Tag 10: Samstag, 05. Oktober 2013
The long way East – von Omaha nach Muscatine
Heute früh ist es kalt, richtig kalt, denn der Wintersturm, der gestern noch Unmengen an Schnee in Colorado ablud, bläst die kalte Luft nun auch nach Nebraska. Nur noch 7 Grad sind es draußen (gestern war die Tiefsttemperatur 17 Grad und in Omaha wurden 30 Grad gemessen) aber wenigstens die Sonne scheint. Trotzdem packe ich mich für meine morgendliche Besichtigungstour durch Omaha etwas wärmer ein.
Erst einmal laufe ich über die Bob Kerrey Pedestrian Bridge. Sie ist die längste Brücke ihrer Art, die zwei Staaten verbindet. An ihrer höchsten Stelle befinde ich mich fast 20 Meter über dem Missouri River.
Auch die Umgebung um die Brücke sieht sehr nett aus. Hier sind viele neue Wohnhäuser, aber auch ein Visitor Center des National Park Service entstanden.
Vom Flußufer fahre ich weiter durch die Stadt. Am Joslyn Castle halte ich kurz für dieses Foto an. Hinein komme ich aber nicht, denn das Haus ist nur an wenigen Tagen im Jahr für Besucher offen.
Mein Ziel ist der Geburtsort von Präsident Gerald Ford. Das Haus, in dem der ehemalige Präsident das Licht der Welt erblickte, steht zwar schon seit den 70ziger Jahren nicht mehr, aber an seiner Stelle gibt es heute einen schönen kleinen Park mit angeschlossenem Rosengarten, den Präsidentengattin Betty Ford höchstpersönlich eröffnete.
Dann geht es zurück auf den I‑80, der mich nun wieder nach Osten bringen soll. Würde man ihn weiter nach Westen fahren, würde man schließlich in San Francisco ankommen. Im Osten endet der Interstate in New York City, ein wahrer transkontinentaler Highway also, auf dem ich schon oft unterwegs war.
Vorbei an Council Bluffs und Des Moines fahre ich bis ganz in den Osten von Iowa. Leider zieht sich der Himmel auf der Fahrt immer mehr zu, bis kein Blau mehr zu sehen ist. Das sind die Reste des Sturms der letzten Tage. Und da die Sonne nicht scheint, bleibt es auch recht frisch.
Hier im Osten von Iowa, direkt am I‑80 liegt der weltgrößte Truck Stopp und den will ich mir bei der Gelegenheit auch einmal näher anschauen. Schon als ich den Interstate verlasse, fällt mir der starke Verkehr auf. Ich glaube, ich habe noch nie so viele Trucks an einem Ort gesehen. Es ist ein ständige auf- und abfahren. Hier sind so viele Trucks unterwegs, dass die PKW auf einem anderen Weg zur Raststätte geleitet werden, um Unfälle zu vermeiden.
Bevor ich zum Hauptgrund meines Besuchs hier komme, nur ein paar Fakten zu diesem riesigen Truckstop. Er steht auf 89 Hektar Land, das ist viermal so viel wie ein durchschnittlicher Truckstop, es gibt hier 800 Parkplätze für Trucks und rund 5000 Menschen gehen jeden Tag ein und aus. Die werden von 450 Angestellten betreut, die hier 24 Stunden am und sieben Tage die Woche arbeiten.
Gegründet wurde der Iowa 80 Truckstop von Bill Moon, dessen Familie ihn heute auch noch betreibt. Doch nicht nur die Firma war Bill Moons Leidenschaft, auch die Trucks hatten es ihm angetan. Und so begann er alte und besondere Trucks zu sammeln und zu restaurieren. Die schönsten Modelle sind in einem Museum zu sehen, dass sich gleich neben dem Truckstop befindet.
Auf das Trucking Museum bin ich durch Zufall im Internet gestoßen und habe beschlossen, mich hier einmal umzuschauen. Eintritt wird hier nicht verlangt, nur um eine Spende wird gebeten. In der großen Lobby des Museums stehen bereits die ersten Modelle, doch bevor ich in die eigentliche Ausstellung komme, werde ich in ein kleines Theater geführt. Hier läuft ein sehr gut gemachter Film über das Leben der Trucker. Der ist aber nicht etwa langatmig und man muss ihn auch nicht komplett ansehen, denn die Geschichte wird in kleinen Episoden erzählt. So ist es möglich jederzeit einzusteigen oder auch weiterzugehen.
In der Haupthalle des Museums bin ich dann wirklich beeindruckt. Über 60 historische Trucks stehen hier.
Alle sind top gepflegt und viele von ihnen echte Raritäten. Wie auch dieser Avery Traktor aus dem Jahre 1930. Ganze 45 PS hat das Gefährt, ist mit bis zu 15 mph unterwegs und kostete damals stolze $2500. Der Avery ist einer von nur 6 Fahrzeugen dieser Art, die weltweit heute noch existieren.
Dieser Truck (Diamond T 951S) sieht zwar schon etwas moderner aus, doch stammt er auch schon aus dem Jahr 1954. Er hat einen 6‑Zylinder Motor, 4 hydraulische Bremsen und kann bis zu 65mph fahren.
Der Älteste der ausgestellten Trucks ist übrigens der Avery aus dem Jahr 1910, der Jüngste ein Ford CL9000 COE aus dem Jahr 1983. Außerdem sind auch verschiedene Motoren, Schilder und antike Tanksäulen ausgestellt.
Dieses Ford A Schneemobil wurde 1930 gebaut und wurde von der Post eingesetzt, wenn größere Trucks wegen des Schnees nicht mehr weiterkamen.
Dieser Kenworth wurde von Bill Moon in Redwood, Washington entdeckt. Dort nutzte ihn eine Baufirma um Dynamit zu transportieren, bevor er hierher ins Museum kam. Der Kenworth ist laut Hersteller der Älteste Kenworth, der weltweit noch existiert.
Das Museum veranstaltet jedes Jahr auch verschiedene Veranstaltungen. Die bekannteste ist ein Golfturnier, dessen Erlöse dem Museum zu Gute kommen. Verschiedene Trucks nehmen aber auch an Paraden und Festivals teil.
Interessant ist auch dieser 1958ziger Bullnose, der zeigt, dass es auch in den USA Trucks mit „kurzer Schnauze” gibt. Der Truck hatte bereits 5,2 Millionen Meilen auf dem Tacho, als sein ehemaliger Besitzer aufhörte zu zählen. Er kaufte den Truck neu für $25.000, was damals sehr viel Geld war und spendete ihn 2010 dem Museum.
Nur unweit von Walcott entfernt liegen die Quad Cities. Sie bestehen aus Moline, Davenport, Bettendorf und East Moline, wobei Moline und East Moline in Illinois liegen, Bettendorf und Davenport in Iowa. In der Mitte fließt der Mississippi als Grenzfluß zwischen beiden Staaten.
Ich fahre über den Fluß nach Moline, wo John Deere sein Hauptquartier hat und das möchte ich mir ansehen. Beginnen will ich meine kleine Tour am John Deere Pavillion. Schon vor dem Eingang kann ich sofort erkennen, was denn hier zu sehen sein wird. Ein riesiger Traktor und …
… verschiedene Schneepflüge sind hier ausgestellt.
Im Pavillon lasse ich mich erst einmal in die Geschichte der Firma einführen. Mit solch einem eisernen Pflug begann dieses riesige Unternehmen vor mehr als 175 Jahren. Auch über das Privatleben von John Deere erfahre ich einiges.
Hauptattraktion sind hier aber wohl die riesigen Landwirtschaftsmaschinen, die hier ausgestellt sind. Auch ich klettere über eine kleine Treppe bin in das Führerhaus des Mähdreschers. Hier hat man fast das Gefühlt in einem Raumschiff zu sitzen. Umgeben von modernster Technik kann eine einzige Person dieses riesige Gefährt bedienen.
Auch in der Ausstellung zu sehen sind historische Maschinen aus dem Hause John Deere.
Faszinierend fand ich aber auch die kleinen Geräte, wie diesen Aufsitzrasenmäher oder den Treeharvester, eine Art Traktor, der komplette Bäume „ernten” kann.
Doch John Deere in Moline ist nicht der Pavillon mit angegliedertem Shop. Auch drei der Wohnhäuser der Familie stehen heute noch in der Stadt. Dier ersten zwei wurden von John Deeres Sohn Charles erbaut, der hier mit seiner Familie lebte. Beide Häuser sind heute nur zu besonderen Anlässen zur Besichtigung offen.
Traurig ist hingegen der Zustand vom Wohnhaus von John Deere. Lange Jahre stand es leer, niemand wollte es haben, als die Stadt Moline es zum Verkauf anbot. Dann fand sich doch ein Investor, der aber vor der Fertigstellung in Insolvenz ging. Das war 2008. Seitdem ist wieder nichts mehr passiert. Es ist für mich unverständlich, dass sowohl die Stadt als auch die Firma dem so gleichgültig gegenübersteht, wo John Deere doch sonst der Hauptanziehungspunkt in Moline ist.
Natürlich besuche ich auch die Firmenzentrale selbst. In den 50ziger sollte die sie von Moline nach New York oder San Francisco umziehen, doch der damalige Präsident William Hewitt wiedersetzte sich dem und ließ das neue Hauptquartier hier in Moline errichten.
Das Design des Hauptquartiers entwarf übrigens Eero Saarinen, der auch den Gateway Arch in St. Louis entwickelte.
Nach dieser kleinen Besichtigungstour in Illinois kehre ich am Abend wieder zurück nach Iowa, denn meine Übernachtung habe ich heute im kleinen Städtchen Muscatine gebucht, das direkt am Mississippi liegt.
Die nächsten zwei Tage werde ich etwas hin und her sowie kreuz und quer fahren und dabei immer wieder zwischen Iowa, Wisconsin und Illinois pendeln. Das war eigentlich anders geplant, aber durch Shutdown und Wetter habe ich einige Besichtigungen verschoben. Da ich mich aber auf einem relativ kleinen Gebiet bewege, ist das nicht so schlimm und im Nachhinein muss ich sagen, dass es so genau die richtige Entscheidung war.
Meilen: 379
Wetter: 7–21 Grad, früh sonnig, später bedeckt
Hotel: Fairfield Inn, $100.57