Die Messingwerksiedlung und der Finower Wasserturm, Eberswalde
Die Messingwerksiedlung im Eberswalder Ortsteil Finow wurde vor über 300 Jahren als Werkssiedlung für das 1698 gegründete Messingwerk erbaut. Sie ist heute die älteste Siedlung dieser Art im Land Brandenburg und steht unter Denkmalschutz. Zur Siedlung gehört auch der Finower Wasserturm, der ebenfalls besichtigt werden kann.
Es ist still in der Messingwerksiedlung in Finow, nur ab und zu ist ein Auto zu hören, wie es über das alte Kopfsteinpflaster fährt. Einige der Häuser sind heute renoviert und wieder bewohnt oder zu Verwaltungsgebäuden umgebaut worden, doch so belebt wie noch vor einhundert Jahren ist das Viertel nicht mehr. Damals wohnten hier die Arbeiter des Messingwerkes, das von 1698 bis 1945 das erste industriell-gewerbliche Zentrum der Mark Brandenburg war. Für sie wurde diese Siedlung gebaut. Doch das Werk ist schon lange geschlossen und die Menschen weggezogen, die hier einst eine Gemeinde bildeten. Auch die ehemalige Schule hat heute eine andere Bestimmung gefunden, denn in das Gebäude ist das Eichamt eingezogen.
Besonders an einem Haus blättert noch immer der Putz von den Wänden – der Villa des Industriellen Gustav Hirsch. Im Jahr 1863 kaufte er das Messingwerk und ließ sich zuerst ein eingeschossiges Wohnhaus, später dann diese repräsentative Villa errichten.
Überragt wird die Siedlung vom Finower Wasserturm, der 1917/18 nach Plänen von Paul Mebes erbaut wurde. Der Turm versorgte zunächst das Messingwerk, später auch den Ort Finow, aus sechs Brunnen mit Trink- und Betriebswasser. Er ist knapp fünfzig Meter hoch und steht auf vier Säulen. Von 2004 bis 2011 wurde der Turm aufwendig saniert und ist heute ein Museum.
Im Sommerhalbjahr ist der Wasserturm an den Wochenenden geöffnet und kann besichtigt werden. Hinein geht es durch eine große, schwere Tür, die einst zu Wartungszwecken hier eingebaut wurde. Es riecht etwas muffig und ist kühl im Inneren des Turms. In dem kleinen Vorraum empfangen Mitglieder des Fördervereins Finower Wasserturm e.V. die Besucher und geben eine kleine Einweisung in die Geschichte. Eine Treppe führt dann in das Herz des Bauwerks. Hier wurde einst das Wasser aus den Brunnen nach oben gepumpt. Ein Bild an der Wand sowie einige erhalten gebliebene Teile der Pumpanlage helfen dabei sich vorzustellen, wie es hier einmal ausgesehen hat.
Über eine Wendeltreppe, die sich in einem der Pfeiler verbirgt, geht es nun nach oben. Knapp 260 Stufen führen in 44 Meter Höhe. Seit 2011 gibt es jedoch auch einen Fahrstuhl, um in die Ausstellungsräume im oberen Teil des Turms zu kommen.
In der Spitze des Wasserturms befindet sich ein sieben Meter breites und fünf Meter hohes Wasserbassin, in dem heute eine kleine Ausstellung zum Messingwerk zu finden ist. Was hier zusammengetragen wurde, ist eine kleine Reise zurück in die Zeit, in der das Werk noch in Betrieb war. Besonders viele Exponate stammen aus der Zeit der Familie Hirsch, die von 1863 bis 1932 die Besitzer waren, aber auch aus der Nachkriegszeit gibt es einiges zu sehen, denn das Werk arbeitete in veränderter Form als VEB sowie nach der Wende als Walzwerk Finow noch bis 2012.
Auf Fotos in der Ausstellung ist dann erst wirklich zu erkennen, wie groß das Messingwerk einst war. Zuletzt arbeiteten über 2300 Menschen für die Familie Hirsch, von denen viele in der Messingwerksiedlung wohnten.
Drei Generationen der Familie Hirsch führten das Werk in Finow. Gekauft wurde es von Gustav Hirsch, 1899 von seinem Neffen Aaron Hirsch übernommen, der es schließlich an seinen Sohn Siegmund Hirsch übergab. Dieser war auch viel in der Welt unterwegs, wovon zahlreiche Postkarten zeugen, die unter anderem aus den USA, England oder Ägypten stammen.
Interessant ist auch, dass Nachfolger der Familie Hirsch noch heute eine Fabrik in Israel betreiben, die die Renovierung des Wasserturms finanziell unterstützte.
Das letzte Stück in die Spitze des Turms kann dann nur noch zu Fuß zurückgelegt werden. Über diese eiserne Wendeltreppe geht es nach oben.
Nach rund vierzig Stufen ist die höchste Etage des Wasserturms erreicht. Von hier bietet sich ein beeindruckender Blick in das eiserne Wasserbassin.
Durch eine kleine Tür geht es dann auch hinaus auf eine kleine Aussichtsterrasse, die während der Renovierung am Turm angebracht wurde.
Weit schweift der Blick von hier über die Messingwerksiedlung und das Gelände des ehemaligen Messingwerkes.
Aber es geht auch ganz schön tief hinunter, denn die Trittflächen in dieser luftigen Höhe sind zum großen Teil aus einem Gitterrost gebaut.
Fazit: Der Finower Wasserturm ist ein Relikt aus der Zeit der industriellen Revolution in Preußen. Heute beherbergt er ein interessantes kleines Museum zur Geschichte der ihn umgebenden Messingwerksiedlung sowie des Messingwerkes. Mit viel Mühe wurde der Turm renoviert und schließlich für Besucher eröffnet. Die Mitglieder des Fördervereins nehmen sich sehr viel Zeit für die Besucher und beantworten geduldig alle Fragen. Der Finower Wasserturm ist ein lohnendes Ausflugsziel in der Region Eberswalde.
Am Wasserturm 2, 16227 Eberswalde
Ostern-Oktober: Fr, Sa, So+Feiertags 10–17 Uhr
Eintritt: €3, ermäßigt €1 (2018)
Weitere Artikel dieses Ausflugs:
Die Messingsiedlung und der Finower Wasserturm, Eberswalde
Jagdschloss Groß Schönebeck, Schorfheide
Schiffshebewerk Niederfinow
© 2018 – 2020, Betty. All rights reserved.