Tag 2: Samstag, 13. Mai 2017
Castles in the Sun – Swindon nach Exeter
„I’m just fascinated by visiting actual castles in the countryside.” – Lily Collins
Tatsächlich haben die Wetterfrösche recht behalten und irgendwann heute Nacht hat sich der Regen verzogen. Jetzt kämpft sich die Sonne durch ein paar letzte Nebelschwaden. Ich gehe derzeit zum Frühstück, das ich dank meines Hilton Honors Status kostenlos bekomme. Danach packe ich meine Sachen und fahre los. Mein Weg führt mich nach Dorset, wo ich das Sherborne Castle besuchen möchte.
Sherbone Castle wurde im 16. Jahrhundert ursprünglich als Lodge für gelegentliche Aufenthalte für Sir Walter Raleigh errichtet und später an John Digby, 1. Earl of Digby verkauft, der es schon bald zum Familienwohnsitz ausgebaute. Noch heute gehört Sherborne Castle Nachfahren der Familie und wird auch teilweise bewohnt. Deshalb darf ich leider im Inneren auch nicht fotografieren, sodass ich nur diesen Aufsteller mit ein paar Innenaufnahmen zeigen kann.
Nur dieses eine Foto aus dem Fenster in ersten Stock mache ich während der Besichtigung. Von hier kann man auf die Ruinen des alten Sherborne Castle sehen, die heute zu English Heritage gehören und ebenfalls besichtigt werden können. Die alte Burg wurde bereits im 12. Jahrhundert errichtet und im englischen Bürgerkrieg zerstört.
Die schönen Gärten, die rund um Sherborne Castle zu finden sind, wurden von berühmten Landschaftsarchitekten Capability Brown angelegt.
Heute machen die Besichtigungen richtig Spaß. Die Sonne scheint und es ist angenehm warm. So fahre ich weiter nach Montacute House, das zum National Trust gehört. Diese schöne Zufahrt war einst der Haupteingang, heute jedoch komme ich durch einen Seiteneingang auf das Gelände.
Montacute House ist ein wahres Meisterwerk der elisabethanischen Architektur. Vermutlich um 1588 begann Edward Phelips mit dem Bau, nachdem er durch Erbschaft und seine Stellung als Rechtsgelehrter am Hofe zu Wohlstand gekommen war. 1601 wurde das beeindruckende Haus fertiggestellt und diente der Familie bis 1911 als Landsitz. Danach wurde es mehrmals vermietet und 1929 schließlich zum Abbruch angeboten. Gerettet wurde es von Ernest Edward Cook, einem Enkel des Tourismus Pioniers Thomas Cook, der die Mittel für den Kauf des Gebäudes spendete. Schließlich wurde das Anwesen dem National Trust übereignet und so zur ersten großen Gartenanlage, die der Trust übernahm.
Heute erstrahlt das Anwesen in altem Glanz, nachdem es im Zweiten Weltkrieg noch als Militärquartier genutzt und danach vom National Trust aufwendig renoviert wurde.
Natürlich besichtige ich das Haus auch von innen, wo es mit erlesenen Möbeln aus seiner Erbauerzeit ausgestattet ist. Das H‑förmige Gebäude ist riesig und bietet unzählige Zimmer, die es zu entdecken gilt.
So finde ich auch dieses etwas ungewöhnliche Badezimmer, das in einem Schrank versteckt ist.
Im dritten Stock von Montacute befindet sich die Long Gallery, die mit ihren 52 Metern als die längste erhaltene Long Gallery in England gilt. Hier und in vielen anderen Räumen werden Porträts aus der Tudor Zeit ausgestellt, die eine Dauerleihgabe der National Portrait Gallery sind.
Trotz einiger Schäden durch die Nutzung des Militärs sind große Teile der wunderschönen Gärten noch immer erhalten und erstrahlen heute wieder in altem Glanz. Und bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen Temperaturen macht es gleich doppelt Spaß, dieses wunderschöne Anwesen im Herzen von Somerset zu erkunden.
Ganz in der Nähe gibt es noch ein weiteres Herrenhaus des National Trust, Barrington Court. Nachdem ich das Besucherzentrum hinter mir gelassen habe, stehe ich erst einmal im Küchengarten des Anwesens. Von hier geht es weiter durch verschiedene Gartenanlagen und den 1675 errichteten Wirtschaftstrakt bis hin zum Herrenhaus.
Schließlich erreiche ich das Herzstück des Anwesens, das Tudorhaus, das zwischen 1538 und 1550 erbaut wurde. Doch schon nach 1745 verfiel das Herrenhaus zusehends ungenutzt und die Ländereien wurden an Farmer verpachtet. Erst rund 150 Jahre später begann der Architekt Alfred Hoare Powell mit ersten Reparaturarbeiten und bewahrte das Haus so vor der Zerstörung. Letztendlich war Barrington Court das erste Haus, das der National Trust kaufte und noch heute für Besucher öffnet.
Das Innere des Hauses ist kaum möbliert, denn die letzten Bewohner nahmen ihre Einrichtung beim Auszug mit. So sind hauptsächlich wertvolle Schnitzereien und andere architektonische Besonderheiten zu sehen, die vom National Trust restauriert wurden.
Wieder draußen laufe ich noch bis zum Haha, der etwa 50 Meter vor dem Haupteingang des Hauses verläuft. Und hier werde ich neugierig beäugt, denn wie es sich zu einem Landsitz gehört, werden in Barrington Court heute noch Rinder gehalten.
Jetzt mache ich mich auf den Weg nach Exeter, wo ich heute mein Hotel gebucht habe. Vorher biege ich aber noch nach Exmouth ab. Hier war ich vor neun Jahren schon einmal, doch damals schüttete es wie aus Kannen. So beschließe ich, noch einmal bei einem recht ungewöhnlichen Haus vorbeizuschauen – À la Ronde.
Das sechzehneckige Haus, das für die Cousinen Jane und Mary Parminter erbaut wurde, ist schon etwas Besonderes. Im Jahr 1796 wurde es fertiggestellt und hat 20 Zimmer. Heute gehört das Haus dem National Trust und kann besichtigt werden.
Zentraler Raum des Hauses ist eine 10,70 m hohe achteckige Halle, das Oktagon. Von hier gehen die Zimmer ab. Im Erdgeschoss sind es acht Räume, die über die Halle zugänglich sind.
Die Ausstattung der Räume wurde von den Cousinen auf ihrer Grand Tour durch Europa zusammengetragen oder auch selbst angefertigt, denn die beiden Damen waren handwerklich sehr geschickt.
Im Obergeschoss befinden sich die Schlafzimmer. Von hier habe ich auch einen schönen Ausblick auf den Garten und die Umgebung.
Ein ganz besonderer Raum ist der Muschelsaal unter dem Dach. Um eine Galerie der großen Halle angelegt, wurden hier nur Muscheln verbaut, die die Cousinen auf ihrer Grand Tour gesammelt hatten. Leider darf man den Raum nicht betreten, da es dort oben sehr eng ist und durch Besucher schon zu viele Schäden entstanden sind.
Nachdem ich meine Besichtigung im Haus abgeschlossen habe, schaue ich mich noch ein wenig auf dem Grundstück um. Neben einem kleinen Shop gibt es hier auch noch die Waschküche zu sehen. Außerdem finde ich interessante Pflanzen.
Da das Wetter weiterhin hält und auch immer wieder ein paar Sonnenstrahlen zu sehen sind, beschließe ich, noch ins nahe Exmouth zu fahren. Das kleine Seebad mit seinen rund 30.000 Einwohnern liegt an der Mündung des River Exe südlich von Exeter.
Ich finde einen Parkplatz an der Seepromenade und schaue mich zu Fuß ein wenig um. Dabei komme ich am 1897 anlässlich des diamantenen Regierungsjubiläums von Queen Victoria erbauten Clock Tower vorbei. Ursprünglich musste die Uhr regelmäßig aufgezogen werden und eine Automatik wurde erst in späteren Jahren eingebaut.
Als die Sonne schließlich endgültig hinter den Wolken verschwindet, fahre ich zurück nach Exeter, wo ich das Hampton by Hilton reserviert habe. Auf eine Runde durch die Stadt habe ich keine Lust mehr, sodass ich direkt ins Hotel fahre. Hier bekomme ich ein typisches Hampton Zimmer, allerdings mit nettem Ausblick, denn der ist direkt auf die Start- und Landebahn des Flughafens.
Am Abend sichere ich dann noch die Bilder und überprüfe den Wetterbericht für morgen. Draußen hat es inzwischen begonnen zu regnen, aber das soll zunächst nur ein kurzes Intermezzo sein. Als ich gerade das Licht ausschalten will, gibt es einen ohrenbetäubenden Knall. Ich erschrecke mich dermaßen, dass ich im ersten Moment denke, ein Flugzeug ist abgestürzt oder in das Hotel gekracht. Als aber nach einigen Sekunden alles ruhig bleibt, stehe ich auf und entdecke, was passiert ist. In meinem Bad ist die Duschscheibe in Tausende kleiner Scherben zersprungen, die nun den gesamten Boden bedecken und bis auf den Flur geschleudert wurden. Was für ein Glück, dass ich nicht im Bad war.
Ich ziehe mir schnell etwas über und mache ein Handyfoto. Das glaubt mir ja sonst kein Mensch. Dann gehe ich zur Rezeption und dort ist man total geschockt. Die Damen können kaum glauben, was sie auf meinem Bild sehen. Sie kommen mit nach oben, denn das wollen sie mit eigenen Augen sehen. Eigentlich würde ich jetzt ein anderes Zimmer bekommen, doch das Hotel ist ausgebucht und es ist bereits kurz vor Mitternacht. So fragt man mich, ob es okay sei, wenn sie sauber machen und ich würde bleiben. Natürlich ginge die Übernachtung aufs Haus. Ich bin damit einverstanden, denn das Bett ist ja nicht betroffen und nach der Reinigung können Waschbecken und Toilette auch wieder genutzt werden. So komme ich nach Mitternacht endlich zur Ruhe.
Meilen: 158
Wetter: heiter, abends Schauer, 11–19 Grad
Hotel: Hampton by Hilton Exeter