Tag der offenen Schlösser in Sachsen-Anhalt – Pfingsten 2023
Der Tag der offenen Schlösser findet in Sachsen-Anhalt traditionell am Pfingstmontag statt. An diesem Tag sind sonst private Schlösser und Herrenhäuser für Besucher geöffnet. Ich habe mich anlässlich dieses Tages zu einer ganz besonderen Schlössertour in den Norden von Sachsen-Anhalt aufgemacht.
Herrenhaus Briest
Schlössertouren habe ich in Sachsen-Anhalt schon einige gemacht, einen Blick hinter die Mauern privater Häuser aber noch nie geworfen. Das konnte ich bisher nur während der Mittsommer Remise in Mecklenburg-Vorpommern erleben. Ein Tag für acht Schlösser, die auch noch in ganz Sachsen-Anhalt verteilt sind, ist allerdings auch sehr wenig, sodass ich mich für den Besuch im Herrenhaus Briest in Tangerhütte entschieden habe.
Das Anwesen in Briest gehört zum Familienbesitz der Familie von Bismarck und das schon seit inzwischen über 600 Jahren. Im Jahr 1345 hatte Nikolaus von Bismarck die Güter Briest und Burgstall vom Markgrafen von Brandenburg als Lehen erhalten. Bis 1945 lebte die Familie ohne Unterbrechung auf dem Gut und baute es als Forst- und Wirtschaftsbetrieb aus. Auch als Landräte und Kreistagsabgeordnete prägten die von Bismarck Politik, Gesellschaft und Kultur in der Region um Stendal. Das noch heute existierende Herrenhaus wurde 1624 für Christoph von Bismarck und seine Frau Dorothea II. von der Schulenburg errichtet und hat sich seitdem nicht viel verändert. Zwar gab es 1839 einen Brand, doch das Haus wurde renoviert und ein Turm angebaut, der auch im Bildband von Alexander Duncker schon schön zu sehen ist.
Nach der Enteignung 1945 sollte das Haus eigentlich gesprengt werden, doch das konnte die Denkmalpflege verhindern. Stattdessen zogen Flüchtlinge ein. Über 120 Menschen lebten zeitweise in den 24 Zimmern des Herrenhauses. Später wurde das Gebäude in sechzehn Wohneinheiten unterteilt, die bis 1990 vermietet waren. Anschließend gab es mehrere Jahre Leerstand.
Und zu diesem Zeitpunkt kommen sie ins Spiel, Maren und Friedrich von Bismarck. Er ist der Sohn des letzten Eigentümers und kauft das Familienanwesen 1997 zurück. Renovieren will das Ehepaar und dem Anwesen wieder zu seinem alten Glanz verhelfen. Doch schon vier Jahre später schlägt das Schicksal zu, Friedrich von Bismarck verstirbt und von nun an steht Maren von Bismarck allein mit dem Anwesen da, unterstützt von ihren Kindern.
Die resolute Hausherrin treffe ich bei meinem Besuch vor der Haustür. Sie empfängt mich freundlich und lädt mich in das Haus ein. Das ist inzwischen zwar von außen komplett renoviert, doch innen ist man noch nicht fertig. Ein Museum mit Familienerbstücken soll es hier geben und Veranstaltungsräume, erklärt Maren von Bismarck. Auch Hochzeiten sollen wieder vermehrt auf dem Anwesen ausgerichtet werden können und natürlich kulture Events, wie Vorträge oder Konzerte.
Für diesen Traum, den sie und ihr Mann seit den 90er Jahren hatten, hat Maren von Bismarck hart gearbeitet. Viel privates Geld ist in das Haus geflossen, aber es gab auch Unterstützung von einem Förderverein sowie der Stiftung Denkmalschutz.
Die Stiftung hat sich besonders für den Erhalt des außergewöhnlichen Eckturmes eingesetzt, der nach dem Brand 1839 angebaut wurde. Auch andere Fördermittel wurden eingeworben, darunter Gelder von Lotto Sachsen-Anhalt. Für ihr Engagement erhielten Maren von Bismarck und posthum ihr Mann 2008 den Denkmalpreis des Landes Sachsen-Anhalt.
Das Briester Herrenhaus mit seinem Eichenfachwerk im Stil der Spätrenaissance ist übrigens eines der letzten Anwesen dieser Art in Nordostdeutschland. Man darf gespannt sein, wie es in Zukunft mit dem Haus weitergeht und ob Maren von Bismarck es tatsächlich schafft, im Herbst 2023 bereits einen Teil des Hauses zu öffnen.
Ich verabschiede mich für heute von Maren von Bismarck und schaue mich noch ein wenig in der Gartenanlage um. Der Park im Stil eines englischen Landschaftsgartens wurde 1849 nach Plänen von Christian Schaumburg angelegt, der auch für Teile der Herrenhäuser Gärten in Hannover verantwortlich war. Im 20. Jahrhundert wurde der Park lange Zeit nicht gepflegt und ist auch hier eine Sanierung notwendig, die inzwischen schon gut vorangeschritten ist. Der Schlosspark ist inzwischen auch in die Gartenträume des Landes Sachsen-Anhalt aufgenommen worden. Im Park finden sich noch einige Familiengräber der von Bismarck.
Ebenfalls zum Anwesen gehört der Teich vor dem Herrenhaus, der heute an den hiesigen Anglerverein verpachtet ist.
Neben dem Herrenhaus sind auch noch weitere Gebäude auf dem Anwesen erhalten. Eines davon ist das Brauhaus, in dem sich die Jagdgesellschaften zusammenfanden und frisches Bier gebraut wurde.
Das Brauhaus ist inzwischen komplett saniert und wird an besonderen Tagen als Café geöffnet. Auch Veranstaltungen können hier bereits stattfinden.
Ebenfalls zum Ensemble gehört die 1599 in Fachwerkbauweise errichtete Kapelle, die als einzige Kirche im Kreis Stendal nach der Reformation gestiftet wurde. Ihre Stifter waren Pantaleon von Bismark, Hypolita von Bismarck und ihr Ehemann Christoph von Alvensleben und die Kapelle wurde bis 1945 von der Familie genutzt. Später verfiel das kleine Gotteshaus und war lange Zeit in einem desolaten Zustand.
Das änderte sich erst 1990, als eine umfassende Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes begann, die bis 1993 andauerte. Am 3. Oktober 1993 konnte die bismarcksche Kapelle schließlich wieder eingeweiht werden.
Inzwischen finden auch wieder vereinzelt Gottesdienste in der Kapelle statt, die mit einem schönen Holzaltar und einer handbemalten Kanzel versehen ist. Was allerdings fehlt, ist der Taufengel. Der wurde nach 1945 in eine andere Kirche verbracht und soll dort auch bleiben, wie mir Maren von Bismarck berichtet hat. Sie findet, dass er dort besser genutzt werden kann, da in der Kapelle keine Taufen mehr stattfinden.
Noch in einem sehr schlechten Zustand sind die weiteren erhaltenen Gebäude des Gutes, zu denen ein alter Kuhstall gehört. Wie es hier weitergeht, ist noch nicht beschlossen, aber Maren von Bismarck würde sich schon wünschen, dass eine Sanierung des gesamten Ensembles irgendwann möglich ist.
Zwischen mir und meinen nächsten Zielen liegt die Elbe, die ich bei Grieben mit einer Fähre überquere. In der Gegend war ich schon einmal unterwegs und habe einige Schlösser und Herrenhäuser zwischen Tangermünde und Magdeburg besucht.
Schloss Redekin
Ein gar prächtiges Anwesen muss auch Schloss Redekin gewesen sein. Sogar preußische Könige kamen einst hierher, um das Anwesen in Augenschein zu nehmen, und an dem kleinen Schloss arbeiteten Künstler, die auch in Sanssouci beschäftigt waren. Von der ganzen Pracht des Anwesens, das zwischen 1327 und 1763 den Rittern von Randow und von 1780 bis 1945 der Familie von Alvensleben gehörte, ist leider nichts mehr erhalten. Nur einige Aufnahmen auf der Website der Familie von Alvensleben und ein Druck im Bildband Alexander Duncker zeugen noch von der einstigen Pracht. Das Haus selbst brannte 1945 nieder und der Garten wurde um 1950 endgültig zerstört.
Was heute noch zu sehen ist, sind die Reste des einstigen Schlossparks, der ursprünglich als Barockgarten angelegt und später zum englischen Landschaftsgarten umgebaut wurde.
Einige Alleen und alte Bäume sowie Rhododendronbüsche können bei einem kleinen Sparziergang noch ausgemacht werden.
Der Park selbst steht allerdings seit 2020 unter Denkmalschutz und momentan wird überlegt, ob er verwildert bleiben oder doch wieder ein Landschaftspark angelegt werden soll.
Herrenhaus Wust
Da ich nun schon in der Gegend war, habe ich allerdings noch einige andere Schlösser und Herrenhäuser aufgesucht, die ich ebenfalls vorstellen möchte. Am Anfang meiner kleinen Rundfahrt stand das Herrenhaus Wust. Das Anwesen war von 1387 bis 1945 im Besitz der Familie von Katte, die hier zunächst in einem recht einfachen Haus lebte, das im Dreißigjährigen Krieg niederbrannte. Das heutige Herrenhaus wurde von Hans Heinrich von Katte zwischen 1726 und 1727 errichtet und sollte fortan der Familienstammsitz sein.
Auch im Bildband von Alexander Duncker ist das Herrenhaus zu finden, denn die von Katte waren eng mit dem preußischen Königshaus verbandelt. Hans Herrmann Graf von Katte stieg unter König Friedrich Wilhelm II. bis zum Generalfeldmarschall auf. Sein Sohn war mit Friedrich Wilhelm befreundet, als dieser noch Kronprinz war und wurde von König Friedrich Wilhelm I. hingerichtet, da er von den Fluchtplänen des Kronprinzen nach England gewusst haben soll.
Für mich geht es nun weiter zu meinem heutigen Übernachtungsort, dem Jagdschloss Letzlingen, das das einzige noch erhaltene Hohenzollernschloss in Sachsen-Anhalt ist. Heute ist hier nicht nur ein Museum untergebracht, sondern auch ein Hotel. Doch davon erzähle ich in meinem Review.
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