Tag 7 – 15. September 2014
Send me on my way - Baltimore nach New York
„Wie es Leute gibt, die Bücher wirklich studieren, und andere, die sie nur durchblättern, gibt es Reisende, die es mit Ländern ebenso machen: Sie studieren sie nicht, sondern blättern sie nur durch.” – Ferdinando Galiano
Richtung Norden verlasse ich Baltimore schon am frühen Morgen, denn bis nach New York muss ich noch einige Stunden Fahrzeit zurücklegen und dort bin ich heute Abend verabredet. Zu spät kommen geht also nicht. Zuerst führt mich die Fahrt über die Francis Scott Key Bridge.
Seit 1977 ist die 1,6 Meilen lange Brücke Teil der I‑695, die als Ringautobahn rund um Baltimore führt. Sie überquert den Patapsco übrigens ziemlich genau an der Stelle, von der Francis Scott Key das Bombardement auf Fort McHenry beobachtete. $4 Maut kostet mich die Überfahrt über die 4‑spurige Brücke.
Dann geht es weiter, immer dem Interstate 95 folgend nach Norden, bis ich Wilmington in Delaware erreiche. Hier lege ich einen Zwischenstopp ein. Bereits 2011 besuchte ich hier eines der prächtigen Anwesen der Familie DuPont, die wohl zu den größten Industriellenfamilien des Landes gehörte und immer noch gehört. Diesmal jedoch will ich den Stammsitz der Familie besichtigen. Hier in Hagley begann das Imperium der DuPonts.
Mitten im schönen Brandywine Valley siedelte sich 1801 der französische Immigrant Eleuthere Irenee du Pont an, um eine Schwarzpulverfabrik zu gründen. Was für ein weltumspannendes Firmenimperium daraus geworden ist, erfährt der Besucher von Hagley zuerst im Museum, das in einer alten Baumwollmühle eingerichtet ist. Auf 3 Etagen wird die Firmengeschichte der DuPonts aufgezeigt.
DuPont begann zwar mit Schwarzpulver groß zu werden, doch bald kamen viele andere Firmenzweige dazu. Besonders die Entwicklung von neuen Werkstoffen und die vielen Patente, die DuPont selbst heute noch gehören, machten die kleine Firma aus Wilmington zu einem Weltmarktführer. Besonders mit der Herstellung und Vermarktung von Nylon haben die DuPonts ein Vermögen verdient.
Aber auch in Autos finden sich DuPont Materialien und sogar für den NASA-Weltraumanzug wurden Werkstoffe von DuPont genutzt.
Das Grundstück selbst ist in zwei Teile unterteilt. Das Museum und die ehemalige Schwarzpulverfabrik kann man auf eigene Faust besuchen, den Familienstammsitz nur mit Führung. Über das ganze Gelände fährt ein Shuttlebus, denn die Entfernungen sind zum Teil recht groß.
Ich entschließe mich dazu, zuerst die geführte Tour zu machen. Ein Shuttlebus fährt mich über das Gelände, wo unter anderen erklärt wird, dass diese Ruinen einmal Teil eines riesigen Gartens waren, der hier in mehreren Terrassen angelegt war.
Nach Erreichen des Stammsitzes der DuPonts muss ich noch etwas auf den Start der nächsten Tour warten und habe so Zeit, einen Teil des Gartens näher zu erkunden.
Dann startet aber auch schon die Tour. Für fast ein Jahrhundert war dieses Herrenhaus der Stammsitz der DuPonts. Fünf Generationen wohnten in dem Haus und hinterließen ihre Spuren. Viele der Einrichtungsgegenstände brachten die DuPonts 1799 mit von Frankreich nach Amerika.
Verlassen wurde das Haus übrigens, weil es immer wieder größere Explosionen in der Schwarzpulverfabrik gab. Eine war schließlich so gewaltig, dass sie alle Fenster des Hauses zerstörte und beträchtlichen Schaden anrichtete. Danach zog die Familie aus und das Haus verfiel zusehends. Erst 1952 wurde es restauriert und als Museum zugänglich gemacht.
In den Nebengebäuden sind verschiedene Werkstätten sowie eine Garage untergebracht.
Dann bringt mich der Bus zurück zur Schwarzpulverfabrik. Hier wurde mit der Hilfe von Wasserkraft Schwarzpulver hergestellt. Wie genau, das wird auch in verschiedenen Demonstrationen gezeigt.
Zum Fabrikkomplex gehört auch das Wohngebiet für die Angestellten. In sicherer Entfernung von der Fabrik stellte ihnen die Firma hier Wohnraum zur Verfügung. Dazwischen gab es übrigens ein Tor, an dem jeder streng kontrolliert wurde, denn schon ein einziges Streichholz hätte eine Katastrophe auslösen können.
Gegen Mittag breche ich auf und fahre weiter in Richtung New York. Das klappt bis einige Meilen vor meinem Ziel auch erstaunlich gut. Aber dann lande ich im Mega-Stau. Na super. Erst einmal geht gar nichts mehr und dann geht es nur ganz langsam weiter. Auf acht Spuren schieben sich die Autos im Schneckentempo voran.
Irgendwie schaffe ich es dann doch zu einer Ausfahrt und schlage mich durch verschiedene Vorstädte hindurch bis nach South Plainfield. Hier habe ich ein Zimmer im Best Western Executive Garden Inn reserviert. Da ich nicht weiß, wie spät es heute noch wird, will ich schon mal einchecken und das Gepäck abstellen.
Auf dem Zimmer schaue ich mich schnell nochmal online nach Parkplätzen in Manhattan um. Eigentlich hatte ich vor, mit der Bahn zu fahren, doch diesen Plan verwerfe ich jetzt endgültig, denn der Stau hat mich einfach zu viel Zeit gekostet.
Tatsächlich finde ich recht schnell etwas in der Nähe des Rockefeller Center und reserviere. Das Reservieren eines Parkplatzes habe ich schon 2011 in New York und Boston gelernt. So kann man unheimlich viel Geld sparen und bekommt auch garantiert einen Platz. Ganze $12 soll es mich hier kosten für sechs Stunden. Damit kann ich gut leben.
Dann geht es zurück auf den Freeway Richtung Manhattan. Es ist noch etwas zähflüssig, aber läuft. Mein Navi will mich durch den Lincoln Tunnel schicken, der etwa in der Mitte von Manhattan heraus kommt. Doch auf den elektronischen Verkehrstafeln lese ich plötzlich, dass die Passierdauer derzeit bei 70 Minuten liegt. O Gott, so wird das ja nie was. Doch dann lese ich, dass es beim Hollandtunnel gerade mal 16 Minuten dauern soll und so wechsele ich schnell die Spur, um dorthin zu fahren. $13 Maut kostet es, egal ob ich einen der Tunnel oder die George Washington Bridge nehme. Also los.
Bereits 1920 wurde mit dem Bau des Holland Tunnel begonnen und seit 1927 verbindet er Manhattan mit New Jersey. Benannt ist er nach Clifford Milburn Holland, dem Chefingenieur des Projektes, der aber noch vor dessen Fertigstellung starb. Rund 2,5 Kilometer sind die beiden zweispurigen Röhren lang und verlaufen bis zu 28 Meter tief unter dem Hudson River.
In Manhattan angekommen, muss ich allerdings jetzt etwa 50 Blocks nach Norden, denn der Holland Tunnel führt zur Südspitze. Und das muss jetzt auch noch ohne Navi klappen, denn satellitengestützte Navigationssysteme sind zwischen den Wolkenkratzern nutzlos. Da ich diese Erfahrung auch schon 2011 gemacht habe, war ich aber vorbereitet und hatte mir die Route sowohl aufgeschrieben als auch einen Stadtplan dabei.
So fahre ich einmal mehr mitten durch Manhattan. Irgendwie ist das ein irres Gefühl, mit meinem schwarzen SUV zwischen den ganzen gelben Taxis mitzuschwimmen. Doch aufpassen muss man höllisch, die Taxis fahren wie sie wollen, aber irgendwie ist das in Berlin auch nicht viel anders.
In kürzester Zeit erreiche ich tatsächlich mein Ziel und finde sogar die Parkhauseinfahrt auf Anhieb. Dort gibt es nur Valetparking, wie in den meisten Parkhäusern in NYC. Also Auto abgeben und dann die vier Blocks zu Fuß zum Rockefeller Center gelaufen, wo Martin und Mam schon auf mich warten. Und da wir bis zu unserer Fahrt auf das Rockefeller Center noch etwas Zeit haben, gehen wir noch Essen.
Bei Bills war ich schon im April mit Betty und Andy, doch im Gegensatz zu damals sind sowohl das Essen als auch die Bedienung um Längen besser.
Dann wird es Zeit, zum Fahrstuhl zu gehen. Nur in einem 15-minütigen Zeitfenster dürfen wir den benutzen, um ganz nach oben auf das Rockefeller Center zu kommen. Doch das lohnt sich. Auch mein dritter Besuch hier oben raubt mir den Atem. Es ist einfach immer wieder Spitze über den Dächern von Manhattan zu stehen.
Gegen Mitternacht verlasse ich Manhattan wieder, dieses Mal über den Lincoln Tunnel, da der viel näher am Rockefeller Center liegt. Schon eine gute halbe Stunde später bin ich dann wieder in South Plainfield, wo ich zufrieden aber erschöpft ins Bett falle.
Meilen: 279
Wetter: sonnig; 16–25 Grad
Hotel: Best Western Garden Executive South Plainfield, $87.96