spä­ter, im Jahr 1728, kam dane­ben der Böh­mi­sche Saal hinzu. 

Im Jahr 1760 kam der Kon­di­tor Johann Georg Pupp nach Karls­bad, wo er zunächst für den Kon­di­tor Mit­ter­bach arbei­te­te und 1775 des­sen Toch­ter Fran­zis­ka hei­ra­te­te. Kur­ze Zeit spä­ter wur­de er allei­ni­ger Eigen­tü­mer der bei­den Säle und bau­te dazu einen klei­nen Gast­hof. Die bei­den Säle wur­den aller­dings 1892 abge­ris­sen, um das neue Hotel zu bau­en. Der alte Gast­hof wur­de in das Gebäu­de inte­griert. Zwi­schen 1896 und 1907 wur­de die neu­en Gebäu­de im neo­ba­rocken Stil gebaut und erwei­tert. Durch den dama­li­gen Eigen­tü­mer Juli­us Pupp erlang­te das Hotel danach Weltruhm.

Das Hotel besteht aus zwei Gebäu­den, in denen sich 228 Zim­mer befin­den. Der älte­re Bau ist das Parks­ide, in dem die klei­ne­ren Zim­mer der gün­sti­ge­ren Kate­go­rien zu fin­den sind. Wir aber haben ein Zim­mer im Hauptgebäude.

Nach dem Check-​in bre­chen wir zu einem ersten Rund­gang durch das Kur­vier­tel auf, das die Haupt­at­trak­ti­on der Stadt ist. Gan­ze neun­zig Ther­mal­quel­len gibt es in der Gegend, von denen neun­zehn als heil­wirk­sam aus­ge­wie­sen sind. Und die berühm­te­sten sind direkt an der Kur­pro­me­na­de zu finden.

Den Ort Karls­bad gibt es übri­gens seit 1358, als hier ein Schloss erbaut wur­de. Zuvor raste­te Karl IV., dama­li­ger römisch-​deutscher Kai­ser und König von Ita­li­en sowie Böh­men, nach einer Schlacht bei Cré­cy im Tal der Teplá im Böh­mer­wald. Sei­ne Wun­den aus dem vor­an­ge­gan­ge­nen Kampf wur­den mit Was­ser aus einer der Ther­mal­quel­len gerei­nigt, was zur schnel­len Gene­sung des Mon­ar­chen führ­te. Aus Dank dafür wur­de hier eben jenes Schloss errich­tet, um das sich mit der Zeit der Ort Karls­bad gründete.


Heu­te erstrahlt Karls­bad wie­der in altem Glanz. Viel wur­de hier in den letz­ten Jah­ren inve­stiert und beson­ders nach dem Bei­tritt Tsche­chi­ens zur EU reno­viert und restau­riert. Das hat sich aber gelohnt, denn inzwi­schen zieht das alte Kur­bad wie­der Besu­cher aus der gan­zen Welt an.

Publi­kums­ma­gnet sind natür­lich die drei Kolon­na­den mit ihren ver­schie­de­nen Heil­quel­len. Am heu­ti­gen Nach­mit­tag fin­det an der Markt­ko­lon­na­de jedoch ein Kon­zert statt, sodass ich nicht in Ruhe foto­gra­fie­ren kann. Ich beschlie­ße hier mor­gen noch ein­mal vor­bei­zu­kom­men und wir gehen weiter.

Über­all wo man hin­schaut, ste­hen wirk­lich wun­der­schön reno­vier­te Häu­ser. Es ist ein Genuss, hier ent­lang­zu­schlen­dern. Wäh­rend in der Mit­te des Kur­zen­trums, das sich in einem engen, lang­ge­streck­ten Tal befin­det, das Flüss­chen Teplá plät­schert, fla­nie­ren auf den ver­kehrs­be­ru­hig­ten Stra­ßen und Plät­zen die Kur­gä­ste. Zwar kommt längst nicht jeder nur noch aus gesund­heit­li­chen Grün­den, aber Well­ness und Shop­ping wird heut­zu­ta­ge auch angeboten.

Am Stra­ßen­rand sto­ße ich auf eine Magnum­fla­sche Becherov­ka. Der berühm­te Karls­ba­der Becher-​Bitter, ein grünlich-​gelber Kräu­ter­bit­ter­schnaps wird aus­schließ­lich von der Fir­ma Becher her­ge­stellt und ist auch ein belieb­tes Mit­bring­sel. Noch heu­te wird das Getränk nach einem gehei­men Rezept pro­du­ziert, nach­dem die Fir­ma, die einst von der sude­ten­deut­schen Fami­lie Becher gegrün­det wur­de, eine wech­sel­vol­le Geschich­te durch­lief. Nach Ent­eig­nung, Ver­staat­li­chung und Begren­zung der Pro­duk­ti­on, ist die Fir­ma heu­te wie­der in pri­va­ter Hand und ihr Schnaps ein Verkaufsschlager.

Schließ­lich errei­chen wir die Mühl­brunn­ko­lon­na­de, die wohl präch­tig­ste der drei Karls­ba­der Kolon­na­den. Lei­der ist sie momen­tan fast kom­plett ein­ge­rü­stet und wird reno­viert, sodass nur der Blick über den Bau­zaun bleibt. Scha­de, denn das 1881 eröff­ne­te und 132 Meter lan­ge Gebäu­de mit sei­nen hun­dert korin­thi­schen Säu­len ist auf jeden Fall beein­druckend. So habe ich wohl schon einen Grund für einen Wiederholungsbesuch.

Gleich neben den Kolon­na­den ste­hen unzäh­li­ge klei­ne Stän­de, die die berühm­ten Becher ver­kau­fen, aus denen das Heil­was­ser Schluck­wei­se getrun­ken wird. Da gibt es unzäh­li­ge For­men und Far­ben und es soll­te für jeden Geschmack etwas dabei sein.

Ein Stück wei­ter errei­chen wir den klei­nen Dvořák-​Park, in dem sich eine wei­te­re Kolon­na­de befin­det. Die Park- oder Gar­ten­ko­lon­na­de wur­de zwi­schen 1880 und 1881 erbaut. Es ist jedoch nur der öst­li­che Teil des Wan­del­gangs erhal­ten, denn gro­ße Tei­le muss­te 1965 wegen Bau­fäl­lig­keit abge­ris­sen werden.

In der Kolon­na­de befin­det sich nur eine ein­zi­ge Quel­le, die Schlan­gen­quel­le. Ihr Name rührt nicht nur von der Schlan­ge, aus der das drei­ßig Grad war­me Quell­was­ser läuft, son­dern viel­mehr von den unzäh­li­gen Rin­gel­nat­tern, die sich in frü­he­ren Zei­ten hin­ter den Kolon­na­den tummelten.

An die­ser Kolon­na­de dre­hen wir um. Man könn­te jetzt noch wei­ter bis ins Stadt­zen­trum lau­fen, doch wir ent­schei­den uns dafür, den Rück­weg zum Hotel anzu­tre­ten. Es war schon ein lan­ger Tag und so lang­sam macht sich das bemerkbar.

Einen klei­nen Umweg machen wir aber noch und lau­fen zum Kai­ser­bad, das sich nur einen kur­zen Fuß­weg ent­fernt vom Grand­ho­tel Pupp befin­det. Zwi­schen 1893 und 1895 vom Wie­ner Archi­tek­ten­duo Fell­ner und Hel­mer erbaut, war es einst das modern­ste Kur­haus in der Dop­pel­mon­ar­chie. Bis in die 1980er Jah­re wur­de das Heil­bad noch betrie­ben, danach kur­ze Zeit als Casi­no genutzt, bevor es 1994 end­gül­tig geschlos­sen wur­de und lang­sam verfiel.

Erst 2008 begann eine klei­ne Renais­sance des präch­ti­gen Gebäu­des, als es auf die Stadt Karls­bad über­tra­gen und eine Restau­rie­rung geplant wur­de. Es soll­te jedoch wei­te­re zehn Jah­re dau­ern, bis die Arbei­ten begann. In rund drei Jah­ren soll das Bad nun wie­der zu sei­nem alten Glanz zurück­keh­ren und dann vom alten Karls­bad erzäh­len, das schon vor 150 Jah­ren die Tou­ri­sten aus ganz Euro­pa anzog.

Zum Abend­essen geht es anschlie­ßend in eine klei­ne Piz­ze­ria direkt an der Kur­pro­me­na­de, in die es, den Bil­dern an den Wän­den nach zu urtei­len, auch schon Hol­ly­wood­stars und aller­lei ande­re Pro­mi­nenz gezo­gen hat. Da das Wet­ter noch immer schön ist, ent­schlie­ßen wir uns noch zu einem klei­nen Abendspaziergang.

Süd­lich des Kai­ser­ba­des begin­nen schon die Wäl­der, die sich rund um das Kur­ge­biet erstrecken. Doch direkt an der Teplá füh­ren eine Stra­ße sowie eini­ge Wege ent­lang. Ver­ein­zelt gibt es noch Hotels wie das präch­ti­ge Park­ho­tel Rich­mond und ziem­lich vie­le Denk­mä­ler, die an berühm­te Besu­cher, wie Beet­ho­ven, Schil­ler oder Goe­the erinnern.

Mit der unter­ge­hen­den Son­ne keh­ren wir schließ­lich zum Hotel zurück. Ein biss­chen Aus­ru­hen haben wir uns heu­te red­lich ver­dient, denn auch mor­gen steht wie­der eini­ges auf dem Programm. 

Kilo­me­ter: 155
Wet­ter: son­nig, 16–27 Grad
Hotel: Grand­ho­tel Pupp, Karls­bad (Kar­l­o­vy Vary)

zurück Start weiter