Tag 6 – Dienstag, 23. Juni 2015
Into the Sunshine – Peterborough nach Newcastle-upon-Tyne
“The sun doesn’t live in England; it comes here on holiday when we’re all at work.”
Bennie Bellamacina
Der Tag heute beginnt wie der vorherige geendet hat, mit Regen. Doch erst einmal stört mich das nicht ganz so sehr, denn ich werde für die nächsten zwei Stunden nur im Auto sitzen. Es geht nach Norden, genauer gesagt nach York. Hier regnet es zwar nicht mehr, doch der Himmel ist weiterhin bedeckt.
Zuerst suche ich mir einen Parkplatz. Gut, dass ich mich vorher online genauestens informiert habe, denn ansonsten wäre es nicht so einfach gewesen diesen, noch dazu recht günstigen, Parkplatz zu finden. So muss ich nur wenige Minuten laufen, bevor ich vor dem berühmten Münster von York stehe.
York Münster ist die größte mittelalterliche Kirche in England. Nach über 250 Jahren wurde sie 1472 fertiggestellt, doch gebaut wird an der Kathedrale noch heute. Der Bau ist 80 Meter lang, 30 Meter breit und 29 Meter hoch. Vor kurzem wurde hier auch wieder Geschichte geschrieben. Zum ersten Mal wurde im Münster von York eine Frau zum Bischof geweiht.
Die Kathedrale hat drei Türme, zwei an der Front und den großen Mittelturm. Hier ist das spätgotische Netzrippengewölbe über der Vierung des Münsters zu sehen.
Der Kings Screen, auch bekannt als Quire Screen, ist eines der berühmtesten Teile der Kathedrale. Ungewöhnlich hier ist, dass das Ganze asymmetrisch angeordnet ist. Der Eingang ist somit nicht mittig. Abgebildet sind 15 englische Könige von William dem Eroberer bis zu Heinrich VI. Es wird angenommen, dass das Panel um 1420 begonnen wurde und eigentlich nur 14 Statuen geplant waren. Doch nach dem plötzlichen Tod von Heinrich V. musste schnellstens der neue Herrscher hinzugefügt werden.
Das Chapter House ist eines der beeindruckendsten Architekturbeispiele der Kathedrale. Besonders die Decke ist hervorzuheben. Über zwanzig Jahre baute man ab 1260 an diesem revolutionären Design.
Der York Münster ist übrigens die einzige Kathedrale in Großbritannien, die ein richtiges Museum hat. Es ist in den mittelalterlichen Gewölben unter dem Hauptschiff untergebracht. Hier ist die zweitausendjährige Geschichte des Gebietes um die Kirche von der Besiedlung der Römer bis heute zu sehen.
In einem weiteren Raum sind die Schätze der Kathedrale ausgestellt.
Berühmt ist die Kathedrale auch für ihre Buntglasfenster aus dem Mittelalter. Mehr als die Hälfte aller Bleiverglasung aus dem Mittelalter, die noch erhalten ist, ist im York Münster zu finden. Ganz besonders beeindruckend ist das große Ostfenster, das so groß wie ein Tennisfeld ist. Es wurde zwischen 1405 und 1408 hergestellt und zeigt die Geschichte vom Anfang aller Dinge bis zum Ende, die Weltgeschichte, wie sie im Buch Genesis beschrieben ist.
Der große Mittelturm des Münsters ist übrigens der höchste Punkt von York. Man kann ihn auch besteigen. Er ist so riesig, dass der gesamte Turm von Pisa bequem hineinpassen würde.
Vor der Kirche entdecke ich eine Statue von Constantine dem Großen, der 274 bis 337 lebte. In der Nähe dieses Ortes wurde er 306 zum römischen Kaiser ernannt.
An der Seite der Kathedrale kann man übrigens den Steinmetzen zusehen, wie sie neue Teile für die Kathedrale schaffen. Das ist ein Fulltimejob und immer noch Handarbeit.
Ich laufe weiter durch die Stadt …
… und erreiche das Fairfax House, ein herrschaftliches Stadthaus mitten in York.
Nur ein paar Schritte weiter erreiche ich Clifford’s Tower. Die Ruine des Wohnturms einer normannischen Burg, ist einer der wenigen Reste, die vom York Castle noch erhalten sind. Heute gehört es zu English Heritage, weswegen ich mal wieder den Eintritt spare und nur meinen Overseas Pass vorzeigen muss.
Ein Modell im Innenhof zeigt, wie das ganze Ensemble einmal ausgesehen hat.
Heute kann man auf die Außenmauer hinaufsteigen und hat von hier einen schönen Blick über York.
Ein berühmter Ort von York sind auch The Shambles. So laufe ich hier als Nächstes hin. The Shambles ist eine winzige Gasse in der Altstadt, die teilweise noch wie im Mittelalter aussieht.
Mein kleiner Rundgang durch das Stadtzentrum endet schließlich wieder am York Münster. In der Gegend um die Kathedrale sind viele alte Häuser und Kopfsteinpflasterstraßen zu finden.
Ein Haus ist auch zu besichtigen, das Treasurer’s House. Es wird heute vom National Trust verwaltet. Im Treasurer’s House wohnte einst der Verwalter der Finanzen des Münster. Im Jahr 1091 wurde hier die erste Residenz erbaut, von der jedoch nur noch eine Wand existiert. Das heutige Haus ist später entstanden.
Als die Reformation 1547 den Beruf des Treasurer auslöschte, ging das Haus an den Erzbischof von York, Thomas Young. Er und seine Nachfahren waren es, die das heutige Gebäude errichteten und ausstatteten.
Später hatte das Haus eine Handvoll verschiedener Besitzer, bevor es zwischen 1897 und 1930 von Frank Green renoviert wurde. Er schenkte es schließlich dem National Trust.
Zum Haus gehört auch ein kleiner Garten. Eine ruhige Oase mitten in York.
Durch eines der Stadttore von York, das auf Grund seiner Bedeutung schon zu Zeiten der Römer auch die „Ewige Stadt” genannt wird, laufe ich schließlich wieder zurück zum Parkplatz.
Ich fahre weiter nach Norden. Mein nächstes Ziel ist sogar seit 1986 UNESCO-Weltkulturerbe und somit weltberühmt geworden. Fountains Abbey ist ein Kloster, das 1132 gegründet und 1539 aufgelöst wurde. Obwohl es heute eine Ruine ist, ist es doch eine der größten und besterhaltenen Zisterzienseranlagen in ganz England. Nach der Auflösung des Klosters wurde die Ruine in den Studley Royal Water Garden integriert.
Als ich auf dem Parkplatz ankomme, ist der Himmel leider immer noch bedeckt, aber es ist merklich wärmer geworden. Vom Parkplatz muss ich noch ein ganzes Stück laufen, bis ich die Ruine erreiche.
Zum Gelände der Fountains Abbey gehört auch ein Herrenhaus, von dem aber nur ein einziger Raum zu besichtigen ist. Ebenso gehört eine Mühle zum Gelände.
Ich laufe weiter zur Abtei. Umso näher ich komme, desto mehr erfasse ich die riesigen Ausmaße des Gebäudes.
Im Inneren einer Ruine entdecke ich dieses sehr gut erhaltene Gewölbe.
Und dann passiert etwas, mit dem ich niemals gerechnet hätte. Als ich aus dem Gewölbe trete, reißt plötzlich der Himmel auf und die Sonne kommt hervor. Erstes Blau ist zu sehen. Und die blaue Lücke wird immer größer. Ich kann es kaum fassen und beginne meinen Rundgang erneut. Die ersten Bilder kann ich vergessen, jetzt ist das hier einfach traumhaft schön.
Der britische Parlamentsabgeordnete und spätere Schatzkanzler der Whig-Administration John Aislabie kaufte schließlich 1693 ein verwildertes Waldtal längs des kleinen Flusses Skell, ganz in der Nähe der Abtei. Hier begann er einen riesigen Landschaftsgarten anzulegen. Nach seinem Tod, 1742, setze sein Sohn William das Werk fort und kauft Fountains Abbey, um sie in den Park zu integrieren. Das Gelände wurde später mehrfach verkauft und seit 1983 gehört es zum National Trust.
Ich fahre weiter in Richtung Norden und das gute Wetter bleibt mir treu. Südlich von Newcastle habe ich einen Ort gefunden, den ich gerne besuchen will, das Haus der Familie Washington. Diese Washingtons sind keine geringeren als die Vorfahren des ersten US-Präsidenten George Washington. Doch die Enttäuschung ist groß, denn am Tor hängt ein Zettel, dass aufgrund eines technischen Problems bis auf Weiteres geschlossen ist. Na toll. So kann ich nur dieses eine Foto vom Tor machen.
Am Nachmittag erreiche die Vororte von Newcastle. Da das Wetter so schön ist, mache ich noch einen Ausflug ans Meer, genauer gesagt zum Souter Lighthouse and The Leas.
Der Leuchtturm hier wurde 1871 eröffnet und war der erste Leuchtturm weltweit, der von Beginn so geplant und gebaut wurde, dass er mit Elektrizität betrieben werden konnte. Heute gehört der Turm dem National Trust und ich kann ihn besichtigen.
Von oben habe ich einen schönen Blick auf die Umgebung und natürlich The Leas, einer zweieinhalb Meilen langen Kalksteinklippe an der Mardsen Bay.
Wieder unten, erkunde ich noch die Umgebung rund um den Leuchtturm und genieße die frische Seeluft und die Sonne.
Ich fahre weiter ins Stadtzentrum von Newcastle, wo ich für zwei Nächte das neue Hampton by Hilton reserviert habe. Schon zuvor habe ich erfahren, dass das Hotel selbst keinen Parkplatz hat, es aber in der Nähe ein Parkhaus geben soll. Für diesen sollen 8 Pfund pro Nacht fällig werden. Im Internet habe ich jedoch gelesen, dass städtische Parkgaragen von 17 Uhr bis 8 Uhr kostenlos sind und eine dieser Parkgaragen sogar näher am Hotel liegt. Also parke ich dort, was sich als absolut super herausstellt. In fünf Minuten bin ich am Hotel und bekomme ein schönes Zimmer im siebten Stock mit Blick über Newcastle.
Das Wetter ist heute Abend so schön, dass ich jedoch nicht lange im Hotel bleibe. Ich will noch einen kleinen Stadtrundgang machen. Der führt mich zuerst zum Castle. Von dem ist zwar nicht mehr viel erhalten, doch die verbliebenen Gebäude schaue ich mir an. Diese mittelalterliche Burg ist es, die Newcastle seinen Namen gab. New Castle upon Tyne = Neue Burg über dem Tyne. Erhalten sind nur noch der Keep und das Black Gate, die heute von einer Bahnlinie durchtrennt werden. Öffentlich wieder zugänglich sind beide übrigens erst seit März 2015.
Nur ein paar Schritte weiter stoße ich auf diese Brücke. Oben rattern die Züge über den River Tyne, darunter sind eine Straße und ein Gehweg, den ich jetzt entlanglaufe. Von hier habe ich einen schönen Blick auf Fluss und Stadt.
Dann laufe ich zum Fluss hinunter. Hier wurde eine schöne Promenade angelegt, die zum Flanieren einlädt. Und das tun bei diesem Wetter viele Leute. Das neue Sage Theater in Gateshead spiegelt sich im Wasser …
… und neben Palmen taucht auch die futuristische Millennium Bridge vor mir auf.
Auch an der Christ Church …
… und der City Church komme ich vorbei. Hier thront auch Queen Victoria noch auf einem Sockel.
Mit der untergehenden Sonne bin ich zurück am Hotel. Das war ein toller Abendspaziergang. Wie schön wäre es doch, wenn das Wetter morgen auch so werden würde. Doch ob sich das erfüllt?
Meilen: 250
Wetter: bedeckt, später sonnig; 12–18 Grad
Hotel: Hampton by Hilton