Tag 8: Sonntag, 05. Januar 2020
Cold War Stories – Los Angeles
„To travel is to discover that everyone is wrong about other countries.” – Aldous Huxley
Schon der gestrige Tag war ja teilweise so etwas wie eine Zeitreise, und das soll sich heute noch fortsetzen, allerdings in eine ganz andre Richtung. Schon vor einige Zeit hatte ich einen Bericht über das „Wende Museum” in Culver City gelesen und das hat mich doch fasziniert, wie ausgerechnet hier in Südkalifornien ein Museum über die DDR und den Ostblock entstand. So mache ich mich also auf, um herauszufinden, was genau es mit dem „Wende Museum” auf sich hat.
Das Museum befindet sich inzwischen in einem alten Zeughaus der Navy und wurde im Jahr 2002 von Justinian Jampol gegründet. Gleich im Eingangsbereich empfängt mich eine Büste von Lenin, die in pink und neongrün erstrahlt. In den 1960er Jahren wurden die Büsten überall im Ostblock aufgestellt. Während der friedlichen Revolution 1989 wurde diese Büste dann bunt bemalt.
Im Herzen des Museums befindet sich ein großer Raum, der für Sonderausstellungen genutzt wird. Während meines Besuchs wurde eine Ausstellung über Künstlerinnen hinter dem eisernen Vorhang gezeigt, die recht provozierende Werke geschaffen haben, die oft missverstanden wurden oder den Frauen sogar ernsthaft haben konnten.
Im Zentrum des Museums aber steht ein riesiges Archiv, in dem Dokumente und Gegenstände aus der DDR und Osteuropa gesammelt werden. Die berühmtesten Unterlagen sind sicher die Notizen von Erich Honecker aus seiner Zeit in der JVA Moabit. In seinem Testament hatte er verfügt, dass diese Dokumente an kein deutsches Archiv gehen dürften und so landeten sie in den USA.
Zur Sammlung gehören aber nicht nur Papiere, sondern auch unzählige Ausstellungsstücke. Die wurden zuerst von Justinian Jampohl zusammengetragen, der um 2000 zuerst zum Studium nach Oxford kam und sich dann auf einer Reise in Berlin verliebte. Hier begann er Gegenstände aus der DDR zu sammeln, die er schließlich in zwei Containern in die USA verschiffen ließ. Zuerst wurde sie nur gelagert, doch dann begann er, eine Ausstellung aufzubauen, die inzwischen zu den bedeutendsten Ausstellungen und Archiven weltweit außerhalb von Deutschland zählt.
Für mich ist der Rundgang aber eher auch eine Zeitreise, denn so einige der Ausstellungsstücke kommen mir aus meiner eigenen Kindheit sehr bekannt vor. Wenn man damals gewusst hätte, dass so etwas mal im Museum landet, hätte man vieles nicht weggeworfen. Das „Wende Museum” sammelt nämlich auch heute noch und erweitert seine Ausstellung in regelmäßigen Abständen.
Es ist wirklich schon etwas surreal, wenn ich die Ausstellungsgegenstände so anschauen und dann bedenke, dass ich hier gerade in Kalifornien bin, gut und gerne zehntausend Kilometer weit weg vom Herkunftsort dieser Sammlung, die eigentlichen aus ganz trivialen Alltagsgegenständen besteht, die einst irgendwo an der Wand hingen oder sogar täglich benutzt wurden.
Sogar Lebensmittel sind in den Regalen zu finden. Hier wurde wirklich alles zusammengetragen, was irgednwie zum Leben dazugehörte.
Interessant ist auch die kleine Ausstellung von diplomatischen Geschenken, die nicht nur Präsente, sondern dazu die verschiedenen Staatsratsvorsitzenden und ihre Vorlieben thematisiert.
In jedem Regal gibt es Neues zu entdecken, mit dem nötigen Abstand bringt es mich heute auch manchmal zum Schmunzeln. Aber ich sehe die Ausstellung natürlich durch ganz andere Augen als die amerikanischen Besucher.
In einem anderen Bereich sind Möbel und Designstücke sowie alltägliche Elektrogeräte aus den Haushalten zu finden. So hatte sich teilweise auch ein eigener Stil entwickelt, der hier thematisiert wird.
Hinter dem Museum schließlich sich ein kleiner Garten an, in dem noch weitere Ausstellungsstücke zu finden sind. Zu den größten Stücken zählen ein ehemaliges Kontrollhäuschen, verschiedenen Büsten sowie natrülich auch ein Stück Berliner Mauer.
Rund zwei Stunden habe ich mich in der Ausstellung aufgehalten und dazu ein interessantes Gespräch mit einem Mitarbeiter geführt.
Es ist bereits früher Nachmittag und für mich Zeit weiterzufahren. Das erweist sich dann mal wieder als Geduldsprobe, denn heute ist zwar Sonntag, aber anscheinend wollen alle zum Strand und so sind die Straßen mal wieder total verstopft.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erreiche ich dann doch endlich Hawthorne, ein Ort in der Nähe des Flughafens, wo ich für die heutige Nacht ein Zimmer reserviert habe. Hier lade ich mein Gepäck aus und mache mich etwas frisch, bevor ich nochmals aufbreche, denn ich habe noch etwas vor.
Wie eingangs bereits erwähnt, war ich bereits im November in Los Angeles und habe mir die tollen LA Zoo Lights angeschaut. Eine weitere Veranstaltung im LA County Arboretum wurde jedoch damals wegen schlechtem Wetter abgesagt und genau diesen Besuch will ich nun nachholen.
Die Veranstaltung unter dem Titel „Moonlight Forest” findet nach Einbruch der Dunkelheit statt. Auf einem festgelegten Rundgang durch die Gartenanlage des LA County Arboretums sind riesige chinesische Laternen zu sehen, die von Künstlern aus der Sichuan Provinz geschaffen wurden.
Das Event ist wirklich super organisiert. Es gibt ausreichend Parkplätze und Tickets können online oder an der Abendkasse für bestimmte Zeitfenster erworben werden, damit es auf dem Gelände nie zu voll ist. Mit meinem Ticket kann ich so zur vorreservierten Zeit sofort mit meinem Rundgang beginnen.
Wer jetzt übrigens denkt, dass es hier abends warm ist, der irrt. Im Winter kann es auch in Südkalifornien besonders nachts empfindlich kalt werden und so bin ich froh über Stiefeletten, Steppjacke und Handschuhe, die ich aus Deutschland dabei habe. So vorbereitet starte ich meinen Rundgang durch das bunte Lichtermeer.
Eine wahre Pracht eröffnet sich, egal wo ich hinschaue. Immer wieder gibt es neue Figuren zu entdecken, die künstlerisch arrangiert an den Wegen aufgestellt sind.
Die Laternen variieren von bunten Fantasiegebilden bis hin zu chinesischen Motiven und Tieren. Dabei sind es nicht immer nur die großen und auffälligen Bilder, die die Blicke auf sich ziehen. Manch kleine Gruppe kommt trotz geringer Größe wunderschön zur Geltung.
Absolut riesig ist der Unterwasserthemenbereich, dessen Hauptattraktion ein großer Tunnel ist. Hier ist man beim Durchgehen umgeben von den Bewohnern aus den Tiefen der Meere.
Eines der historischen Gebäude im Arboretum ist das Queen Anne’s Cottage, das aber heute nur eine Nebenrolle spielt. Ich habe es aber auf einem früheren Besuch schon besichtigt.
Auf dem Bild mit dem großen Fisch ist zu erkennen, wie riesig einige der Lichtgestalten sind. Sogar ausgewachsene Menschen können hier hindurchlaufen und trotzdem erscheint alles bei genauerer Betrachtung absolut filigran. Eine Meisterleistung des Laternenbaus.
Ein kleiner Bereich widmet sich den chinesischen Sternzeichen und hier interessiere ich mich natürlich besonders für das des Affen, denn ich bin in einem Jahr des Affen geboren.
Ganz zum Schluss gibt es dann natürlich auch noch einige weihnachtliche Motive zu bewundern, denn es ist ja ein Rundgang in der Weihnachtszeit, auch wenn inzwischen schon wieder Januar ist.
Die allergrößte Laterne aber ist dann wieder eindeutig chinesisch und zeigt diese mehrere Stockwerke hohe Pagode.
Rund zwei Stunden habe ich auf dem Parkour verbracht und bin am Ende auch etwas durchgefroren, aber doch hochzufrieden, dass ich den Moonlight Forest noch besuchen konnte. Vor dem Ausgang gibt es übrigens noch einen Food Court, denn verdursten oder verhungern muss hier keiner und so eine heiße Schokolade wärmt den Körper doch auch ganz schnell wieder auf, bevor ich die Rückfahrt zum Hotel antrete.
Meilen: 120
Wetter: heiter, 50 bis 70 Grad F
Hotel: Hampton Inn & Suites Hawthorne