Tag 9: Freitag, 05. Oktober 2018
Natures Best – Kauai
„Eventually, I want to move to Hawaii and chill forever.” – Riley Keough
Heute habe ich viel vor und so bin ich schon zeitig auf den Beinen. Es ist gerade erst hell geworden draußen, aber schon wieder wunderbar warm. Da zieht es mich einfach kurz auf den Balkon, um die frische Morgenluft zu schnuppern.
Dann geht es aber auch schon los. Ich umrunde die Insel heute an der Südseite, fahre durch Lihue und immer weiter, bis ich zum Abzweig des Waimea Canyon State Parks komme. Von hier führt die Straße kontinuierlich bergan. Unterwegs halte ich an einem Aussichtspunkt, von dem mein Blick weit über die Insel schweift.
Dann ändert sich die Landschaft sehr schnell. Es wird hügeliger. Ich tauche in den zerklüfteten Teil der Insel ein, der an vielen Stellen fast unzugänglich ist. Hier aber wurde ein kleiner Teil mit einer Straße erschlossen. Als ich zu ersten Mal auf Kaua’i war, habe ich hier nur einen Hubschrauberrundflug unternommen.
Plötzlich und unerwartet wechselt sie Szenerie. Das Grün wird weniger und die Rottöne überwiegen. Das rote Gestein ist aus Basalt entstanden, der durch Oxidation diese Farbe annahm. Red Dirt, wie die Hawaiianer diese Gebiete nennen, findet sich überall auf den Inseln in verschiedenen Varianten und Farbtönen.
Das Highlight dieses kleinen Gebiets ist ein Wasserfall, der sich in Kaskaden über das rote Gestein ergießt. Ich parke mein Auto am Straßenrand, um einen genaueren Blick auf diese tolle Landschaft zu werfen.
Ziemlich schnell dominiert dann aber doch wieder das Grün, auch wenn überall noch rotes Gestein zu sehen ist. Es wird weniger, umso weiter ich in Richtung Waimea Canyon fahre.
Kurze Zeit später passiere ich die offizielle Parkgrenze und gelange in den Waimea Canyon State Park. Bisher waren State Parks in Hawaii auch generell kostenlos. Bei meinem Besuch war das noch so, doch inzwischen kostet es für Touristen fünf Dollar im Waimea Canyon State Park oder dem dahinter liegenden Koke’e State Park zu parken.
Der Waimea Canyon ist eine sechzehn Kilometer lange und bis zu 900 Meter tiefe Schlucht im Nordwesten von Kauai. Das hawaiianische Wort Waimea bedeutet so viel wie rötliches Wasser und bezieht sich auf die Erosion des rötlichen Gesteins, das durch den Waimea River ausgewaschen wird. Der Canyon wird auch der „Grand Canyon of the Pacific” genannt, eine Aussage, die fälschlicherweise oft Mark Twain zugeordnet wird. Tatsächlich aber stammt sie von John Wesley Powell, der Kaua’i 1869 besuchte. Der amerikanische Entdecker ist vor allem durch seine Touren im Südwesten der USA, unter anderem im Grand Canyon, bekannt.
Ich fahre zum Waimea Canyon Lookout, dem Hauptaussichtspunkt auf den Canyon und laufe zu der großen Aussichtsplattform, die einen fantastischen Blick in den Waimea Canyon erlaubt.
Recht gut zu sehen, auch wenn ich leider etwas Gegenlicht habe, sind auch die Waipo’o Falls, ein fast 250 Meter hoher Wasserfall, der die Canyonwand hinabstürzt.
Auf der anderen Seite des Parkplatzes startet noch ein weiterer kleiner Weg, der zu einem anderen Aussichtspunkt führt. Von hier aus ist die Insel Ni’ihau, die verbotene Insel, zu sehen. Ni’ihau gehört der Familie Robinson und auf der Insel gibt es eine Siedlung mit Hawaiianern, die noch größtenteils wie einst leben und deren Hauptsprache Hawaiianisch ist. Die Insel kann nur extrem eingeschränkt besucht werden.
Ich folge der Straße durch den Waimea Canyon State Park und überquere irgendwann unterwegs die Grenze zum Koke’e State Park. Die Hauptattraktion hier, die man mit dem Auto erreichen kann, ist der Kalakau Lookout und der ist auch mein nächstes Ziel.
Vom Kalalau Lookout hat man einen fantastischen Blick hinunter in das Kalalau Valley, das zum Na Pali Coast State Park gehört. Ein bisschen Glück gehört schon dazu, einen schönen Ausblick zu haben, denn oft sammeln sich Wolken zwischen den steilen Felswänden. Momentan aber ist es klar und ich kann bis hinunter zum Ozean sehen.
Doch während ich noch hier stehe, erahne ich, wie enttäuschend ein Besuch hier sein kann, wenn es zu viele Wolken gibt. Ab und zu schiebt sich plötzlich auch etwas weiß in mein Blickfeld. Zum Glück bleiben die Wolken heute nicht lange hängen.
Am Ende der Aussichtsterrasse befindet sich ein Hinweisschild, das auf den Mount Wai’ale’ale hinweist, einen der regenreichsten Orte der Erde. Der Schildvulkan ist der mit 1569 Metern zweithöchste Berg der Insel und sein Name bedeutet so viel wie überlaufendes Wasser. So richtig zu sehen ist der Berg dann aber nicht, denn er ist fast immer wolkenverhangen. An unglaublichen 335 Tagen regnet es an seiner Nordflanke und so kommen im Durchschnitt 12.000 Millimeter Niederschlag pro Jahr zusammen. Im Jahr 1982 waren es sogar unglaubliche 17.300 Millimeter, ein Rekord.
Ich folge noch ein Stückchen dem Pfad hinter dem Aussichtspunkt. Hier geht es recht steil bergab und man sieht, wie das Wasser den Boden ausgewaschen hat. Von dieser Stelle starten auch einige Wanderwege, die teilweise bis in den Na Pali Coast State Park hineinreichen.
So weit will ich aber heute nicht und drehe wieder um. Zurück am Auto folge ich der Parkstraße bis zum Koke’e Museum, das eine kleine Ausstellung zum Park und der Gegend beherbergt.
Anschließend verlasse ich den Koke’e Sate Park auch schon wieder und komme zurück in den Waimea Canyon State Park. Hier halte ich nochmal an einem View Point. Inzwischen hat sich die Erde auch etwas weitergedreht, sodass da Licht nun etwas günstiger auf den Canyon fällt.
Mit diesen Ausblicken verlasse ich den Park wieder und nehme den Highway zur Küste. Spontan entscheide ich mich, der Küstenstraße noch bis an ihr westliches Ende zu folgen, von wo der Weg zum Polihale State Park abzweigt. Die Straße zum Park ist ungepflastert und in Teilen recht ruppig. Bei Regen kann sie unpassierbar werden, doch momentan ist es trocken und so fahre ich los.
Ganz einsam ist die Strecke aber nicht. Ab und zu werde ich von Trucks und SUVs überholt. PKWs sieht man aber doch eher weniger. Ein Mustang versucht sich an der Strecke, dreht dann aber doch um, denn unterwegs gibt es ein paar ruppige Stellen, für die eine gewisse High Clearance schon von Vorteil ist. 4WD, wie auf einigen Internetseiten empfohlen, brauche ich auf der Strecke zum Hauptparkplatz aber nicht. Das mag anders aussehen, wenn man weiter will, denn dort gibt es recht sandige Stellen.
An dieser Kreuzung passiere ich dann den offiziellen Parkeingang. Hier zweigt auch der Weg zum Hauptparkplatz ab. Den schlage auch ich ein und die letzten Meter sind dann irgendwie fast die schwierigsten, denn es geht hier etwas bergauf und ist teilweise recht sandig. Mein SUV meistert aber auch das.
Das Auto stelle ich nun unter einem Baum im Schatten ab und ziehe zu Fuß los. Ich klettere über eine Düne und habe dann den ersten Blick auf das Meer und den fast menschenleeren Strand. Die Dünen hier sind recht hoch und können bis zu dreißig Meter erreichen. Zwischen Dünen und Meer liegt dann ein breiter Sandstrand.
Polihale ist der westlichste Punkt der Hawai’i Inseln, den man als Besucher erreichen kann. Zwar liegt Ni’ihau noch etwas weiter westlich, aber die Insel ist, wie bereits erwähnt, für Besucher gesperrt.
Ich laufe die Düne hinunter und stelle fest, dass es ganz schön windig ist. Auch das Meer ist aufgewühlter als gedacht. Baden ist hier sowieso nur an einer Stelle möglich. Ansonsten sind die Wellen und die Strömung einfach zu stark.
Ich laufe den Strand entlang und bin über weite Strecken ganz allein. Aufpassen muss ich aber, wo in der Düne mein Zugang zum Parkplatz war, denn markiert ist hier nichts und nach einer Weile sehen die Dünen alle gleich aus.
Es ist faszinierend, der gewaltigen Kraft des Meeres zusehen. Nur ein paar Surfer trauen sich hier ins Wasser und stellen sich den Wellen.
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Am Horizont kann ich dann ein Ausflugsboot entdecken, das wahrscheinlich Touristen die Na Pali Coast vom Wasser aus gezeigt hat.
Traumhaft schön ist es hier und ich genieße den Strand und die Einsamkeit. Eine Weile setze ich mich auch einfach in den Sand und schaue den Wellen zu.
Irgendwann kehre ich dann aber doch zum Auto zurück. Nach kurzer Suche habe ich sogar auf Anhieb den richtigen Aufstieg über die Düne gefunden. Am Parkplatz steht nun ein weiteres Auto mit einem lustigen Bild am Heck. Das gibt Kaua’i doch gut wieder.
Über dieselbe ungepflasterte Piste geht es jetzt zurück zum Highway, der mich jetzt durch das kleine Örtchen Waimea bringt. Mitten im Ort steht ein Denkmal zu Ehren von Captain James Cook, der genau hier, an der Mündung des Waimea Rivers, am 20. Januar 1778 zum ersten Mal die Hawai’i Inseln betrat. Die Statue ist übrigens eine Replik einer Statue, die in Whitby, North Yorkshire in England steht, dem Geburtsort des berühmten Seefahrers.
Waimea ist aber auch sonst ein hübsches Städtchen mit einigen historischen Gebäuden. In einem Haus befindet sich heute ein Subway, in dem ich mir gleich ein verspätetes Mittagessen hole.
Recht bald hinter der Ortsgrenze von Waimea biege ich zum Russian Fort Elisabeth State Historical Park ab. Als ich ankomme, ist außer mir kein anderes Auto auf dem Parkplatz zu sehen. Nur ein paar Hühner begrüßen mich enthusiastisch.
Das Fort Elisabeth wurde 1817 von der Russisch-amerikanischen Kompanie, einer halbstaatlichen Handelsorganisation erbaut. Der Bau geht auf den deutschen Arzt und Abenteurer Georg Anton Schäffer zurück, der ohne das Wissen der Russen einen Protektoratsvertrag für die russische Krone aushandelte. Russland hatte jedoch kein Interesse, sodass die Siedler das Fort schon wenige Monate später wieder verließen. Der Schotte Alexander Adams nahm das Fort dann für König Kamehameha I. in Besitz.
Ich folge dem Pfad zum Fort, von dem jedoch leider nicht mehr sehr viel erhalten ist. Lediglich ein paar Grundmauern sind noch zu erkennen.
Als ich mich umdrehe, sehe ich eine dunkle Wolke über den Bergen hängen. Zum Glück war ich heute früh am Waimea Canyon. Das wäre jetzt bestimmt nicht so toll. Kaum gedacht, bekomme ich auch schon ein paar erste Tropfen ab.
In die andere Richtung ist hingegen noch immer strahlend blauer Himmel zu sehen, sodass ich die Erkundung des Forts noch kurz fortsetze. Aber auch als ich in den Verteidigungsring hineinlaufe, kann ich nichts wirklich Spannendes entdecken.
So wird das dann ein recht kurzer Besuch und ich fahre bald weiter. Ist vielleicht auch gut so, denn es fängt gerade an, etwas mehr zu tröpfeln. Lange bleibe ich jedoch nicht unter den Wolken, denn umso weiter ich dem Highway wieder nach Osten folge, desto schöner wird auch das Wetter. Nach einer Weile biege ich von der Hauptstraße ab und gelange über ein paar Nebenstraßen zum Spouting Horn Park.
Gleich am Parkplatz werde ich mal wieder von ein paar Hühnern empfangen, doch viel mehr interessieren mich eigentlich die wunderschönen Blüten, die hier überall an den Hecken zu finden sind sowie die schöne Küste.
Die Hauptattraktion des Parks aber ist das Spouting Horn, eine Wasserfontäne, die durch die Kraft der Wellen entsteht. Das Wasser wird durch ein Loch im Lavagestein gepresst und spritzt so bis zu fünfzehn Meter in die Höhe.
Und das mit der Fontäne klappt heute auch ganz gut, denn es ist recht windig und die Wellen werden in Richtung Küste gedrückt. So kann ich dieses Naturschauspiel in Ruhe beobachten.
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Auf dem Rückweg nach Lihue passiere ich noch den Tree Tunnel, eine Straße mit herrlichen Eukalyptusbäumen. Ursprünglich ließ der Ananasbaron Walter McBryde 500 Bäume als Geschenk an die Gemeinde pflanzen. Sie sind der letzte Rest, der von seinem riesigen Anwesen übrig geblieben ist. Einige der über einhundert Jahre alten Bäume fielen auch Hurrikan Iniki zum Opfer, die meisten aber überlebten. Nur ihre Blätter wurden damals von den bis zu 360 Kilometer starken Windböen komplett abgerissen.
Im letzten Licht des Tages fahre ich noch zum Nawiliwili Harbor. Mit ein bisschen Suchen finde ich die richtige Zufahrtsstraße, die mich direkt an das Hafenbecken führt. Anscheinend bin ich hier die einzige Nicht-Einheimische, denn für einen kurzen Moment wird meine Ankunft etwas beäugt, bevor sich die Angler wieder ihren Fischen und die Familien ihrem Abendessen auf den Picknicktischen zuwenden.
Eine Gedenktafel erinnert hier an George Norton Wilcox von Grove Farms, der den Hafen von Kaua’i gründete und dafür sorgte, dass Waren hier exportiert und importiert werden konnten.
Grund für mein Kommen ist aber das Auslaufen der Pride of America. Das 2002 auf der Lloyd Werft in Bremerhaven fertiggestellte Schiff ist das erste, das seit über fünfzig Jahren unter amerikanischer Flagge fährt. Das allerdings ist nötig, wenn ein Schiff auf seiner Reise amerikanische Gewässer nicht verlässt. Zuvor fuhren die Kreuzfahrtschiffe entweder von der Westküste über Ensenada in Mexiko oder, wie ich im Jahr 2004, zur Republic of Kiribati, um dieses Problem zu umgehen. Die Pride of America ist bis heute das einzige Schiff, das exklusiv nur rund um die Hawai’i Inseln unterwegs ist.
Die 280 Meter lange und 32 Meter breite Pride of America muss erst mit der Hilfe eines Schleppers gedreht werden, bevor sie den Hafen verlassen kann.
Während das Schiff den Hafen verlässt, zeigt sich am Himmel ein tolles Farbenspiel zwischen den Wolken und der untergehenden Sonne.
Nachdem das Schiff aus meinem Blickfeld verschwunden und die Sonne hinter dem Horizont versunken ist, gehe auch ich zum Auto zurück und fahre in Richtung meines Hotels.
Unterwegs hole ich mir noch Essen von Panda Express, das ich immer wieder gerne mag.
Es ist schon stockfinster als ich wieder am Hotel bin. Es war ein langer, aber absolut fantastischer Tag und ich gehe sehr zufrieden auf mein Zimmer. Wenn da nicht der Husten wäre, der mich seit kurzem irgendwie plagt. Noch schenke ich dem aber nicht allzu viel Bedeutung.
Meilen: 162
Wetter: heiter, 25–32 Grad, am Canyon 21 Grad
Hotel: Courtyard by Marriott Kauai at Coconut Beach