Tag 5 – Montag, 22. Juni 2015
God save the Queen – Clacton-by-the-sea nach Peterborough
“England is never in a hurry because she is eternal.” Henryk Sienkiewicz
Bevor ich mir heute etwas anschaue, habe ich erst einmal eine längere Strecke zurückzulegen. Quer durch East Anglia fahre ich bis nach Happisburgh. Hier soll es einen besonders schönen Leuchtturm geben, doch dem nahezukommen ist gar nicht so einfach. Doch schließlich finde ich eine kleine Nebenstraße, die mich direkt zum Turm bringt. Als ich aus dem Auto steige, habe ich einen schönen Blick auf die Nordsee.
Happisburgh Lighthouse wurde bereits 1790 erbaut und ist der älteste Leuchtturm in der Region, der noch heute in Betrieb ist. 41 Meter ist er hoch und sein Leuchtfeuer strahlt bis zu 14 Meilen hinaus auf die Nordsee.
Während hinter dem Leuchtturm in kürzester Zeit dicke Wolken aufgezogen sind, scheint mein nächstes Ziel noch in der Sonne zu liegen, erst einmal. Felbrigg Hall wurde im 17. Jahrhundert erbaut und ist ein schönes Beispiel jakobinischer Architektur. Das hier ist aber nur ein Nebengebäude, in dem ich meine Eintrittskarte erhalte.
Das hier ist Felbrigg Hall und es liegt für mich super in der Sonne. Da muss ich doch gleich ein paar Bilder machen. Bis ich eines ohne Leute drauf habe, dauert es allerdings etwas, denn ständig trudelt jemand vorbei.
Hinter meinem Rücken sieht es allerdings schon ganz anders aus. Da zeigt sich das Wetter von einer ganz anderen Seite. Nun ja, egal, erst einmal gehts nach drinnen.
Auch hier kann ich, wie bei den meisten National Trust Häusern, wieder auf eigene Faust losziehen. Und fotografieren ist auch erlaubt, na das ist doch sehr schön. Weniger schön ist, dass gerade eine riesige Rentnertruppe angekommen ist, die die Räume regelrecht belagert. Da heißt es ganz schön hin und her laufen, um trotzdem ein paar schöne Fotos zu bekommen und überhaupt etwas sehen zu können.
Der letzte Teil der Tour führt mich in den Keller oder besser gesagt ins Souterrain. Hier liegen die Wirtschaftsräume und eine riesige Küche.
Vom Parkplatz fahre ich nach meiner Besichtigung wieder die lange Einfahrt zurück zur Straße. Die Kühe und Kälbchen standen bei meiner Ankunft noch auf der Weide, jetzt allerdings blockieren sie fast die gesamte Ausfahrt und ich muss mehrmals warten. Diese drei vergnügen sich am „No Entry” Schild.
Nur kurz ist der Weg zum Blickling Estate, das ich als Nächstes besuchen möchte. Dieses Herrenhaus war einer der Gründe, warum ich bis hier in die äußerste Ecke von East Anglia gefahren bin. Und ich werde nicht enttäuscht. Schon der erste Blick begeistert mich.
Zwischen 1619 und 1620 wurde das heutige Herrenhaus auf den Grundmauern eines alten Tudor Hauses erbaut. Das alte Haus wurde von der Familie Boleyn bewohnt und man nimmt an, dass auch die berühmte Anne Boleyn hier geboren sein könnte.
Der letzte Besitzer des Hauses war Lord Lothian, dessen Einrichtung auch heute zu sehen ist. Lord Lothian war ein sehr einflussreicher Mann. Er überzeugte Churchill 1940 seinen berühmten Brief an Roosevelt zu schreiben und wenig später sprach er auch in Washington zum amerikanischen Volk und bat um Unterstützung der britischen Armee im Zweiten Weltkrieg. Aufgrund fehlender Nachkommen vererbte er sein Anwesen dem National Trust, der so zu einer seiner schönsten Sammlungen kam.
Umgeben ist das Haus von einem wunderschönen und wahrhaft riesigen Garten, den ich auch noch erkunden möchte. Bisher hält das Wetter auch, selbst wenn die Wolken am Himmel bedrohlich aussehen.
Ich schaffe es auch trockenen Fußes noch bis zum Ausgang und als ich ein letztes Mal zurückblicke, zeigt sich mir ein gar fantastisches Bild.
Nun aber schnell zum Auto zurück und gerade als ich die Tür hinter mir schließe, bricht ein wahrer Wolkenbruch los. Das war ja perfektes Timing. Nur für mein nächstes Ziel sieht es jetzt eher mies aus. Abhalten lasse ich mich aber nicht, denn erst einmal muss eine gute Stunde fahren, bevor ich Sandringham erreiche.
Bevor ich das königliche Anwesen selbst besuche, gehe ich zur berühmten St. Mary Magdalene Church. Sie ist die Kirche, in der die königliche Familie den Weihnachtsgottesdienst besucht und auch einige Mitglieder der königlichen Familie getauft wurden, zuletzt Princess Charlotte am 5. Juli 2015.
Der silberne Altar der Kirche wurde Königin Alexandra vom amerikanischen Kaufhausinhaber Rodman Wanamaker geschenkt.
Überall in der Kirche findet man Erinnerungsplatten an Mitglieder der königlichen Familie, darunter auch ein deutsches Königspaar.
Als ich aus der Kirche komme, schüttet es draußen wie aus Kannen. Ich warte erst einmal, bis der Niederschlag weniger wird. Dann sehe ich mich noch auf dem kleinen Friedhof um.
Zwei Gräber berühren mich besonders. Es sind Kindergräber der königlichen Familie.
Zwischenzeitlich hat der Regen zwar aufgehört, doch der Himmel sieht weiter bedrohlich aus. Es zucken Blitze am Himmel. Trotzdem mache ich mich auf den Weg zum Schloss Sandringham.
Es ist fast schon ein Naturschauspiel, das Wetter heute. Ein zweites Mal schon ist der Himmel düster, doch die Sonne strahlt das Herrenhaus, das ich gerade besuche, wie ein Scheinwerfer an. Als ob ich trotzdem schöne Fotos bekommen soll.
Sandringham ist eine der königlichen Residenzen, die auch heute noch von der königlichen Familie genutzt wird. Es befindet sich allerdings, anders als andere Schlösser, im Privatbesitz der königlichen Familie und gehört nicht zum Crown Estate. Die Königin hält sich hier traditionell von Weihnachten bis Ende Januar auf. Im Sommer ist ein Teil des Hauses hingegen zu besichtigen. Leider darf man, wie in allen königlichen Palästen, nicht fotografieren. Schon als ich in die Eingangshalle trete, wird mir klar, dass das hier mein absolutes Lieblingshaus aller aktiven Residenzen ist. Und mit jedem Zimmer, das ich betrete, bestätigt sich das. Was für ein tolles Haus. Ich kann es wirklich nur empfehlen, sich Sandringham selbst einmal anzusehen.
In den ehemaligen Stallungen von Sandringham ist heute ein kleines Museum eingerichtet. Um es zu erreichen, laufe ich durch den weitläufigen Park. Bedauerlicherweise hat sich die Sonne inzwischen verzogen und es regnet wieder.
Im Museum sind allerhand Erinnerungsstücke an viele Generationen der Königsfamilie und ihre Aufenthalte in Sandringham ausgestellt. Den größten Teil der Ausstellung aber machen die Autos der königlichen Familie aus. Während man in London in den Mews die Kutschen zu sehen bekommt, stehe hier Fahrzeuge aus einem ganzen Jahrhundert. Alles ist liebevoll aufbereitet und zu fast jedem Auto gibt es eine kleine Geschichte.
Im letzten Raum der Ausstellung sind Geschenke an Königin Elizabeth zu sehen, die sich in ihrer über 60-jährigen Regentschaft so angesammelt haben.
Als ich wieder aus dem Museum komme, hat es zum Glück aufgehört zu regnen, sodass ich zumindest trocken zum Auto zurückkomme und zuvor auch noch einen kleinen Spaziergang durch den weitläufigen Park genießen kann.
Nun ist es nicht mehr weit bis nach Peterborough, wo ich heute übernachten will. Auch hier habe ich wieder ein Premier Inn zum Sparpreis von 35 Pfund reserviert.
In die Stadt fahre ich aber heute nicht mehr, denn inzwischen regnet es wieder. So gibt es nur noch einen kurzen Trip zu McDonalds, um etwas zu Abend zu essen.
Meilen: 213
Wetter: erst heiter, später stark bewölkt mit Schauern; 11–16 Grad
Hotel: Premier Inn Peterborough North