Goodbye Air Berlin – ein allerletzter Abschiedsflug
Air Berlin, das war für viele Jahre eine feste Größe am deutschen Himmel. Die ehemals zweitgrößte Fluggesellschaft Deutschlands hatte ihren Heimatflughafen in Berlin-Tegel. Doch genauso wie der Berliner Stadtflughafen ist die Airline längst Geschichte. Am 27. Oktober 2017 musste sie ihren Betrieb einstellen und die Flugzeuge gingen an andere Gesellschaften. Eine davon war Sundair aus Stralsund, die allerdings die Lackierung an dem Flugzeug für viele Jahre nicht veränderte, sodass ein Airbus in den Air Berlin Farben erhalten blieb. Und eben dieser Airbus sollte nun, mehr als sechs Jahre nach der Pleite noch einmal als Air Berlin Flug abheben.
Der BER war eigentlich als neues Drehkreuz von Air Berlin geplant worden. Wäre es so gekommen, wären die rot-weißen Check-in-Schilder wohl ein typisches Bild am neuen Berliner Flughafen gewesen. So aber ist es an diesem 28. März 2024 ein ungewöhnliches Bild, noch einmal, und am BER sogar zum ersten Mal, die typischen Farben von Air Berlin zu entdecken.
Der Check-in verläuft erst einmal ziemlich unspektakulär. Bis auf die Logos auf den Monitoren weist nicht viel auf diesen historischen Flug hin. Die Bordkarten, die hier ausgehändigt werden, sind einfach weiß und die Flugnummer trägt leider auch nicht den bekannten IATA-Code AB. Das ist formal auch korrekt, denn Air Berlin hat schon lange kein AOC, zu Deutsch Luftverkehrsbetreiberzeugnis. Durchgeführt wird der Flug vielmehr von Sundair, die seit 2018 Eigentümerin des Flugzeuges ist.
Nach dem Check-in geht es für die Passagiere dieses Sonderfluges ganz regulär zur Sicherheitskontrolle und anschließend weiter durch den Terminal, ganz wie bei jedem Flug. Durch die großen Fenster der Abflugebene ist sie dann schon zu sehen, die D‑ASGK in der typischen Air Berlin Lackierung. Des Öfteren habe auch ich das Flugzeug schon auf dem Vorfeld stehen sehen, wenn ich vom BER zu Flügen in alle Welt aufgebrochen bin.
Ein Blick auf den Abflugmonitor verrät auch nur Eingeweihten, dass ein Flug an diesem Gründonnerstag 2024 etwas ganz Besonderes ist, denn dieser Flug startet nicht nur am BER, sondern wird auch wieder hier landen.
Das Gate B12 soll es sein für den wirklich allerletzten Air Berlin Flug und den wohl ersten Air Berlin Flug am BER überhaupt. So geht es zunächst in das Tiefgeschoss des BER, wo sich die Gates für die Außenpositionen befinden, denn an solch einer Position wartet das letzte Air Berin Flugzeug an diesem Tag auf seine Gäste.
Normalerweise bin ich so gar kein Fan von Außenpositionen, doch an diesem Tag ist das etwas anderes. Auf der Außenposition gibt es nämlich die Möglichkeit, das Flugzeug nochmals schön fotografieren zu können. Zunächst aber werden die Bordkarten kontrolliert und alle 154 Passagiere dieses Sonderfluges in zwei Busse verladen.
Quer über das Flugfeld geht es zur D‑ASGK in den typischen Air Berlin Farben. Nur der Schriftzug mit dem Namen auf beiden Seiten fehlt, am Bauch ist er allerdings noch erhalten.
Wir drehen eine Ehrenrunde um das Flugzeug, wobei an Bord des Busses schon die Kameras klicken. Ganz emotional ist die Stimmung, denn viele Passagiere, die heute hier dabei sind, sind viele Jahre gern mit Air Berlin unterwegs gewesen.
Bereits 1978 wurde Air Berlin erstmalig gegründet. Damals von einem ehemaligen PanAm-Piloten und die Airline hatte ihren Sitz in den USA, denn nur den Siegermächten war es zu jener Zeit gestattet, den damaligen Westteil von Berlin anzufliegen. Zu jener Zeit hatte die neue Airline vor allem Flüge zu Warmwasserzielen rund um das Mittelmeer im Angebot.
Erst mit der Wiedervereinigung wurden die Karten neu gemischt. Am 16. April 1991 gründeten Kim Lungren, der PanAm-Pilot, und Joachim Hunold zusammen die neu Air Berlin, die allerdings zunächst weiterhin vor allem Charterflüge zu Urlaubszielen im Angebot hatte.
Die große Wendung und der Aufstieg zu Deutschlands zweitgrößter Airline begann 1998, als Air Berlin erstmalig Sitzplätze im freien Verkauf im Angebot hatte. In den folgenden Jahren wuchs die ehemalige Charterairline immer weiter und hatte mit der Übernahme der LTU bald auch Langstreckenflugzeuge, mit denen Ziele in aller Welt angeflogen wurden. Im Jahr 2010 trat die Airline sogar der OneWorld Allianz bei.
Das Wachstum war jedoch zu ambitioniert und so kam die inzwischen börsennotierte Airline erstmalig ins Straucheln. Im Zuge dessen wurde die Flotte verkleinert und der Großinvestor Etihad stieg in das Geschäft ein. Der große Befreiungsschlag wurde jedoch auch das nicht und die Verluste der Air Berlin wurden immer größer. Bereits im Sommer 2016 besaß die Airline keine eigenen Flugzeuge mehr, sämtliche Maschinen wurden geleast, um Kosten zu sparen.
Der endgültige Zusammenbruch kam schließlich im Sommer 2017, als die Etihad ihre finanzielle Unterstützung der bereits angeschlagenen Air Berlin kündigte und die Airline schließlich Insolvenz anmelden musste.
Aber zurück zu diesem Gründonnerstag 2024, an dem noch einmal ein Air Berlin Flug abheben sollte. Möglich war das nicht nur durch die noch bestehende Lackierung der Sundair Maschine, sondern auch dadurch, dass Sundair Eigentümer Marcos Rossello 2023 die Namensrechte an Air Berlin kaufte. Der letzte Flug hatte jedoch noch einen weiteren Hintergrund, denn im April 2024 verschwinden auch an diesem letzten Airbus 320 die Air Berlin Farben. Turnusmäßig muss das Flugzeug zur Lackierung und wird dann die Sundair Farben tragen.
Zum letzten Flug sind übrigens nicht nur viele Fans der Airline gekommen, auch ehemalige Mitarbeiter wollen noch einmal mit der Air Berlin abheben, einige von ihnen sogar in Uniform wie Battsetseg Lkhagvajav, die bis 2017 bei Air Berlin als Flugbegleiterin arbeitete.
Für sie und die anderen 153 Passagiere, zu denen auch ich gehöre, geht es an diesem 28. März an Bord des A320. Am Himmel über dem Flughafen hängen dicke Wolken, die ab und zu auch ein paar Regentropfen fallen lassen, ganz so, als fallen Tränen. Zwischendurch scheint aber auch immer wieder für einige Momente die Sonne. So geht es auch den meisten Passagieren, die den Flug mit einem lachenden und einem weinenden Auge antreten. Air Berlin wird von vielen noch immer schmerzlich vermisst und gleichzeitig herrscht Freude darüber, an diesem einmaligen Event teilnehmen zu können.
An Bord warten schon die beiden Sundair Piloten, die diesen Rundflug durchführen werden. Dass nicht alles nach Plan laufen wird, ahnt hier noch keiner.
In der Maschine kommt allerdings erst einmal kein Air Berlin Feeling auf. Sitze, Kopfstützenüberzüge und vieles mehr wurde inzwischen ausgetauscht und erscheinen hier in Sundair Farben.
Ich habe beim Check-in einen Platz in Reihe 10 zugewiesen bekommen. Heute sitze ich am Gang, denn die Fensterplätze waren so schnell ausgebucht, dass ich keinen mehr ergattern konnte. Auch das stellt sich im Nachhinein allerdings als weniger schlimm heraus als gedacht, aber immer der Reihe nach.
Nach der Begrüßung durch die Crew gibt es dann doch noch ein bisschen Air Berlin Feeling an Bord. Mit dem Erwerb der Namensrechte erhielt der neue Eigentümer anscheinend auch Zugriff auf diverse Bordaccessoires, die noch in irgendwelchen Lagern zu finden waren. Und die werden nun an die Passagiere verteilt.
Vor dem Abflug gibt es noch eine letzte Ansprache vom Veranstalter und dann soll es eigentlich losgehen. Zunächst verläuft auch alles nach Plan und die Crew, die übrigens in Sundair Uniform an Bord ist, führt die Sicherheitseinweisung durch.
Schließlich beginnen wir sogar zu rollen, doch schon nach wenigen Metern stoppt die Maschine. Kurze Zeit später die Durchsage aus dem Cockpit, wir haben ein Problem mit einer der hinteren Türen. Das muss sich erst ein Techniker ansehen und so warten wir geduldig auf dem Vorfeld. Nach erfolgter Reparatur können wir schließlich mit einer dreiviertel Stunde Verspätung abheben.
Geplant ist ein Flug auf rund 6000 Fuß Höhe, was in etwa 2000 Metern entspricht. Tiefer dürfen wir nicht fliegen, denn es gibt natürlich auch viele andere Flugzeuge, die an diesem Tag unterwegs sind. Normalerweise wäre das auch kein Problem gewesen, doch an diesem Tag hängen die Wolken auf rund 5000 Fuß Höhe, sodass von Berlin fast nichts zu sehen ist. Nur durch einige wenige Wolkenlücken können wir an Bord etwas von der Stadt erkennen. So ist es dann auch gar nicht schlimm, dass ich auf einem Gangplatz sitze.
Nach rund dreißig Minuten ist der Flug schon wieder vorbei und wir setzen zur Landung an. Die ist zwar etwas hart, doch schließlich enden wir genau da, wo der Rundflug begonnen hat, auf der Vorfeldposition am BER. Beim Aussteigen entdecke ich noch ein Überbleibsel aus längst vergangenen Zeiten. An der vorderen Trennwand befindet sich noch das Niki Logo, denn bevor dieser Airbus zu Air Berlin kam, war er schon für die Tochtergesellschaft Niki in der Luft.
Eine ganz besondere Überraschung gibt es schließlich noch beim Ausstieg. Markenzeichen der Air Berlin war das rote Herz, das die Passagiere nach jedem Flug überreicht bekamen. Und genau solch ein rotes Herz durften sich alle an Bord noch einmal mitnehmen. Hergestellt wurden die Schokoherzen von der Berliner Firma Rausch, die zumindest bis 2015 die roten Herzen auch für Air Berlin herstellte.
Am Borden ist an diesem denkwürdigen Tag auch einiges los, schon die Landung wurde von einem Fahrzeug des Flughafens begleitet, denn auch für den BER ist der letzte Flug einer Air Berlin Maschine ein besonderes Ereignis.
Auf dem Vorfeld bleibt dann nochmals kurz Zeit, ein paar letzte Bilder zu machen. So wird die D‑ASGK schließlich nie wieder zu sehen sein.
Auch Battsetseg Lkhagvajav ist noch einmal vor der Maschine anzutreffen. Sie berichtet, dass sie gern an ihre Zeit bei Air Berlin zurückschaut und so steht sie mit Uniform und Herz für Fotos vor dem Airbus bereit.
Irgendwann werden wir aber aufgefordert, in den Bus zu steigen. Ewig auf dem Vorfeld stehen ist dann doch nicht erlaubt. Und so werfe ich noch einen letzten Blick auf die Maschine, bevor sich die Türen schließen.
Ein paar letzte Fotos mache ich auch noch aus dem Bus, denn der dreht nochmal eine letzte Ehrenrunde um den Airbus.
Anschließend geht es zurück zum Terminal. Den Blick auf Terminal 1 kenne ich inzwischen zur Genüge, denn seit der Schließung von Berlin-Tegel ist der BER zu meinem neuen Heimatflughafen geworden.
Am Terminal angekommen, kann ich noch einen letzten Blick auf den Air Berlin Airbus werfen, bevor dieser letzte Flugtag von Air Berlin auch zu Ende geht.
Raus aus dem Flughafen geht es dann wieder auf dem gewohnten Weg über die Gepäckausgabe. Stoppen muss hier jedoch keiner von uns, denn Koffer haben wir auf diesem Rundflug natürlich nicht aufgegeben.
Fazit: Für mich war es ein schönes Erlebnis noch einmal mit Air Berlin unterwegs zu sein, auch wenn es sich hier eigentlich um einen Sundair Flug gehandelt hat. Schade ist es schon, dass es die Air Berlin nicht mehr gibt, denn ein wenig Konkurrenz am Himmel würde Deutschland auch nicht schaden.
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