Tag 6 – Montag, 16. Mai 2016
Bridges to the Past – Lincoln nach Newcastle-upon-Tyne
„I come from Yorkshire in England where we like to eat chip sandwiches – white bread, butter, tomato ketchup and big fat french fries cooked in beef dripping.” – Helen Fielding
Schon früh breche ich in Lincoln wieder auf. Gerne hätte ich mich hier noch ein wenig umgesehen, doch das verschiebe ich auf ein anderes Mal. Ich habe anderes vor und das will ich nicht verschieben. Die Sonne lacht vom blauen Himmel, als ich die Stadt verlasse.
>Nach guten neunzig Minuten Fahrt erreiche ich schließlich die Humber Bridge. Seit 1981 überspannt die Brücke den Humber nahe Kingston upon Hull. Mit 1410 Metern Mittelspannweite ist sie immer noch eine der längsten Hängebrücken der Welt, für 17 Jahre nach ihrem Bau war sie sogar die längste. Insgesamt legt man 2220 Meter zurück, um die dreißig Meter hohe Brücke zu überqueren.
An beiden Brückenköpfen gibt es kleine Parkplätze, sodass man die Brücke auch aus der Nähe bestaunen kann. Ich fahre zum südlichen Brückenkopf, wo ich direkt bis unter die Brücke laufe.
Erste Planungen für den Bau einer Humber Brücke gab es hier bereits 1928, doch Weltwirtschaftskrise und finanzielle Probleme zögerten den Bau immer wieder heraus. Erst am 26. Juli 1972 begannen die Bauarbeiten. Nach neunjähriger Bauzeit wurde sie schließlich am 17. Juli 1981 durch Königin Elizabeth eröffnet. Derzeit werden für eine Überquerung mit dem PKW £1.50 Maut fällig.
Eine Besonderheit bei einer Brücke dieser Länge ist übrigens, dass man sie komplett zu Fuß überqueren kann. Den Rekord der längsten Brücke dieser Art weltweit hält sie übrigens immer noch.
Mein nächstes Ziel an diesem sonnigen Morgen ist Castle Howard, das ich im letzten Jahr, als ich in York war, nicht besucht hatte.
Bevor ich jedoch diesen Anblick genießen kann, heißt es erst einmal eine längere Auffahrt hinaufzufahren. Die führt auch durch solche Steintore – eine wirklich interessante und einmalige Anfahrt.
Castle Howard wird heute als das erste richtige Barockgebäude in England betitelt. Erbaut wurde es im frühen 18. Jahrhundert. Castle Howard ist gar kein richtiges Castle, denn es hatte nie Befestigungen. Es ist eigentlich ein Landsitz, trotzdem ist der Name bis heute geblieben. Das Haus ist auch heute noch in Privatbesitz und schon seit über 300 Jahren der Familiensitz der Howards.
Ich spaziere als Erstes durch die Gärten rund um das Haus, denn das Haus macht erst etwas später auf. So früh am Morgen ist es noch leer auf dem Gelände und genieße die Ruhe, um Bilder zu machen.
Vom Gelände zu sehen, ist auch diese Pyramide, die wie verschiedene Statuen ein Hingucker sein sollte. Näher kommt man an sie aber nicht heran.
Zu Castle Howard gehört eine riesige Gartenanlage. Ich mache mich auf den Weg rund um den See, der zur Anlage gehört.
Von der hinteren Gartengrenze ist auch das Mausoleum der Familie Howard zu sehen, das aber nicht besichtigt werden kann.
Schließlich erreiche ich den Tempel der vier Winde. Das kleine Gartenhaus war die letzte Arbeit von John Vanbrugh, der auch Architekt von Howard Castle war, dessen Fertigstellung aber nicht mehr erlebte.
Den Abschluss des Landschaftsparks bildet auch hier ein HaHa, einem beliebten Gestaltungsmittel in englischen Gärten. Man trennte damit den Park von den bewirtschafteten Ländereien, ohne den Ausblick durch Mauern oder Zäune zu zerstören. Der HaHa verhindert aber auch, dass Menschen oder Tiere ungebeten auf das Grundstück gelangen. Beim Spazierengehen sollte man aber genau hinschauen, damit man nicht hinunterfällt.
Schließlich gehe ich zurück zum Haus. Auf dieser Seite des Sees gibt es eine lange Allee mit Statuen.
Kurz vor dem Haus entdecke ich diese Zeitkapsel. Ich habe ja schon einige gesehen und bin auch schon bei der Bestückung so mancher Kapsel dabei, aber eine, die erst im Jahr 3982 geöffnet werden soll, habe ich noch nie gesehen.
Jetzt ist auch der schöne Springbrunnen angeschaltet, doch schon ist es schwerer Bilder zu machen. Inzwischen scheinen die Asiatenbusse angekommen zu sein und sie belagern alles rund um das Haus.
Ich mache mich auf zum Haus, denn ich hoffe, dass es noch nicht so voll ist.
Der erste Raum, den ich betrete, ist dieser Flur, in dem Schränke mit Unmengen an Porzellan ausgestellt sind.
Als nächste folgen einige Schlafzimmer. Unter ihnen auch das prächtige Gemach von Lady Georgiana.
Schließlich komme ich in die große Halle, über der die Kuppel ist. Dieser Bereich ist neu restauriert, denn er fiel am 9. November 1940, ebenso wie viele andere Prachträume, einem Feuer zum Opfer. Noch heute kann man die Schäden an vielen Stellen sehen.
In den nächsten Räumen wird mehr über das Feuer erklärt. Und man sieht die umfangreichen Schäden, denn viele der Räume sind bis heute nicht restauriert worden. Unzählige Kunstwerke sind unwiederbringlich verloren, doch vieles konnte auch durch den beherzten Einsatz der damaligen Bewohner gerettet werden.
Der Rest des Herrenhauses ist dann wieder original erhalten, denn der Brand konnte aufgehalten werden, bevor er auf das ganze Haus übergriff. In diesem Flügel wohnt auch die heutige Familie Howard. Doch ganz so harmonisch ist das Zusammenleben der Erben nicht, wie man hier nachlesen kann.
Als Letztes besuche ich noch den Walled Garden.
Nach fast drei Stunden verlasse ich Castle Howard schließlich wieder und fahre weiter. Als Nächstes will ich zum Kilburn White Horse fahren. Als mein Navy mir sagt, ich sei am Ziel, kann ich jedoch zuerst gar nichts entdecken, bis ich endlich erkenne, dass das Pferd leider so gut wie gar nicht mehr zu erkennen ist.
Auch den North York National Park will ich heute noch durchqueren, doch je näher ich dem Park komme, desto mehr zieht sich der Himmel zu und ein kalter Wind kommt auf. Ich fahre also weiter durch die unwirtliche Landschaft.
Bedauerlicherweise wird das Wetter an der Küste ebenfalls nicht besser, sodass ich nur einen kurzen Fotostopp mache. Das, was ich sehe, gefällt mir jedoch sehr gut, sodass ich hier sicher noch einmal herkommen werde.
Schon kurz nachdem ich die Küste verlasse, verziehen sich die Wolken und die Sonne kommt heraus. Sehr gut, so wird der Besuch der Ormesby Hall wohl doch noch sehr schön werden.
Ormesby Hall gehört heute dem National Trust und ist nicht mehr bewohnt. Erbaut wurde das Herrenhaus jedoch schon 1754 für die Pennyman Familie. Die Pennymans wurde zu Baronen durch Charles II. ernannt, für ihre Loyalität zur Krone im englischen Bürgerkrieg. Die Linie starb jedoch 1852 mit dem Tod des letzten männlichen Erben aus, die Familie wohnte jedoch weiter hier, die letzte Bewohnerin Ruth Pennyman 1983 verstarb. Seitdem ist das Haus ein Museum.
Besonders beeindruckend ist in diesem Haus nicht das Mobiliar, denn das wurde über die Jahre erstaunlicherweise immer wieder modernisiert. Die fantastischen Stuckarbeiten aber blieben erhalten.
Von den Schlafzimmern im Obergeschoss habe ich einen schönen Blick in den Garten.
Und dann komme ich in einen komischen Raum, der so gar nicht zum Rest des Hauses passt. Er sieht irgendwie zusammengewürfelt aus und an einer Stelle kann man sogar erkennen, dass hier mal eine Trennwand eingezogen war. Das war das Badezimmer von Ruth Pennyman und da die Dame im Alter nicht mehr so viel Geld zur Verfügung hatte, lebte sie mit dem, was da war.
In einem Seitenflügel des Hauses ist heute eine recht große Modelleisenbahnausstellung untergebracht. Einige Herren aus der Region basteln unentwegt an den Modellen und lassen für mich auch einige Züge fahren.
Im alten Innenhof entdecke ich dann noch die ehemalige Küche sowie die Wäscherei.
Leider sind mir die Wolken gefolgt, sodass es sich immer mehr zuzieht. So mache ich mich dann wieder auf zum Auto, denn es liegt noch ein Stück Fahrt vor mir.
Am frühen Abend erreiche ich schließlich Newcastle-upon-Tyne. Doch bevor ich ins Hotel fahre, mache ich noch einen Kurztrip nach South Shields, wo ich ein wenig Nordseeluft schnuppere.
Die nächsten zwei Nächte habe ich, wie im letzten Jahr, im Hampton by Hilton in Newcastle reserviert. Hier hat es mir auf meiner Tour 2015 sehr gut gefallen und ich werde auch in diesem Jahr nicht enttäuscht. Ich bekomme wieder ein Zimmer im obersten Stockwerk, von wo ich auch einen schönen Blick über die Stadt habe.
Meilen: 271
Wetter: 9–17 Grad – sonnig, später bewölkt
Hotel: Hampton by Hilton Newcastle; £39.66 + 8.000 Punkte für 2 Nächte