Dry Tortugas National Park, Florida
Der Dry Tortugas Nationalpark ist einer der am schwersten zu erreichenden Nationalparks der USA. Es gibt zwei Möglichkeiten den Park zu besuchen, per Boot oder per Flugzeug. Der Bootsausflug dauert den ganzen Tag, während per Flugzeug Halb- und Ganztagsausflüge möglich sind.
Check-in für meinen Flug ist bereits um 7:30 Uhr. Kurz vorher biege ich auch auf den Parkplatz des Terminals von Seaplanes of Key West ein. Dann geht alles ganz schnell, der Check-in ist in zwei Minuten erledigt. Jetzt bekomme ich noch eine Kühlbox für mein mitgebrachtes Essen (auf den Dry Tortugas gibt es nichts) sowie Getränke, die im Flugpreis inklusive sind. Dann kann es auch schon losgehen. Unser heutiger Flug ist mit 10 Passagieren ausgebucht.
Zu Fuß laufen wir über das Rollfeld zu unser DHC‑3 DeHavilland Turbine Otter Amphibian, einem Flugzeug, das auch von den Buschpiloten Alaskas gerne geflogen wird.
Ich habe mich übrigens ganz bewusst für diesen frühen Flug entschieden, denn nur so bekommt man die Möglichkeit fast allein im Nationalpark zu sein. Gegen 10:30 Uhr erreicht das Ausflugsboot mit meist mehr als 80 Passagieren die Insel. Diesen Besucheransturm will ich umgehen.
Pünktlich um 8 Uhr rollen wir zur Startbahn des Key West International Airport. Unser Pilot Evan fliegt diese Route schon seit vielen Jahren und wird uns heute auch als Guide dienen. Um ihn auch unterwegs hören zu können, bekommen wir Kopfhörer.
Bevor das kleine Flugzeug jedoch den Dry Tortugas Nationalpark erreicht, bekommen wir noch einiges zu sehen. Zuerst überfliegt die kleine Maschine Key West.
Dann geht es weiter Richtung Westen über das grün-blaue Wasser des Golfes von Mexiko zum Endpunkt der Florida Keys. Würde man noch weiter nach Westen fliegen, käme man schließlich nach Mexiko, aber so weit wollen wir dann heute doch nicht. Siebzig Meilen entfernt liegt der Park von Key West und unser 40-minütiger Flug führt uns als Nächstes über die Flats, ein großes Gebiet mit ganz flachem Wasser, das heute ein Marine Sanctuary ist. Hier sehe ich ganz viele Schildkröten im Wasser.
Als Nächstes überfliegen wir die Marquesas Inseln. Evan macht uns hier auf zwei Boote aufmerksam, mit denen erst vor drei Monaten kubanische Flüchtlinge auf den Inseln strandeten. Solche Boote findet man an den Küsten Floridas immer wieder, denn viele Menschen aus Kuba versuchen so das amerikanische Festland zu erreichen.
Auch Schiffswracks sind aus der Luft zu erkennen, wie das der „Patricia”, ein Zerstörer Begleitschiff aus dem Zweiten Weltkrieg, der hier zu Übungszwecken von der US Navy versenkt wurde.
Schließlich erreichen wir die Quicksands Gegend, ein Gebiet, in dem zum Beispiel Mel Fisher viele Schätze aus Schiffswracks geholt hat. Diese sind heute in einem Museum in Key West zu sehen.
Dann endlich erscheint am Horizont der Dry Tortugas Nationalpark. Und kurz darauf erblicke ich auch Garden Key mit dem beeindruckenden Fort Jefferson, wo wir in wenigen Minuten landen wollen.
Es ist schon ein komisches Gefühl, die Maschine so auf das Wasser zurasen zu sehen. Doch dann setzten wir sicher auf dem Meer auf. Bevor wir jedoch im Wasser gleiten, holpert die Maschine ein paar mal über die Wellen. Danach „fahren” wir zum Strand, wo wir aussteigen.
Gleich nach dem Aussteigen mache ich auch schon die erste Entdeckung. Ich sehe diese Conch Shell im seichten Wasser. Nachdem ich sie unserem Piloten zeige, hebt dieser sie hoch und bestätigt mir, dass die Muschel noch lebt. Gleich danach wirft er sie ins tiefere Wasser, da sie hier am Strand verenden würde.
Und dann stehe ich vor dem Eingang zum Fort Jefferson.
Betreten kann man das Fort nur über diese kleine Brücke. Sonst ist es komplett von Wasser umgeben.
Fort Jefferson ist das größte Ziegelsteingebäude der westlichen Hemisphäre und heute in den USA besonders wegen Dr. Samuel Mudd bekannt, der hier im Gefängnis saß. Mudd war zu dieser Strafe verurteilt worden, da es als erwiesen angesehen wurde, dass er an der Verschwörung zur Ermordung von Präsident Abraham Lincoln beteiligt war.
Entdeckt wurde die Insel, auf der sich heute das Fort befindet, aber schon viel früher. Kein Geringerer als Ponce de León persönlich betrat 1513 als erster Europäer die Inseln, die er „Las Tortugas” taufte, wegen der vielen Schildkröten, die hier im Wasser leben. Erst später fügten andere Seefahrer das Wort „Dry” hinzu, um auf das Fehlen von Trinkwasser auf den Inseln aufmerksam zu machen.
Der Bau von Fort Jefferson begann im Jahr 1846 und für die nächsten dreißig Jahre wurde immer weiter gebaut. Mehr als 16 Millionen Ziegelsteine wurden für die Gebäude verbraucht, fertiggestellt wurde das Fort trotzdem nie. Bis zu 1700 Männer waren hier stationiert, doch es gab immer wieder Probleme mit dem Bau (das Fort drohte unter seiner eigenen Last zusammenzustürzen) und mit Gelbfieber Epidemien. Schon 1874 gab die Army den Stützpunkt auf.
Im Jahr 1908 wurde das Gebiet schließlich zu einem National Wildlife Refuge ernannt, um die hier nistenden Vögel zu schützen. 1935 bekam es dann den Status eines National Monument. Doch es sollte noch bis 1992 dauern, bevor die Dry Tortugas den National Park Status erhielten.
Heute leben bis zu acht Ranger dauerhaft auf Garden Key. Ihre Wohnungen wurde in den alten Offiziershäusern oder auch im Fort direkt eingerichtet. Lebensmittel bekommen sie einmal wöchentlich per Boot und Trinkwasser sammeln sie in Zisternen. Strom gibt es nur per Generator und wenn sie einmal Lust auf eine Pizza haben, dann wird die von unserem Wasserflugzeug auch ab und zu mitgebracht. Es ist ein einsames Leben hier auf den Dry Tortugas, doch Ranger Fuellner kann sich nichts Schöneres vorstellen. Er erzählt mir, dass er schon seit drei Jahren hier wohnt und so schnell auch nicht wieder wegwill.
Ich habe aber nur zweieinhalb Stunden Zeit, um das Fort zu entdecken und so mache ich mich recht bald wieder auf den Weg. Mein nächstes Ziel, wie sollte es auch anders sein, der Leuchtturm. Das erste Leuchtfeuer auf Garden Key wurde bereits 1825 errichtet, um Seefahrer vor den Riffen rund um die Inseln zu warnen. Mit dem Bau des Forts bekam die Insel dann diesen Leuchtturm, der komplett aus Eisen errichtet wurde.
Neben der Besichtigung des Forts von Innen will ich aber auch die Außenseite nicht vernachlässigen. Auf einem schmalen Weg kann man das Fort auch von der Wasserseite umrunden.
Auf diesem Weg ist aber nicht nur das Fort interessant. Auch ein Blick ins Wasser lohnt immer wieder, um die zahlreichen bunten Fische zu beobachten. Schnorcheln ist hier auch möglich.
Während ich so laufe, sehe ich zwei Muscheln auf dem Weg liegen. Doch plötzlich bewegen sie sich und bei genauerem Hinsehen stelle ich fest, dass sie bewohnt sind.
Es macht richtig Spaß, hier unterwegs zu sein. Auf dem großen Gelände treffe ich fast niemanden. Die zehn Passagiere unseres Fluges verlaufen sich hier recht schnell.
Als ich schließlich wieder am Eingang ankomme, beschließe ich nochmals in den Innenhof zu gehen und nach der Zelle von Dr. Samuel Mudd Ausschau zu halten. Lange suchen muss ich aber nicht, denn der Raum ist durch eine Plakette gekennzeichnet und über der Tür stehen die Worte „Whoso entereth here leaveth all hopes behind.”. Und das kann ich mir bei dieser Lage lebhaft vorstellen.
Weiter führt mich mein Weg dann durch die unterste Ebene des Forts, wo ich ein weiteres kubanisches Flüchtlingsboot entdecke, dass hier an Land getrieben wurde.
Um 10:40 Uhr erreichen dann auch das Ausflugsboot sowie ein weiteres Flugzeug aus Key West die Insel und mit der Ruhe ist es schlagartig vorbei. Mehrere Dutzend Menschen verlassen das Schiff, sowie zehn weitere Passagiere das Flugzeug, und verteilen sich überall auf der Insel.
Auf dem Rückflug ergattere ich den Co-Pilotensitz für mich, was mir einen besonders guten Rundumblick beschert. Der Start vom Wasser ist von hier ein noch interessanteres Erlebnis. Und auch diesmal gibt es auf dem Flug noch einiges zu sehen. Als Erstes zeigt uns Evan das Wrack der „Arbustus”. Sie war eines der Schatzsucherschiffe von Mel Fisher und ist hier im seichten Wasser gesunken. Der Mast ragt noch heute über die Wasseroberfläche hinaus und hat so sogar schon einige Hurrikans überstanden.
Bald darauf überfliegen wir Ballast Key, die einzige Insel im Marine Sanctuary, die sich auch heute noch in Privatbesitz befindet. Einer der berühmtesten Besucher war Tennessee Williams, der zum Malen hierherkam. Auch im James-Bond-Film „License to kill” hatte die Insel einen Auftritt.
Auf unserem Weg zurück nach Key West überfliegen wir noch weitere Inseln, die oft als Wochenendausflugsziel für die Bewohner von Key West dienen.
Nach einem erlebnisreichen Vormittag landen wir schließlich gegen Mittag wieder sicher in Key West.
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