Tag 15: Dienstag, 12. September 2017
Where no one has gone before – Dubuque nach Freeport
„No, I’m from Iowa. I only work in outer space.” – Captain James T. Kirk
Da ich mir Dubuque schon vor vier Jahren angesehen habe, beschließe ich heute gleich weiterzufahren. Ich mache einen kleinen Schlenker durch Iowa, denn das Wetter ist toll und die Sonne strahlt vom blauen Himmel. So fahre ich nach Iowa City, das bereits 1839 auf Grund eines Beschlusses der Territorialverwaltung zur Hauptstadt wurde. Bis 1857 blieb die Stadt Regierungssitz, bevor die Hauptstadt nach Des Moines verlegt wurde. Aus dieser Zeit stammt auch das alte State Capitol, das heute im Herzen der University of Iowa zu finden ist, die hier ihren Hauptsitz hat.
Schon vor vier Jahren wollte ich das Gebäude besichtigen, doch damals war das Wetter schlecht und es war geschlossen. Heute aber passt alles und so parke ich mein Auto und mache mich auf den Weg zum Eingang.
Gleich nach dem Eintreten fällt mir die interessante Treppe ins Auge. Man nennt dieses Design „Reverse spiral staircase”, weil sie in einem Linksbogen startet und sich dann so wendet, dass sie genau über ihrem Anfang endet. Solch eine Treppe war sehr schwer zu bauen und so kam es, dass sie über 80 Jahre gar nicht richtig montiert war. Architekt John Frances Rague verließ nämlich die Baustelle mit den Bauplänen und ließ die unvollendete Treppe liegen. Die Bauarbeiter konnten nur raten, wie man die Treppe zusammensetzte und so kam es, dass sie nicht genau passte und ein kleiner Absatz am Ende blieb.
Dieser Fehler wurde erst bei der Restaurierung im Jahr 1920 behoben und seitdem kann diese außergewöhnliche Treppe ohne Einschränkungen genutzt werden. Von den Räumlichkeiten im Gebäude sehe ich mir zuerst den alten Gerichtssaal an. Hier hatte einst der oberste Gerichtshof von Iowa seinen Sitz.
Dann geht der Rundgang weiter und führt durch verschiedene Büros und die Empfangsräume des Gouverneurs.
Nun klettere ich die wunderschöne Treppe ein Stockwerk höher, wo sich der Senat und das Repräsentantenhaus befinden.
Im Gegensatz zum Repräsentantenhaus ist der Senat allerdings nicht mehr historisch korrekt eingerichtet. Dieser Saal wird heute als Veranstaltungsraum genutzt.
Nun geht es noch ein Stück höher, bis unter das Dach. Von dieser Etage habe ich auch einen schönen Blick auf die Kuppel. Die innere Kuppel ist allerdings nicht die, die man außen sieht. Sie liegt rund 12 Meter unter der äußeren Kuppel. Das Blattgold der Außenkuppel wurde übrigens im Jahr 1920 aufgetragen und kostete damals 200 Dollar. Zusammengerollt würde es nicht viel mehr als ein Golfball sein.
Doch nicht nur ein Blick auf die Kuppel, auch der Blick nach draußen über das Universitätsgelände ist nicht zu verachten.
Der eigentliche Grund hier hochzukommen ist aber die Besuchertribüne des alten Repräsentantenhauses, von der ich einen schönen Blick auf den Saal habe.
Nun geht es die geschwungene Treppe wieder hinunter ins Erdgeschoss.
Hier gibt es noch ein besonderes Ausstellungsstück, die originale Glocke die sich in der Kuppel befand. Sie wurde bei einem Feuer, das am 20. November 2001 während Renovierungsarbeiten ausbracht, zerstört. Das damals nur die Kuppel stark beschädigt wurde, ist den Bauherren von 1920 zu verdanken, die bei der damaligen Restaurierung eine Brandschutzmauer aus Beton einzogen.
Mein nächstes Ziel ist nun eigentlich eine Reise in die Zukunft. Ich fahre nach Riverside, Iowa, das etwas südlich von Iowa City liegt. Wer jetzt kein Star Trek Fan ist, dem wird dieser Name nichts sagen, doch alle anderen haben ihn vielleicht schon einmal gehört. Riverside ist der Geburtsort von James Tiberius Kirk – am 22. März 2228. Und da Captain Kirk nun mal hier geboren werden wird, hat sich der Ort schon mal darauf eingestellt.
Sogar der echte Kirk alias William Shatner war schon hier und das mehr als einmal, genauso wie viele seiner Schauspieler Kollegen, denn alljährlich gibt es hier das große Trekfest. Shatner hat sogar etwas dagelassen, diese Bank, die Nita Wingler Rath ehrt. Warum gerade diese Bewohnerin von Riverside, konnte ich allerdings nicht herausfinden.
Gleich am Ortseingang liegt das „The Voyage Home Riverside History Center”. Während ich vor vier Jahren nun einen Blick durchs Fenster werfen konnte, ist heute geöffnet, sodass ich mich in Ruhe umschauen kann.
Das kleine Gebäude beherbergt ein Museum mit integriertem Shop und man hat hier allerhand Star Trek Raritäten zusammengetragen. Die Wände hingegen sind von Autogrammen und Fotos gepflastert.
Viel wichtiger aber ist, ich kann mich nach dem genauen Geburtsort erkundigen, denn den habe ich 2013 nicht gefunden. An der Main Street sagt man mir, beim gelben Haus und es soll jetzt auch ein Hinweisschild geben. Also fahre ich weiter ins Zentrum von Riverside, das ziemlich verlassen wirkt.
Das gelbe Haus jedoch ist schnell gefunden.
Die Häuser der Main Street sind noch zu einer Zeit gebaut worden, als die Straßen ungepflastert und staubig waren und so sind die Bürgersteige auch heute noch erhöht angelegt. Vom geparkten Auto gelange ich über diese Treppe hinauf.
Und da ist tatsächlich nicht nur das gelbe Haus, sondern auch ein funkelnagelneues Hinweisschild, sodass ich den Geburtsort gar nicht verpassen kann.
Zwischen zwei Häusern führt ein kleiner Weg auf einen Hinterhof.
Dann habe ich ihn tatsächlich gefunden, den Geburtsort von James T. Kirk.
Gegenüber wurde der Bretterzaun noch mit einem Wandbild verziert, mehr ist dann aber auch nicht zu entdecken. Cool ist es trotzdem, einmal hier gewesen zu sein und ich fahre zufrieden weiter.
Es gibt nun noch ein weiteres Ziel, das ich 2013 nicht besuchen konnte, das aber heute auf dem Plan steht. Damals hatte mir der Shut Down einen Strich durch die Rechnung gemacht, denn die Herbert Hoover National Historic Site gehört zum National Park Service und war somit geschlossen.
Herbert Hoover kam in West Branch Iowa auf die Welt. Seine Familie war seit sechs Generationen Quäker und hatte britische sowie Schweizer Wurzeln. Ursprünglich hieß die Familie seines Vaters Huber. Hoover hatte zwei Geschwister. Als er sechs Jahre alt war, verstarb sein Vater an Typhus, seine Mutter nur vier Jahre später an einer Lungenentzündung. Daraufhin wuchsen die Kinder bei verschiedenen Verwandten auf.
Im Visitor Center der National Historic Site befindet sich ein kleines Museum, das ich mir zuerst anschaue. Hier ist auch die Wiege ausgestellt, in der Herbert Hoover als Baby geschlafen hat.
Dann geht es nach draußen, denn der größte Schatz dieses Ortes ist die fantastisch erhaltene Freifläche, die ich nun erkunden möchte.
Die Herbert Hoover National Historic Site umfasst nämlich nicht nur das Geburtshaus des Präsidenten, sondern ganze Straßenzüge aus der damaligen Zeit.
Ich laufe also los durch eine Nachbarschaft, wie sie auch schon zu Zeiten von Herbert Hoover ausgesehen hat. So komme ich als erstes am Hannah Varney House vorbei, einem der „Neubauten” der Siedlung, das erst 1899 errichtet wurde.
Das nächste Haus ist das Dr. Leech House, in dem der Mediziner ab 1882 für 55 Jahre praktizierte. Als er 1937 verstarb, lobte ihn der ehemalige Präsident Hoover in einer Trauerkarte für seine wichtige Arbeit in der Gemeinde.
Als ich weiter laufe, komme ich am Laban Miles House vorbei, der ein Ziehonkel von Herbert Hoover war. Der kleine Herbert besuchte die Familie sehr oft in diesem Haus.
Sogar die Ausstiegshilfen für Pferdekutschen sind noch immer an der Straße vorhanden. Es ist schon erstaunlich, wie sehr sich die Welt damals verändert hat. Als Herbert Hoover auf die Welt kam, bewegten sich die Leute noch mit Pferd und Wagen fort, als er starb, konnte man im Flugzeug um die Welt fliegen.
Das Amanda Garvin House ist ein sehr schönes Beispiel des Gothic Revival Stils, der in Ost Iowa erfunden wurde. Herbert Hoover musste jeden Tag auf dem Weg zur Schule an diesem Haus vorbei, das 1872 hier errichtet wurde.
Erhalten ist auch die 1853 erbaute Schule, die aber schon zu Zeiten von Herbert Hoover viel zu klein war. Als Klassenzimmer wurde sie aber weiterhin genutzt.
Und schließlich bin ich da, am Geburtshaus von Herbert Hoover. Damals arbeitete sein Vater zuerst als Schmied und eröffnete später ein Geschäft. Die Familie lebte in einfachen Verhältnissen in diesem kleinen Haus, das nur zwei Zimmer und eine Küche hatte.
Im Garten befindet sich die kleine Außentoilette, wie sie damals üblich war. Dahinter ist die alte Schmiede zu sehen.
Ich laufe noch ein Stück weiter die Straße entlang und erreiche das Meeting House, den wohl wichtigsten Bau einer Quäker Gemeinde. Das Gebäude wurde 1857 errichtet und war seitdem der religiöse Mittelpunkt der Gemeinde. Religion war sehr wichtig im Alltag des jungen Herbert Hoover, denn seine Mutter war eine Pastorin der Gemeinde.
Interessant ist auch der Blick ins Innere, denn Frauen und Männer saßen hier getrennt. Die Wände konnten jedoch durch Luken geöffnet werden. Außerdem war man sehr fortschrittlich und hatte bereits ein separates Zimmer für die Kinderbetreuung.
Neben der National Historic Site, die vom National Park Service betrieben wird und kostenlos zu besichtigen ist, gibt es auch noch die Presidential Library, die allerdings Eintritt kostet. Hier erfahre ich dann mehr über den 31. Präsidenten der USA.
Herbert Hoover studierte unter anderem in Stanford und kam zunächst als Bergbauingenieur und Unternehmer zu Wohlstand, sodass er mit Ende dreißig bereits mehrfacher Millionär war. Eine seiner berühmtesten Aussagen war: “If a man has not made a million dollars by the time he is forty, he is not worth much.”
Nachdem er im Ersten Weltkrieg das Belgische Hilfswerk gründete, das belgische Zivilisten unterstützte, wurde er von Präsident Woodrow Wilson zum Leiter der United Food Administration berufen. Nach dem Krieg unterstützte er schließlich den Wiederaufbau der Lebensmittelversorgung in Europa. Danach machte er ziemlich schnell Karriere. So wurde er 1921 unter Warren G. Harding und später auch unter Calvin Coolidge Handelsminister.
Die Präsidentschaftswahl 1928 gewann er Haushoch gegen den demokratischen Kandidaten Smith und wurde so zum 31. Präsidenten der USA. Zuerst lief es sehr gut für den Präsidenten, doch dann kam die Weltwirtschaftskrise, die in den USA als Great Depression bekannt ist. Sie führte zu einer massenhaften Verarmung der Bevölkerung und der Präsident wurde beschuldigt, tatenlos zusehen. Das schadete ihm sosehr, dass er seine Wiederwahl Erdrutschartig gegen Franklin D. Roosevelt verlor. Hoover schied als einer der unbeliebtesten Präsidenten aus dem Amt.
Nach seiner Abwahl setzte er sich wieder verstärkt für wohltätige Zwecke bei der Lebensmittelhilfe ein. So war er Gründer der Hoover-Speisung, die maßgeblich für die Versorgung von Kindern im Nachkriegsdeutschland von 1946–49 verantwortlich war. Ebenso war Herbert Hoover an der Gründung von UNICEF beteiligt.
Der berühmte Hoover Damm in Nevada, der 1931 eröffnet wurde, ist übrigens nach Herbert Hoover benannt. Das war jedoch nicht immer so, denn zuerst wurde es als sehr befremdlich angesehen, den Damm nach dem amtierenden Präsidenten zu benennen. So hieß er ab 1933 erst einmal Boulder Damm und bekam den Namen Hoover Damm erst wieder im Jahr 1947.
Seinen Lebensabend verbrachte Herbert Hoover, nach dem Tod seiner Frau im Jahr 1944, in New York, genauer gesagt im Waldorf Astoria Hotel, wo er, wie viele andere Prominente, eine Suite besaß, in der er lebte.
Nach seinem Tod am 20. Oktober 1964 in New York ist Herbert Hoover aber wieder dorthin zurückgekehrt, wo er geboren wurde, nach West Branch in Iowa. Ein kleiner Pfad führt zur Grabstätte in der Nähe seines Geburtshauses.
Rund um die Grabstätte ist ein Stück ursprüngliche Prärie erhalten worden. Sie soll zeigen, wie Iowa in Kindertagen von Herbert Hoover größtenteils ausgesehen hat.
Über die 1956 erbaute Gateway Bridge verlasse ich nun Iowa. Ein letztes Mal sehe ich hier auch den Mississippi, der an dieser Stelle die Grenze zu Illinois bildet. Somit bin ich wieder in dem Bundesstaat, in dem meine Reise begann. Zu Ende ist sie deshalb aber noch nicht.
Ich folge dem Fluss wieder ein Stück nach Norden, bis ich Fulton erreiche, das 1835 gegründet wurde. Die Kleinstadt hat übrigens präsidiale Wurzeln, denn ein Großteil der Familie von Ronald Reagan lebte hier, seine Eltern wurden hier geboren und heirateten in der hiesigen Kirche. Deshalb bin ich aber heute nicht hier.
Hierher geführt hat mich die holländische Geschichte von Fulton. Bereits 1856 kam mit Thomas Smith der erste Einwohner mit holländischen Wurzeln nach Fulton. Zuerst kamen die Siedler nur aus Chicago und Michigan, doch bald schon zogen die ersten Holländer direkt aus der Heimat hierher. So kommt es auch, dass hoch über dem Mississippi Deich eine Windmühle thront, die nur eine von Zweien in den gesamten USA ist, die noch heute funktionstüchtig ist.
Auch das 1855 erbaute Martin House kann man eigentlich besichtigen, doch genauso wie die Windmühle hat es leider heute schon geschlossen.
Das nächste Bild ist schon so etwas wie ein historisches Dokument, denn eine der beiden Brücken, die hier zu sehen ist, existiert nicht mehr. Die 1931 erbaute Savanna-Sabula Bridge hat das Schicksal so vieler alter Brücken ereilt, sie wurde durch einen im November 2017 eröffneten Neubau ersetzt und abgerissen.
Das Bild ist nur durch Zufall entstanden, weil ich hier durch eine Baustelle für die neue Zufahrt muss. Mein Ziel ist der Mississippi Palisades State Park, der einige hohe Klippen schützt, die über dem Mississippi im nördlichen Illinois thronen.
Zeit genug für die zahlreichen Wanderwege habe ich heute Abend allerdings nicht mehr. Ich fahre nur die Parkstraße zu einem Aussichtspunkt hinauf und werde dabei mal wieder neugierig beäugt.
Vom Aussichtspunkt habe ich dann nochmals einen schönen Blick auf den Fluss.
Nach diesem wirklich letzten Blick auf den Großen Fluss, fahre ich noch ein Stück weiter nach Norden, bis ich Freeport erreiche. In dieser Ecke von Illinois war ich bisher noch nie und bin bei meiner Recherche auf ein recht ungewöhnliches Hampton Inn gestoßen.
Das Hampton Inn in Freeport ist nicht etwa das Standard Hotel, wie man es Hundertfach an den großen Highways der USA findet, dieses Hotel hat eine Geschichte. 1928 wurde das Gebäude bereits als Hotel gebaut. Vor rund zehn Jahren wurde es dann liebevoll restauriert und ist heute ein kleines Schmuckstück.
Ganz billig war das Zimmer hier allerdings nicht. Das liegt jedoch weniger am Gebäude, sondern vielmehr daran, dass dieses Hotel eines der besten der Kleinstadt ist und es hier durch ein paar große Fabriken viele Geschäftsreisende gibt. Mit Punkten ließ sich das Hotel jedoch sehr günstig buchen, sodass ich hier diese Option genutzt habe. Als Hilton Diamond bekomme ich beim Check-in auch noch ein Upgrade auf eine Suite im obersten Stockwerk.
Von hier habe ich einen Blick über die gesamte Innenstadt von Freeport.
Bevor ich zum Essen fahre, zeigt sich mir noch ein schöner Sonnenuntergang.
Zum Abendessen gehe ich heute zu Applebee’s. Bei dieser Kette kann man ja manchmal etwas Pech haben, aber dieses Restaurant ist super, nette Bedienung und auch gutes Essen.
Zurück im Hotel, mache ich auf meinem Zimmer dann noch Pläne für morgen. Das Wetter soll wieder fantastisch werden und so beschließe ich, meine Tour noch einmal umzuwerfen und nicht auf direktem Weg zurück nach Chicago zu fahren.
Meilen: 312
Wetter: heiter, 61–84 Grad
Hotel: Hampton Inn