Tag 4 – 12. September 2014
Take a Backroad - Richmond nach Washington
„Nichts ist mühsam, was mal willig tut.” – Thomas Jefferson
Richmond ist nicht nur die Hauptstadt von Virginia, sondern war für vier Jahre auch der Regierungssitz der Konföderierten Staaten von Amerika. Doch damit nicht genug. Der Commonwealth of Virginia, wie der Staat höchst offiziell heißt, hat unzählige berühmte Persönlichkeiten der US-Geschichte hervorgebracht, unter ihnen auch fünf Präsidenten. Geboren sind sogar acht Präsidenten in Virginia, die höchste Zahl überhaupt von allen 50 Staaten. Und ihre Spuren sind auch heute noch überall zu finden. So hat z.B. Thomas Jefferson höchst persönlich die ersten Pläne für das Kapitol entworfen.
Dieses Mal gehe ich aber nicht hinein. Und auch das Governors Mansion schaue ich mir nur von außen an.
Rund um das Kapitol gibt es auch in Richmond viele Statuen und Denkmäler. Eines davon ehrt Richter Thurgood Marshall. Er war der erste afroamerikanische Richter am obersten Gerichtshof und von 1967 bis 1991 im Amt.
Nur unweit vom Kapitol steht das John Marshall House. Marshall wurde 1801 von Präsident John Adams zum Richter berufen und lebte hier mit seiner Frau Mary sowie ihren sechs Kindern bis zu seinem Tod im Jahre 1835.
Rund um das Kapitol stehen noch viele schöne alte Wohn- und Geschäftshäuser.
Doch auch moderne Bausünden sind hinzugekommen. Eine davon ist, wie ich finde, das Krankenhaus der Stadt, die andere das Rathaus. Allerdings hat man von der obersten Etage einen schönen Blick auf die Stadt und Umgebung.
Während ich auf meiner Reise im Frühjahr einen Schwerpunkt auf historische Häuser in Richmond gelegt habe, besuche ich dieses Mal historischen Stätten aus dem Bürgerkrieg. In den Jahren 2011 bis 2015 jährt sich der Krieg zum 150. Mal. Hier in der historischen Tredegar Iron Mill gibt es ein Civil War Center und ein Museum zur Geschichte Richmonds während des Krieges. Als Hauptstadt des Südens war die Stadt besonders heftig umkämpft.
Die Lincoln Statue soll übrigens an den berühmten Besuch des Präsidenten und seines Sohnes in der ausgebrannten und vom Krieg gezeichneten Stadt am 4. April 1865 erinnern, ganze 10 Tage vor seiner Ermordung.
Richmond ist umgeben von Schlachtfeldern, die heute vom National Park Service verwaltet werden. In diesem Visitor Center ist ein Museum zur Versorgung der Kriegsverwundeten untergebracht. Wenn ich an die Ausstellung denke, bekomme ich gleich wieder eine Gänsehaut. Dieser Krieg ist bis heute der mit den meisten Opfern und die Kriegsverletzungen sind teilweise unvorstellbar.
Heute sind auf vielen ehemaligen Kampflinien Wohngebiete entstanden, doch einige kleine Gebiete sind erhalten geblieben. Cold Harbor ist eines von ihnen. Im Nordosten von Richmond gelegen, war dieses beschauliche Gebiet für zwei Wochen im Frühsommer 1864 Schauplatz von unzähligen Gefechten zwischen den Truppen von Lee und Grant.
Heute führt eine kleine Rundstraße durch das Gebiet. Unterwegs sieht man noch erstaunlich gut Reste eines Krieges, der hier vor 150 Jahren stattfand. So kann ich ganz deutlich die Schützengräben erkennen.
Es ist so ruhig und friedlich, fast unvorstellbar, dass hier einmal eine grausame Schlacht stattgefunden hat.
Nach diesem nachdenklichen Besuch mache ich mich auf nach Norden, denn heute Abend will ich bereits wieder im Großraum Washington sein. Doch den direkten Weg über den I‑95 wähle ich nicht. Heute wähle ich die US360 und …
… die US 301, die mich zur Gov. Harry Nice Brücke bringt. Sie führt über den Potomac und verbindet Virginia mit Maryland. Die 2,7 Kilometer lange Brücke hat nur zwei recht enge Spuren und ist dem Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen. Deshalb soll in den nächsten Jahren ein Neubau errichtet werden und die alte Verbindung dann, ähnlich wie in Charleston, abgerissen werden.
In Maryland angekommen, fahre ich zum Piney Point Lighthouse. Es ist nur einer von vielen Leuchttürmen rund um die Chesapeake Bay und den Potomac River. Im Jahr 1836 erbaut, wurde der Turm bis 1964 betrieben. Seitdem ist er ein Museum. Der Leuchtturm ist auch als Lighthouse of the Presidents bekannt, denn mehrere Präsidenten besuchten den kleinen Turm und übernachteten sogar hier.
Ich bin ganz allein hier und laufe auch zum kleinen Bootsanleger an der Mündung des Potomac River. Weit kann man hier über das Wasser schauen und glaubt sich fast schon am Meer.
Und noch ein Leuchtturm steht heute auch meinem Plan. Das Drum Point Lighthouse stand eigentlich mal direkt an der Chesapeake Bay, wurde aber nach seiner Außerdienststellung hierher versetzt und ist heute Teil eines Museums.
Am späten Nachmittag erreiche ich schließlich Alexandria. Schon lange ist es her, dass ich hier gewesen bin: Da aber heute das Wetter stimmt und ich auch sonst Lust auf eine kleine Tour habe, parke ich kurzerhand mein Auto und mache mich auf den Weg. Die Innenstadt von Alexandria erkundet man nämlich am besten zu Fuß.
Ein guter Ausgangspunkt ist das Visitor Center im historischen Ramsey House. Benannt ist es nach William Ramsey, einem schottischen Händler und Stadtgründer von Alexandria.
Nur wenige Meter entfernt, befindet sich das Haus von John Carlyle. Carlyle war Co-Gründer der Stadt und ebenfalls im Handel aktiv. Heute ist das Haus ein Museum und kann besichtigt werden.
Weiter geht mein Rundgang durch die hübsche Innenstadt. Eine Karte dafür bekommt man übrigens im Visitor Center oder auch online. Hauptverkehrsachse ist die King Street, die gesäumt von Läden und Restaurants ist.
Immer weiter laufe ich Richtung Potomac bis ich schließlich zur Captains Row komme, jener berühmten Kopfsteinpflasterstraße, die so ziemlich jeder Tourist in Alexandria besucht. Das Kopfsteinpflaster hier war einst als Ballast auf Schiffen hierhergekommen und schon während der amerikanischen Revolution verlegt worden.
Fast bis zum Potomac reicht die Straße. Der Fluss ist hier so breit, dass man das Ufer auf der Gegenseite kaum erkennen kann.
Fast jede Straße der Innenstadt ist auch gesäumt von wunderschön hergerichteten historischen Häusern.
Dann entdecke ich eine temporäre Ausstellung für den Art-Walk am Samstag. Was genau es damit auf sich hat, kann ich aber nicht herausfinden.
Auch die Gadsby Tavern ist ein beliebtes Ziel in der Stadt und eine bekannte Institution. Noch heute werden hier Speisen und Getränke serviert. In der 1785 eröffneten Taverne mit angeschlossenem Hotel feierte schon George Washington und der Inaugural Ball für Thomas Jefferson fand hier statt.
Eine Ecke weiter steht das Stadthaus von George Washington. Er kaufte das Grundstück 1763 und baute bis 1769 ein Wohnhaus. Bereits 1855 wurde das Haus abgerissen, jedoch 1960 wieder originalgetreu aufgebaut.
Fast ebenso alt wie Gadsby Tavern ist auch die Stabler-Leadbeater Apotheke. Von 1792 bis 1933 war das Geschäft geöffnet und schon George und Martha Washington zählten zu den Kunden.
Richtig gut gefällt es mir hier. Kein Wunder, dass hier viele Menschen wohnen, die im nahen Washington arbeiten. Doch für mich wird das wohl eher ein Traum bleiben, denn die Immobilienpreise sind einfach astronomisch.
Auf dem Weg aus der Stadt hinaus halte ich noch kurz an dem Haus, in dem Robert E. Lee seine Kindheit verbrachte.
Da das Wetter heute Abend einfach fantastisch ist, fahre ich statt zum Hotel noch kurz über die Memorial Brücke nach Washington. Und ich habe Glück und finde auch auf Anhieb einen Parkplatz, der fußläufig zum Jefferson Memorial liegt. Das liegt einfach super schön in der Abendsonne.
Auf Anregung von Präsident Franklin D. Roosevelt begann die Planung zum Jefferson Memorial. Im Jahr 1939 wurde schließlich der Grundstein gelegt und das Denkmal 1944 eröffnet. Im Inneren steht eine etwa 6,5 Meter hohe und etwa 4,5 Tonnen schwere Bronzestatue von Thomas Jefferson, welche etwa vier Jahre nach der Eröffnung hinzugefügt wurde. An den Wänden sind Auszüge aus verschiedenen Reden und Schriften Jeffersons eingraviert.
Von hier gut in der Abendsonne zu sehen ist das Washington Memorial, das zu Ehren des 1. Präsidenten, George Washington, errichtet wurde.
Übernachten tue ich aber nicht in Washington, denn hier sind mir die Preise einfach zu hoch. Nur ein paar Kilometer außerhalb, in Fairfax, Virginia, kann ich für viel weniger genauso gut schlafen.
Meilen: 283
Wetter: heiter; 18–26 Grad
Hotel: Fairview Park Marriott, $78.40