Zu Besuch beim Bundesaußenminister – Villa Borsig, Berlin
Die Villa Borsig ist ein Herrenhaus, das sich auf der Halbinsel Reiherwerder im Tegler See befindet. Heute gehört es der Bundesregierung und ist Gästehaus des Auswärtigen Amtes sowie Wohnsitz des Außenministers. Erbaut wurde das Gebäude jedoch von einer der bekanntesten Industriellenfamilien Berlins.
Die Villa Borsig liegt ziemlich versteckt im Tegeler Forst auf der Halbinsel Reiherwerder. Und um dorthin zu gelangen, bedarf es erst einmal eines Sparziergangs durch den Tegeler Forst. Die Zufahrtsstraße kann zwar auch von Autos befahren werden, doch zum Tag der offenen Tür sind fast alle Parkplätze gesperrt. Rund zwanzig Minuten laufe ich von der Bushaltestelle bis zum Haupttor.
Normalerweise ist für Besucher hier Schluss, denn da die Villa heute zum Auswärtigen Amt gehört, ist sie dementsprechend gesichert. Nur am Tag der offenen Tür ist deshalb ein Besuch möglich. Eine Kontrolle wie am Flughafen gibt es aber, bevor ich das Gelände betreten kann.
Die Villa Borsig ist aber nicht das einzige Gebäude, das sich auf dem Grundstück befindet. Neben dem Herrenhaus, das heute auch die Akademie Auswärtiger Dienst, die seit 2005 junge Diplomaten ausbildet.
Einmal die Sicherheitskontrolle passiert, führt der Weg durch einen schönen Landschaftsgarten, der die Villa umgibt.
Schließlich stehe ich vor der Villa Borsig. Gebaut wurde das Herrenhaus 1911 bis 1913 für den Unternehmer Ernst von Borsig, der den Architekten damit beauftragte, dass die Villa dem Aussehen des Schlosses Sanssouci ähneln sollte. Bis 1937 wohnte die Familie im Haus, doch finanzielle Schwierigkeiten zwangen sie, das Anwesen zu veräußern. Zuerst kaufte das Deutsche Reich die Villa, die als Reichsfinanzakademie genutzt wurde.
Nach Kriegsende gehörte die Villa Borsig zum französischen Sektor und wurde Wohnsitz des Kommandanten der französischen Truppen. Später war sie Gästehaus der Stadt Berlin und der Bundesrepublik Deutschland sowie ab 1959 als Sitz der Deutschen Stiftung für Internationale Entwicklung. Eigentlich sollte die Villa nach dem Umzug der Bundesregierung Wohnsitz des Bundeskanzlers werden, doch Gerhard Schröder entschied sich für die Villa Wurmbach.
So wurde das Anwesen ab 2003 zur Akademie des Auswärtigen Dienstes umgebaut und die Villa Borsig zum Gästehaus des Auswärtigen Amtes. Im obersten Stockwerk gibt es eine Wohnung des Bundesaußenministers, die natürlich auch am Tag der offenen Tür verschlossen bleibt. Viele andere Räume sind aber zugänglich. So auch der Salon, der heute den Namen Helmut-Schmidt-Saal trägt. Während die Wandvertäfelung aus Nussbaum erhalten bliebt, mussten Kamin und Spiegel für eine Dolmetscherkabine weichen.
Alte Fotografien enthüllen, wie einige der Räume zu Lebzeiten der Familie Borsig ausgesehen haben. Damals empfing die Dame des Hauses einmal in der Woche ihre Gäste im Salon.
Ebenfalls erhalten geblieben sind einige der kostbar verzierten Decken, die nach einer Restaurierung wieder im alten Glanz erstrahlen.
Ein weiterer Raum, der den Besuchern offen steht, ist die Bibliothek. Die verglasten Wandschränke und der Kamin aus Siena Marmor wurden noch für Ernst von Borsig eingebaut. Der Firmenchef hatte sich hier sein Büro eingerichtet. Heute finden in dem Raum kleinere Konferenzen und bilaterale Gespräche statt.
Ein repräsentatives Treppenhaus führt in die erste Etage, wo sich unter anderem die Suiten für Gäste des Auswärtigen Amtes befinden.
Ein Raum ist jedoch den Pressekonferenzen vorbehalten. Hier stellen sich der Außenminister und seine Gäste des Öfteren den Medien.
Den Flur hinunter befinden sich weitere Räumlichkeiten, die aber für die Besucher verschlossen bleiben.
Geöffnet sind aber zwei der Gästesuiten. Diese waren früher die Schlafräume von Ernst von Borsig und seiner Frau. Das Zimmer Berlin war Ankleidezimmer und Bad von Ernst von Borsig. Der Einbauschrank ist noch heute im Original erhalten, die restliche Ausstattung aber erst später ins Haus gekommen.
Während die teilweise umgebaut wurden, sind die Badezimmer noch original erhalten und wurden nur modernisiert.
Das große Wohnzimmer zwischen den beiden Suiten war das ehemalige Schlafzimmer der Eheleute Borsig.
Das heutige Schlafzimmer Bonn war hingegen die Ankleide der Frau von Borsig, die natürlich auch ein eigenes, angeschlossenes Badezimmer hatte.
Abschließend führt der Rundgang wieder zurück ins Erdgeschoss.
Hier gelange ich in das Frühstückszimmer, dessen pastellfarbene Wände im starken Kontrast zum Raucheichenparkett und den Nussbaummöbeln stehen. Über den Türen sind hingegen Bauzeichnungen bedeutender Bauwerke der deutschen Architekturgeschichte zu sehen – die Neue Wache in Berlin, die Paulskirche in Frankfurt/ Main sowie die Frauenkirche in Dresden. Der Tisch ist an diesem Tag mit Meißner Porzellan eingedeckt.
Eine historische Aufnahme zeigt einmal mehr, wie das Frühstückszimmer der Familie Borsig ausgesehen hat.
Der letzte Raum, den ich besichtige, ist der Speisesaal, in dem auch größere Staatsbankette stattfinden. Heute ist der Tisch wie zu einem dieser Essen eingedeckt, komplett mit Menü und Namenskarten.
Über den Gartenausgang geht es zurück nach draußen, wo ich nun noch einen Rundgang durch einen Teil des Gartens mache, der 1913 für Ernst von Borsig angelegt wurde.
Auf dem Rundgang ist auch die alte Villa Borsig zu sehen. Dieses Haus ließ sich Ernst von Borsig zuerst bauen und es war 1908 fertiggestellt. Doch bald reichte es den Ansprüchen der Familie nicht mehr aus, sodass sie die neue Villa in Auftrag gaben.
Der Rundweg über die Halbinsel bietet dann immer wieder schöne Ausblicke auf die Villa, aber auch auf den Tegeler See.
Die gesamte Gartenanlage ist heute als Gartendenkmal unter Schutz gestellt, doch wurden hier sogar Gräber und Relikte aus der Bronzezeit und der slawischen Zeit gefunden.
An diesem Anlegen können Gäste der Akademie oder des Auswärtigen Amtes übrigens auch mit dem Boot anlegen.
Fazit: Mir hat mein Besuch der Villa Borsig sehr gut gefallen. Ich liebe alte Herrenhäuser und dieses ist dazu noch sehr eng mit der Berliner Geschichte verbunden. Es ist toll, dass die Bundesregierung zumindest einmal im Jahr der Öffentlichkeit die Möglichkeit bietet, dieses Kleinod zu besuchen.
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