Tag 7: Dienstag, 25. Oktober 2022
Inseltraum – Menorca – Teil 1
„Fahre in die Welt hinaus. Sie ist fantastischer als jeder Traum.” (Ray Bradbury)
Heute ist ein ganz besonderer Tag, denn C. hat heute Geburtstag. Und so startet unser Tag heute nicht am Buffet, sondern auf dem Balkon. Da wir den nächsten Hafen erst gegen Mittag erreichen werden, haben wir Zeit, die Aussicht auf das Mittelmeer zu genießen.
Schon am Vorabend haben wir unser Frühstück für heute über den Roomservice bestellt und das wird dann auch prompt geliefert. Und nicht nur das, auf dem Balkon wird der Tisch eingedeckt und dann ein kleines Festmahl serviert.
Herrlich ist das so in den Tag zu starten. Und so bleiben wir hier sitzen, bis schon die ersten Klippen von Menorca zu sehen sind. Nach zwei italienischen und einer französischen Insel erreichen wir nun Spanien und hier die östlichste der Baleareninseln.
Kurze Zeit später kommt auch schon der Lotse, der für eine sichere Einfahrt in den Hafen von Mahón unerlässlich ist, an Bord. Für uns heißt das aber auch, dass es Zeit ist an Deck zu gehen, denn die Hafeneinfahrt auf Menorca ist etwas Besonderes und wird von Azamara Cruises auch dementsprechend zelebriert.
Als wir auf das Pooldeck kommen, ist die Party hier schon in vollem Gange. Es gibt Livemusik und es wird gegrillt. Die Küche lässt sich nicht lumpen und wir stärken uns schon mal für unseren Landgang auf Menorca.
Doch zurück zum Hafen von Mahón, denn der ist etwas wirklich ganz Besonderes. Rund fünfeinhalb Kilometer lang ist die Reise von der Hafeneinfahrt bis zum Anleger mitten in der Stadt. Das macht den fjordähnlichen Hafen zum größten Naturhafen Europas und zum zweitgrößten der Welt nach Sydney. Wahrlich ein Meisterwerk der Natur und das auf solch einer kleinen Insel.
Gleich an der Hafeneinfahrt sieht man auch die große Bedeutung, die dieser Hafen schon vor Jahrhunderten hatte. Riesige Festungsanlagen schützten die Einfahrt, denn wer hier durchkam, der hatte auch die Macht über Menorca. Das gelang übrigens einigen Seefahrernationen in den letzten Tausend Jahren, seien es nun die Araber oder die Engländer. Aber letztendlich waren es die Spanier, die hier dauerhaft Fuß fassten. Ihre Spuren haben die zwischenzeitlichen Herrscher aber trotzdem hinterlassen. Besonders der Einfluss der Engländer ist auch heute noch vielerorts zu erkennen.
Die Fahrt durch den Hafen ist einfach wunderschön, zumal heute auch noch das Wetter so fantastisch mitspielt. Nachdem wir die Festungen zu beiden Seiten passiert haben, schmiegen sich die Häuser an die Hänge auf beiden Seiten, wobei die Seite zu Backboard dichter besiedelt ist, während Steuerbord einige traumhafte Villen zu sehen sind.
An der Illa del Rei müssen wir eine Engstelle passieren. Fast glaubt man, wir würden hier gar nicht hindurchpassen. Doch natürlich klappt alles und Captain Carl manövriert uns auch hier souverän hindurch, auch wenn man fast das Gefühlt hat, die Gebäude am Ufer berühren zu können.
Schließlich nähern wir uns dem Anleger im Herzen von Mahón. Doch was ist das? Da liegt ja schon ein Schiff. Sind wir heute etwas nicht allein? Aber groß ist der Kahn da vor uns nicht, im Gegenteil, gegen uns ist die Le Champlain der französischen Luxusreederei Ponant ein Zwerg. Überlaufen wird Mahón also eher nicht sein.
Und hinter der Le Champlain ist dann auch noch für uns reichlich Platz. Die Azamara Onward ist ja ebenfalls ein eher kompaktes Schiff, sodass wir auch keine Probleme haben, im Hafenbecken zu drehen.
Während die Azamara Onward vertaut wird, essen wir noch einen Happen, denn zumindest ich habe etwas Zeitdruck.
Ich habe heute einen Landausflug nach Ciutadella gebucht, die zweite große Stadt auf Menorca und lange Zeit auch Hauptstadt der Insel. So muss ich schon kurz nach dem Anlegen am Treffpunkt in der Cabaret Lounge sein.
Gemeinsam mit der Gruppe geht es sogleich von Bord und zum Bus, der auf einem Parkplatz gleich neben dem Schiff auf uns wartet. Hier stellt sich auch George vor, unser Guide für den heutigen Ausflug. Und im Gegensatz zu der Dame auf Sardinien ist George ein absoluter Volltreffer. Er ist halb Brite und halb Spanier, spricht deshalb fließend Englisch und kennt sich auf seiner Heimatinsel fantastisch aus. Schon nach ein paar Minuten ist klar, dass das ein guter Ausflug werden wird.
Die Fahrt nach Ciutadella dauert rund eine Dreiviertelstunde und wir durchqueren in dieser Zeit einmal die Insel Menorca. Der Name Menorca bedeutet auf katalanisch „die Kleinere” während Mallorca „die Größere” ist. Die Insel ist die östlichste der Balearen und auch der östlichste Punkt von Spanien. Rund fünfzig Kilometer lang und bis zu sechzehn Kilometer breit ist Menorca und es leben rund 93.000 Einwohner ständig auf der Insel. Dazu kommen zahlreiche Ferienhausbesitzer und Touristen, die gibt es auch hier, selbst wenn es auf Menorca bedeutend ruhiger zugeht als auf den Schwesterinseln Mallorca und Ibiza.
Schließlich erreichen wir Ciutadella und fahren direkt ins Zentrum. Das ist mit dem Bus schon ein kleines Abenteuer, denn die Straßen sind eng und teilweise gibt es an den Häusern Erker, die wohl auch schon öfter mal Bekanntschaft mit größeren Fahrzeugen gemacht haben, wenn man die zahlreichen Schäden so ansieht.
Wir aber kommen dank unseres Busfahrers José gut durch und steigen wenig später an der Placa de Senplaxada aus. Von hier geht es nun zu Fuß weiter zur Placa des Born, einem der zentralen Plätze der Stadt. Im Zentrum des Platzes steht der Ciutadella-Obelisk, der 1857 zum Gedenken an das Jahr seiner Schande (der Überfall der Osmanen 1558) errichtet wurde. Weiterhin stehen am Platz das Rathaus von Ciutadella und einige weitere bedeutende Bauwerke, die wir noch näher betrachten werden.
Erst einmal werfen wir aber einen Blick auf den Hafen der Stadt. Der hat ebenfalls die Form eines Fjords, ist aber nicht so lang und breit wie der von Mahón. Das war auch der Grund, warum die Stadt unter der Herrschaft der Engländer an Bedeutung verlor und ihren Status als Inselhauptstadt einbüßte, den sie seit dem Altertum innehatte.
Wir laufen nun einmal um den Placa des Born, um von hier in das historische Zentrum von Ciutadella zu gelangen. Die Stadt wurde ursprünglich bereits von den Karthagern gegründet und trug in der Antike den Namen Iamona. Bereits im 4. Jahrhundert war die Stadt ein Bischofssitz, bevor die Mauren die Herrschaft übernahmen. Zu jener Zeit trug sie den Namen Medina Minurqa und war die einzige Stadt auf der Insel. Im Jahr 1287 nahm König Alfons III. die Insel für die Krone von Aragon ein und die Stadt bekam ihren heutigen Namen. Noch einmal gab es große Zerstörungen, als die Osmanen 1558 auf Menorca einfielen, sodass das heutige Stadtbild hauptsächlich zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert entstanden ist.
Über die Carrer Major des Born gelangen wir in das Herz der Altstadt und zunächst zum Gebäudes des Inselrates. Wie Mallorca und Ibiza hat auch Menorca ein eigenes Inselparlament, das sich um die Geschicke der Insel kümmert. Vor dem Gebäude weht die Flagge von Menorca, die es so erst seit dem 15. September 1983 gibt, nachdem die Insel ihren Autonomiestatus erhalten hatte. Die Flagge besteht aus zwei verschiedenen Elementen: Der Hintergrund zeigt die königliche Flagge von Aragón und darauf liegt, leicht zum Fahnenmast hin versetzt, das Emblem der alten „Universitat General” von Menorca.
Vor dem Gebäude erstreckt sich die Placa la Catedral und die Kathedrale befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite des kleinen Platzes. Die Kathedrale von Santa Maria de Ciutadella wurde auf den Grundmauern einer Moschee errichtet, nachdem die Spanier die Insel erobert hatten. Die Bauarbeiten begannen um 1300 und konnten 1362 abgeschlossen werden. Bei Überfall der Osmanen wurde die Kirche jedoch schwer beschädigt und später wieder aufgebaut.
Leider haben wir für eine Innenbesichtigung der Kathedrale keine Zeit und auch das Casa Olivar, einen menorquinischen Adelspalast, schauen wir nur von außen an. Da muss ich wohl irgendwann nochmal nach Menorca kommen, denn ich würde mir die Gebäude schon gern auch von innen anschauen.
Wir laufen weiter durch die engen Gassen von Ciutadella und ich bin froh, dass Ende Oktober bereits Nebensaison ist, denn so sind außer uns nur wenige Menschen unterwegs und ich kann mich in Ruhe umsehen.
Unser nächster Halt ist an dieser kleinen Statue, die einen Schafbock zeigt, der eine Fahne hält. Hintergrund dieser ungewöhnlichen Skulptur ist das Fest von Sant Joan, das jedes Jahr auf der Insel gefeiert wird. Drei Tage im Juni geht es in der sonst eher beschaulichen Stadt hoch her und dabei trägt ein Mann eben auch ein junges Schaf durch die Stadt. Die Schaulustigen wiederum versuchen das Schaf zu berühren, denn das soll Glück bringen. Das Schaf ist dabei ein Symbol für Johannes den Täufer, denn das ganze Fest hat einen religiösen Ursprung.
Wir ziehen weiter durch die Stadt, während uns George mehr zur ehemaligen Inselhauptstadt erzählt. Unser Guide ist eine Quelle unendlichen Wissens und durch sein ausgezeichnetes Englisch ist die Kommunikation sehr einfach. So erklärt er uns auch dieses Gebäude, das die alte Markthalle von Ciutadella ist. Der Mercat Municipal ist heute allerdings schon geschlossen, denn in Spanien haben die meisten lokalen Märkte nur bis zur Siesta geöffnet.
Einen weiteren Stopp legen wir am El Roser-Kulturzentrum ein, das sich in der ehemaligen Kirche „Unserer Lieben Frau von der Rose” befindet. Das Gotteshaus aus dem Jahr 1750 ist bereits seit 1989 in städtischer Hand und wird seit 2002 als Ausstellungshalle genutzt. Auch hier ist aber leider keine Zeit für eine Innenbesichtigung, denn auch wenn die Kirche inzwischen anderweitig genutzt wird, ist ihr Baukörper sehr wohl erhalten geblieben.
Ein weiteres Palais in der Innenstadt ist das Can Saura, das zwischen 1693 und 1712 für Joan Amorós erbaut wurde. Die Familie war einst eine der mächtigsten und einflussreichsten der Stadt. Heute ist das Palais ein Museum.
George führt uns weiter durch die Gassen von Ciutadella und so biegen wir wieder in die Carrer Major des Born ein. Am Ende der Straße ist schon wieder der Ciutadella-Obelisk zu sehen, doch uns interessieren noch die zwei Gebäude rechts und links der Straße, die an der Kopfseite an die Placa des Born grenzen.
Hier sind die beiden Gebäude vom Platz aus zu sehen, links das Palau Torre Saura und rechts das Palau Salort. Das Palau Torre Saura wurde 1839 erbaut und war der Palast der Grafen von Torre-Saura. Er wurde lange Zeit von der gräflichen Familie bewohnt und selbst König Elizabeth II. war hier schon zu Gast. Der letzte Graf starb jedoch kinderlos, sodass der Titel auf einen entfernten Verwandten überging und seitdem ist die Zukunft des Gebäudes ungewiss. Der Palast gegenüber war ebenfalls einst das Haus einer adligen Familie, ist aber heute ein Museum.
Hier endet nun unser Rundgang, nun ja, fast, denn jetzt kommt der Teil, den man sich eigentlich hätte sparen können. Angekündigt ist, dass wir noch eine typisch balearische Ensaimada bekommen. So weit, so gut. Das Lokal, wo uns diese lokale Spezialität serviert wird, befindet sich jedoch nicht in der Altstadt. Und so marschieren wir gefühlt einmal quer durch die Stadt. In Wahrheit ist es zwar nur ein guter Kilometer, doch gibt es hier so gar nichts Interessantes zu sehen und so fragt sich so mancher unserer Gruppe bald, was das hier soll. George ist das auch sichtlich unangenehm, aber er muss nun mal das Programm durchziehen.
Rund fünfzehn Minuten später erreichen wir das Fusion-Café, wo wir ein Getränk nach Wahl sowie unsere Ensaimada bekommen. Das ist zwar ganz nett hier, aber so ganz erschließt sich uns dieser Programmpunkt nicht. Ich persönlich hätte mir in dieser halben Stunde lieber die Kathedrale oder eines der Adelspalais angeschaut. Und so geht es einigen Mitreisenden auch.
Das Café liegt übrigens recht nett am Passeig Maritim, der einen kleinen Meeresarm flankiert, doch um uns hier genauer umzuschauen, haben wir leider keine Zeit mehr. Auf uns wartet schon der Bus, der uns zurück zum Schiff bringen soll.
Und so geht die Fahrt noch einmal quer über die Insel. Einige Zeit im Blickfeld haben wir dabei den Monte Torro, den höchsten Berg von Menorca. Er ist zwar nur 358 Meter hoch, doch von seiner Spitze soll man eine fantastische Aussicht haben. Aber das erleben wir heute nicht mehr, denn für uns geht es ohne Stopp weiter nach Mahón.
Zurück in Mahón verabschiede ich mich von George, der wirklich einen tollen Job gemacht hat. Anschließend treffe ich mich mit C., die sich in der Zwischenzeit in Mahon umgesehen hat. Und während C. wieder zurück an Bord geht, will ich mich auch noch etwas in Mahón umsehen, bevor es dunkel wird. Doch davon erzähle ich im zweiten Teil dieses Tagesberichtes.