Tag 6: Dienstag, 11. Juli 2023
Zitterpartie – Sylt – Teil 2
„Es gibt nichts Schöneres als die Art und Weise, wie der Ozean sich weigert, mit dem Küssen der Küste aufzuhören, egal wie oft er weggeschickt wurde.“ – Sarah Kay
Zurück von Sylt, sitze ich gerade beim Essen, als sind der Kapitän über das Interkom des Schiffes meldet. Das Wetter sei besser geworden. Ja, das habe ich auch schon gemerkt. Aber jetzt kommt die beste Nachricht des Tages, wir werden weiter tendern und doch bis zum Abend auf Reede liegen. Sehr cool, aber irgendwie auch blöd, denn hätte ich das eher gewusst, wäre ich gar nicht zurück an Bord gekommen. Aber es wusste halt keiner und man muss ja auch für kleine Dinge dankbar sein. Ich kann schon verstehen, dass man das Risiko nicht eingehen wollte, die Passagiere nicht zurück an Bord zu bekommen. Das wäre logistisch schon recht schwierig geworden, besonders hier auf Sylt.
Aber egal, die Tender fahren wieder und so beende ich schnell mein Mittagessen, um zurück an Land zu kommen. Noch an Bord treffe ich C. und K. und wir beschließen, zusammen an Land zu gehen. C. hatte am Vormittag eine Bekannte getroffen und sich ebenfalls beeilt, zurück an Bord zu kommen. Nun aber hat sie Zeit für uns den Reiseführer zu geben. Also zurück zum Tender und dann starten wir die zweite Überfahrt des Tages nach List.
Dieses Mal ist die Überfahrt weit weniger schlimm, das Meer hat sich sichtlich beruhigt und der Tender schaukelt kaum noch. Am Anleger wurde das schon bekannte Schild nochmals korrigiert, damit wir auch alle wieder pünktlich an Bord sind.
Noch einmal geht es zur Bushaltestelle, denn wir wollen in den Ort, von dem schon die Ärzte sangen, nach Westerland. Aus dem Bus können wir die großen Sanddünen bei List bestaunen, sie gehören zum größten Wanderdünengebiet Europas. Durch den starken Westwind verlagern sich die Dünen immer weiter nach Osten, bis zu zehn Meter im Jahr können sie ihre Position verlagern. Auf geführten Wanderungen kann man sich das Naturschauspiel auch aus der Nähe anschauen, für uns aber bleibt heute nur ein Foto aus dem Bus, denn die Zeit ist begrenzt und wir wollen ja nach Westerland.
Als wir in der Inselmetropole angekommen, haben sich leider dunkle Wolken vor die Sonne geschoben. Schade, dass mich das Wetter gerade hier so im Stich lässt. Wir laufen von der Haltestelle einmal durch die Fußgängerzone und schnuppern auch in ein paar Geschäfte hinein. Wenigstens ein kleines Souvenir will ich doch kaufen und werden bei einer lokalen Schokoladenmanufaktur fündig.
Die Fußgängerzone endet direkt am Meer, an den Strand gehen wir jedoch nicht. Der kostet auch hier „Eintritt” (aka, es wird Kurtaxe fällig) und das lohnt sich für fünf Minuten dann doch nicht. Zurück geht es wieder durch den Ort und noch bis zum Rathaus, wo ein paar bunte Lichtinstallationen auf die Dunkelheit warten. Das werden wir aber heute nicht mehr erleben. Da müssen wir längst zurück an Bord sein.
Auch jetzt müssen wir immer die Uhr im Auge behalten, denn so richtig viel Zeit bleibt durch den etwas zerrissenen Tag nicht. Ein kurzer Stopp in Wenningstedt ist aber noch drin. Hier führt uns C. noch einmal zielsicher zur Strandpromenade.
Erst einmal gibt es natürlich ein paar Erinnerungsfotos mit dem Sylt-Zeichen. Das gehört einfach mal dazu.
Anschließend bummeln wir ein wenig über die Promenade, der Strand ist heute recht leer, denn es ist eher frisch und regnerisch. Die meisten Strandkörbe sind auch verwaist.
Direkt an der Promenade stehen auch diese zwei Gebilde, die man zunächst für Kunst halten könnte. In diesem Fall aber falsch gedacht, denn die Objekte stammen vom italienischen Designer Fabio Novembre und wurden als Sitzmöbel aufgestellt.
Etwas anders sieht es da bei den „Alltagsmenschen” aus. Sie stammen aus dem Atelier Lechner, wo Mutter und Tochter inzwischen die berühmten Figuren exklusiv gestalten und deutschlandweit auf Ausstellungen zeigen. Mich erinnert das sofort an Seward Johnson, dessen Werke ich sehr gerne mag. Und auch hier finde ich viele tolle Motive.
Die Zeit rinnt uns nur so davon, sodass wir schon bald wieder an Aufbruch denken müssen. Schon schade, aber so ist das nun mal, auf Kreuzfahrt kann man in viele Ziele nur reinschnuppern. Und am Ende des Tages bin ich doch froh, dass es überhaupt möglich war, nach Sylt zu kommen.
Zurück in List bummeln wir nochmal kurz durch das kleine Hafengebiet, denn man muss hier sowieso vorbei, wenn man zum Anleger will. Viel Zeit bleibt aber nicht mehr, wenn wir den letzten Tender noch erwischen wollen.
Ich entdecke noch diesen kleinen Grenzstein, ganz schön weit bis nach Hause. Hätte ich gar nicht gedacht.
Und dann sind wir schon zurück am Hafen. Draußen auf Reede wartet schon die MS Hamburg auf uns. Das Meer ist trotz tief hängenden Wolken ruhig, der Wind hat nachgelassen, sodass die Überfahrt wohl auch nicht weiter schlimm sein wird.
Schließlich ist er da, der letzte Tender, der jetzt auch uns zurück aufs Schiff bringen soll. Viele Passagiere sind nicht mehr da. Ob sie nicht nochmals von Bord gegangen sind oder schon früher zurück, kann ich nicht sagen, aber mit uns warten nur noch eine Handvoll Leute.
Dann geht alles ganz schnell, wir gehen an Bord, und schon brausen wir durch die Bucht zur MS Hamburg. Hinter uns wird List immer kleiner und so endet dieser Tag auf Deutschlands nördlichster Insel.
Die letzte Hürde ist dann nochmal das Aussteigen vom Boot zurück auf das Schiff.Das schaukelt dann doch ein bisschen, aber die Crew sorgt dafür, dass jeder sicher wieder an Bord kommt.
Uns zieht es dann auch gleich wieder an unsere Lieblingsstelle an Bord, das offene Deck über der Brücke. Von hier wollen wir beobachten, wie der Anker eingeholt wird und das wird unerwartet etwas spannender als gedacht. Zunächst sieht alles ganz unspektakulär aus, doch plötzlich stockt die Ankerkette und dann bedarf es doch einiger Manöver, bis sie sich endlich löst und der schwere Anker ganz nach oben gezogen werden kann.
Die Abfahrt von Sylt ist dann nochmal richtig schön und bevor wir auf die Nordsee hinausfahren, kann ich einige schöne Bilder von Deutschlands nördlichstem Ende machen.
Nach einer Weile wird es an Deck aber doch recht frisch und es ist ja auch Zeit für das Abendessen. Nur zum Sonnenuntergang komme ich später nochmals an Deck, denn der ist trotz des eher trüben Wetter tagsüber noch wunderschön.
Wetter: stark bewölkt mit Schauern, 17–19 Grad
Seemeilen: 127