Tag 14: Mittwoch, 22. März 2017
Detour – Gilroy nach Arroyo Grande
„Don’t be afraid to make a mistake, your readers might like it.” – William Randolph Hearst
Dieser Tag heißt nicht nur Umleitung, sondern er ist auch eine. Eigentlich hatte ich vor, den Highway 1 zwischen Monterey und San Simeon zu fahren, doch die zahlreichen Erdrutsche und eine zerstörte Brücke machten diesen Plan gänzlich zunichte. So blieb nur der Weg durch das Inland, den ich schon Jahre nicht mehr genommen habe.
Nach dem Frühstück bin ich wieder unterwegs. Da ich nun schon mal hier bin, will ich wenigstens mal schauen, wo sich der neueste National Park, der Pinnacles National Park, denn eigentlich befindet und wie die Zufahrt so ist. Das ich dort nicht viel machen würde können ohne wandern zu wollen, das war mir ja von vornherein klar. Aber das ist mir auch egal. Ich bin einfach neugierig.
Schroffe Felsen und geringe Fruchtbarkeit haben in diesem Gebiet verhindert, dass sich Menschen ansiedelten. So sind die Vulkangesteine aus verschiedenen Erdzeitaltern noch weitgehend unberührt. Schon 1908 erklärte Präsident Theodore Roosevelt das Gebiet zum National Monument und stellte es so unter Schutz. Seit 1976 sind 60% des Parks als Wilderness deklariert und es gibt nur zwei Stichstraßen, die überhaupt in den Parkt hineinführen. Anfang 2013 wurde der Park schließlich zum National Park erklärt.
Ich fahre die Parkstraße bis zum Ende. Am kleinen Parkplatz ist ganz schön was los. Das Frühjahr ist beliebt zum Wandern. Darauf verzichte ich aber lieber, denn ich habe andere Pläne und so drehe ich um. Ich halte noch kurz am Visitor Center, bevor ich den Park wieder verlasse.
Fazit, man sieht eigentlich so gut wie nichts. Die Viewpoints, die am Straßenrand ausgeschildert sind, haben mich überhaupt nicht überzeugt. So richtig Lust auf irgendeine Wanderung hat mir das, was ich gesehen habe, nicht gemacht. Auch die Informationen im Visitor Center haben da meine Meinung nicht geändert.
Ich folge dem Highway 25 nach Süden. Plötzlich eine Straßensperre. Hier ist der Hang auf die Fahrbahn gerutscht. Wann das war, kann ich nicht feststellen, aber es gibt eine Umfahrung, die auch schon asphaltiert ist. Seltsam, da wird eine Straße um das Hindernis gebaut und den abgerutschten Hang lässt man so liegen.
Weiter geht die Fahrt durch Irland, ähm natürlich Zentralkalifornien. Aber die grünen Hügel begleiten mich auch hier.
Um die Mittagszeit erreiche ich Atascadero. Die kleine Stadt im Herzen von Kalifornien hat eine ganz besondere Geschichte. Und in die möchte ich zumindest ein wenig eintauchen.
Atascadero liegt ziemlich genau in der Mitte zwischen San Francisco und Los Angeles. Edward Gardener Lewis, ein Zeitungsherausgeber, gründete die Stadt im Jahr 1913. Lewis kaufte eine mehr als 9000 Hektar große Ranch, auf der nun seine geplante Stadt entstehen sollte. Zuerst ließ er Bäume roden, dann eine Ziegelfabrik errichten. Nach den Beispielen des City Beautiful Movements, nach denen auch die Pasadena City Hall gebaut wurde, ließ er Verwaltungsgebäude, Schulen und Geschäfte aus den Ziegeln errichten. Das schönste noch erhaltene Bauwerk ist das Rathaus von Atascadero. Und das will ich mir nun etwas genau anschauen.
Das Gebäude steht auf einem großen freien Platz, wo es von überall zu sehen und zu erreichen ist. Rund herum ließ Lewis Wohnhäuser errichten, von den noch einige in den Seitenstraßen erhalten sind. Das Gebäude selbst war aber nur 10 Jahre lang Zentrum der Modellstadt, denn das Projekt scheiterte und ein Investor kaufte das Gebäude. Bis in die 1970ziger Jahre waren dann hier verschiedene Schulen untergebracht, bevor die Stadt das Gebäude 1974 kaufte und wieder seinem ursprünglichen Zweck zuführte. Seit 1979 ist hier wieder der Sitz der Stadtverwaltung von Atascadero.
In die fantastische Rotunde kann ich auch hineingehen. Hier ist die Anmeldung des Rathauses, aber auch einige Ausstellungen finden sich an den Wänden und in zwei kleinen Vorzimmern.
Hier stoße ich dann auch auf das Kapitel der Geschichte, dass fast das Ende des Gebäudes bedeutet hätte. Es war der 22. Dezember 2003 als die Gegend um San Simeon von einem Erdbeben der Stärke 6,3 erschüttert wurde. Das Beben war das stärkste seit dem Northridge Erdbeben im Jahr 1994. Das gesamte Gebäude erlitt massive Schäden. Fotografien und alte Ziegel demonstrieren das anschaulich. Es dauerte 10 Jahre bevor die City Hall wiedereröffnet werden konnte, doch nun erstrahlt sie in altem Glanz.
Gleich neben dem Rathaus steht noch eines der kleinen Wohnhäuser, die E.G. Lewis in seiner Musterstadt errichten ließ. Heute ist hier die Atascadero Historical Society beheimatet, sodass ich das Gebäude auch von innen anschauen kann.
Über noch mehr grüne Hügel fahre ich nun in Richtung Küste. Die California 46 ist eine schöne Strecke und es macht Spaß hier unterwegs zu sein.
Die Coastal Range und den gesperrten Highway 1 habe ich umfahren und komme nun bei Cambria am Pazifik an. Ich entschließe mich, noch ein kleines Stück nach Norden zu fahren. Weit kommt man sowieso nicht, denn die Erdrutsche haben auch hier weite Teile der Straße blockiert. So ist es ungewöhnlich ruhig auf dem Highway 1 in Richtung San Simeon. Nur wer in den Ort will, kommt hier entlang. Durchgangsverkehr gibt es nicht. Mein Ziel ist aber nicht der Ort selbst, sondern das Hearst Castle. Schon einige Male war ich hier, zum ersten Mal im Jahr 2001, das letzte Mal ist aber auch schon 5 Jahre her. Doch irgendwie kann ich hier immer wieder herkommen. Es gibt einfach sehr viel zu sehen auf dem „Enchanted Hill”, wie Erbauer William Randolph Hearst sein Grundstück nannte.
Hearst Castle Habe ich schon mehrmals besucht, zuletzt 2012. Ich habe schon alle Touren mitgemacht, doch auch das ist schon mehr als 10 Jahre her. So ist es nun an der Zeit für eine weitere kleine Auffrischung. Da ich nicht vorgebucht hatte, weil ich nicht wusste, wann ich hier sein würde, ist die Auswahl etwas eingeschränkter. Die Einführungstour wollte ich aber sowieso nicht schon wieder machen, sodass ich mich für die Cottages and Kitchen Tour entscheide.
Zuerst geht es vom Besucherzentrum mit dem Bus hinauf auf den Berg. Etwa 15 Minuten dauert die Fahrt, die schöne Ausblicke bietet. Dann erreiche ich die große Treppe, an der die Besucher von ihren Guides empfangen werden. Hinein darf man in die Gebäude nur auf einer geführten Tour. Meine führt, wie der Name schon sagt, zu den Gästehäusern, von denen 2 zu dieser Tour gehören, und in die Küche. Wir starten die Besichtigung im Casa del Monte.
Casa del Monte ist eines von drei Häuser, die Architektin Julia Morgan für W.R. Hearst errichten ließ. Hearst arbeitete über all die Jahre ausschließlich mit Morgan zusammen, die für den Bau aller Gebäude die Verantwortung trug. Mehr über die Architektin gibt es in einem Film im Besucherzentrum zu sehen, der in jedem Ticket enthalten ist. Aber zurück zum Haus, dass wir durch eine der zwei Eingangstüren betreten.
Keines der Gästehäuser hat eine Küche oder ein Esszimmer, denn die Hauptaktivitäten und Mahlzeiten sollten die Gäste zusammen verbringen. Die Häuser selbst waren hauptsächlich als Nachtquartiere gedacht.
Der Rundgang führt durch die verschiedenen Schlafzimmer mit angeschlossenen Bädern, sowie den Aufenthaltsraum in der Mitte des Hauses.
Weiter geht es zum Casa del Mar, dem größten Gästehaus, das auch besonders üppig ausgestattet war. Es befindet sich gleich nebenan, sodass nur ein kurzer Fußweg zurückgelegt werden muss.
Casa del Mar war ursprünglich das Wohnhaus von William Randolph Hearst, bis er 1927 in das Casa Grande zog. Erst im Alter wohnte er wieder hier. Die opulente Ausstattung spiegelt wieder, dass hier einst der Hausherr selbst seine Zeit verbrachte. Während Hearst im Casa Grande lebte, wurde das Haus, wie das Casa del Monte und das Casa del Sol, als Gästehaus genutzt.
Casa del Mar ist, wie alle Häuser von Hearst, sehr aufwendig ausgestattet. 14 Zimmer gibt es, davon sechs Schlafzimmer, einige Badezimmer, ein Arbeitszimmer sowie einen Aufenthaltsraum in der Mitte des U‑förmig angelegten Hauses.
Und hier sieht man auch, woher Casa del Mar seinen Namen hat, denn der Ausblick auf den Pazifik ist einfach großartig. Darauf legte Hearst sowieso großen Wert, denn dieser Blick war für ihn einfach unbezahlbar.
Im Casa del Mar zu sehen sind übrigens auch das Schlafzimmer sowie das Badezimmer von William Randolph Hearst aus den Jahren, die er hier im Haus verbracht hat. Die beiden sehr opulent ausgestatteten Räume spiegeln ganz den Geschmack des Hausherrn wieder.
Nach der Besichtigung der zwei Gästehäuser geht es weiter zum Casa Grande, dem Haupthaus. Das Casa del Sol ist nur auf einer anderen Tour zu sehen. Auch das Haupthaus sehe ich dieses Mal nur von außen. Will man hier mehr sehen, sollte man die Grand Rooms Tour oder die Upstairs Suites Tour buchen. Das Haus ist so groß, dass es nicht auf einer Tour komplett zu sehen ist.
Wir aber gehen um das Gebäude herum und in einen Seiteneingang. Kurze Zeit später stehen wir in der riesigen Küche, in der die Mahlzeiten für Hearst und seine Gäste zubereitet wurden.
Der letzte Punkt auf dieser Tour ist die Besichtigung des Weinkellers. Auch wenn Hearst selbst nicht viel trank, so sammelte er doch gern Weine und beeindruckte seine Gäste mit dem reichhaltigen Angebot.
Nach ca. 60 Minuten ist die Tour vorbei und ich habe noch Zeit, mich in den Gartenanlagen umzusehen. Von überall habe ich schöne Ausblicke, auf die momentan saftig grünen Hügel rund um Hearst Castle.
Einziger Wermutstropfen bei meinem Gartenrundgang, der fantastische Neptune Pool wird derzeit saniert, sodass er eher traurig aussieht. Zum Glück war ich schon mehrmals hier, sonst wäre ich richtig enttäuscht gewesen. Allerdings hätte ich schon mal gerne schöne Digitalbilder gehabt, denn auch beim Besuch 2012 war es mir nicht vergönnt hierher zu kommen.
So laufe ich dann die Terrassenförmig angelegte Gartenanlage hinunter bis zur Grundstücksgrenze. Hier unterhalb der Gästehäuser habe ich einen tollen Blick auf selbige und hinunter zum Pazifik. Heute ist wirklich wunderbares Wetter und es macht Spaß die Gärten zu entdecken.
Schließlich muss ich aber doch zurück zum Casa Grande. Es ist schon später Nachmittag und ich will den letzten Bus zum Parkplatz nicht verpassen.
Kurz vor der Busstation für den Rücktransport komme ich noch am Tennisplatz vorbei. Diesen hatte Hearst sich anlegen lassen, da er selbst ein begnadeter Spieler war.
Ganz zum Schluss einer jeden Tour steht dann noch der Besuch des Roman Pools an. Der Indoor Pool liegt unter dem Tennisplatz und ist komplett mit Mosaik und Blattgold ausgestattet. Über drei Jahre dauerte es die Verzierungen anzubringen.
Dann geht es mit dem Bus wieder hinunter vom Berg. In Teilen folgt die Straße hier jedoch einer anderen Route als bei der Auffahrt. So komme ich noch an den Tiergehegen vorbei, die einst den Privatzoo von Hearst beherbergten. Die Tiere sind längst nicht mehr da, bis auf ein paar Zebras, die ausgewildert noch heute unter den Rinderherden der Hearst Coöperation leben. Und manchmal hat man sogar Glück und entdeckt eines von ihnen auf den Wiesen.
Auch diese Pergola gehörte einst zur Vision von Hearst. Unter ihr sollte der Besucher in Richtung Casa Grande entlang spazieren können.
Ich bin eines der letzten Autos, das den Parkplatz vor dem Visitor Center verlässt. Um 18 Uhr schließt der State Historic Park seine Pforten und jeder muss das Grundstück verlassen haben. Auf den Weg zum Hotel mache ich mich aber noch nicht. Trotz ziemlich später Stunde fahre ich noch ein kleines Stückchen nach Norden, denn ich will noch die Elephant Seals bei Piedras Blancas besuchen. Durch die Straßensperrung im Norden ist hier gar nichts los. Außer mir steht noch ein weiteres Auto auf dem Parkplatz, zu sehen ist nicht ein Mensch. So habe ich die Tiere ganz für mich allein.
Erst seit Anfang der 1990ziger Jahre kommen die See-Elefanten an diesen Strand, um sich zu paaren und ihre Jungen zur Welt zu bringen. Die Kolonie ist die größte in Kalifornien und die größte Festlandkolonie in ganz Nordamerika. Normalerweise suchen sich die See-Elefanten eher Inseln, wo sie sich versammeln, denn dort können sie nicht von Landraubtieren angegriffen werden.
Warum diese Kolonie hier entstanden ist, darüber kann nur spekuliert werden. Sicher ist aber, dass erst 1978 die ersten Tiere hier gesichtet wurden. In 1990 erreichten dann zum ersten Mal mehr als 100 Tiere die Bucht und ihre Zahl erhöhte sich bis 2007 auf unglaubliche 16.000. Diese Zahlen erreicht die Kolonie seither fast jedes Jahr. Da einige der Tiere markiert waren weiß man aber, dass sie wohl von den vorgelagerten Inseln im Pazifik kommen, insbesondere San Miguel Island. Es wird vermutet, dass die dortige Überfüllung die Tiere dazu bewegte, sich ans Festland zu begeben.
Eine ganze Weile beobachte ich die Tiere, bevor ich weiter fahre. Da das Abendlicht so schön ist, halte ich aber noch kurz am William Randolph Hearst Memorial State Beach und lauf zum San Simeon Pier.
Dann fahre ich aber zügig nach Süden. Weit habe ich es zwar nicht mehr, aber die Dämmerung setzt schon ein, als ich das Hampton Inn in Arroyo Grande erreiche, das ich für die heutige Nacht gebucht habe.
Ich bekomme schönes Zimmer mit Ausblick auch lasse den Abend gemütlich ausklingen.
Meilen: 252
Wetter: heiter, 12–16 Grad
Hotel: Hampton Inn & Suites