Schlösser und Herrenhäuser in der Magdeburger Börde, Sachsen-Anhalt
Reich an Geschichte ist auch die Magdeburger Börde. Viele Schlösser und Herrenhäuser erzählen noch heute von einer längst vergangenen Zeit. Manche Häuser haben inzwischen eine neue Nutzung, andere warten noch immer darauf, aus ihrem Dornröschenschlaf wiedererweckt zu werden. Einige dieser faszinierenden steinernen Zeitzeugen habe ich auf meiner Rundfahrt durch die Magdeburger Börde besucht.
Schloss Althaldensleben
Nach einer Übernachtung in Magdeburg verlasse ich die Sachsen-Anhaltinische Landeshauptstadt in nordwestlicher Richtung. Schon einmal war ich in dieser Region unterwegs, hatte aber damals nur Zeit, das Schloss Hundisburg zu besuchen. Heute will ich mir weitere interessante Gebäude anschauen. Meinen ersten Halt lege ich in Althaldensleben ein, um das dortige Schloss zu besichtigen.
Eigentlich war das hiesige Herrenhaus gar keines, sondern ein Kloster. Das wurde bereits 1228 von Erzbischof Albrecht I. von Magdeburg gegründet. Bis zur Reformation war es ein katholisches Kloster und Äbtissin Sophia von Alvensleben verhinderte in ihrer Amtszeit, dass das Kloster evangelisch wurde. Jedoch bekannten sich einige Nonnen zum evangelischen Glauben, sodass im Kloster seitdem Gottesdienste beider Konfessionen stattfanden. Das Kloster existierte so bis zur Aufhebung im Jahr 1810 durch das Königreich Westphalen.
Das Klostergebäude sowie alle Nebengelasse und die Landwirtschaft wurde anschließen an den Unternehmer Johann Gottlob Nathusius verkauft, der auch Schloss Hundisburg erworben hatte. Seine Familie wohnte fortan im zum Herrenhaus umgebauten Klostergebäude. Und so ist dieses Herrenhaus dann auch im Bildband von Alexander Duncker aufgeführt.
Die interessante Geschichte des Gebäudes geht aber noch weiter, denn die Enkel des Käufers veräußerten das Anwesen zunächst an Carl von Dippe, der es dann seinerseits an Hugo Henkel verkaufte. Dieser wollte Althaldensleben eigentlich seinem Sohn schenken, wurde jedoch nach dem Krieg enteignet. Ab 1952 nutze die DDR das Anwesen als Berufsschule und genau das ist das Herrenhaus Althaldensleben noch heute. Nach der Wende wurde das Schloss aufwendig saniert und heute werden hier rund 1.800 Schüler unterrichtet.
Rittergut Bodendorf
Ich fahre nun weiter und erreiche schon nach kurzer Fahrzeit das alte Rittergut Bodendorf. Eine erste Burg, die aus einem Kloster hervorging, gab es in Bodendorf schon im 12. Jahrhundert. Im Jahr 1485 wurden die Herren von der Schulenburg mit dem Anwesen belehnt und errichteten später ein Vorwerk. Das heutige Herrenhaus wurde Ende des 16. Jahrhunderts im Stil des Barocks gebaut.
Das Rittergut ist ebenfalls im Duncker Bildband verzeichnet und hat doch noch viel Ähnlichkeit mit dem Gebäude, wie es heute vorzufinden ist.
Zum Herrenhaus gehört auch eine kleine Gartenanlage, in der sich noch immer ein 1826 aus Fachwerk errichteter Gartenpavillon befindet.
Das Herrenhaus selbst wurde mehrmals ausgebaut und erweitert, zuletzt zwischen 1910 und 1920. Im Zuge der Bodenreform wurde auch die Familie von der Schulenburg enteignet und das Haus als Altenpflegeheim genutzt. Nach der Wende stand es einige Jahre leer, bevor die Nachfahren der einstigen Eigentümer das Anwesen zurückkauften und restaurierten.
Besonders interessant ist die kleine Kapelle, die 1709 an das Wohnhaus angebaut wurde und ebenfalls gut erhalten ist. Über der Tür ist die Stifterinschrift des Anwesens zu finden: Daniel Ludolph von der Schulenburg und Johanna Susanna von Dieskau und das Baujahr 1709 ist hier zu lesen.
Nördlich des Hauses befindet sich eine Parkanlage, in der auch der alte Hofteich zu finden ist. Dieses Gebiet ist, im Gegensatz zum Anwesen, öffentlich zugänglich.
Wasserburg Flechtingen
Der nördlichste Punkt dieser Rundfahrt ist die Wasserburg Flechtingen. Die zum Schloss erweiterte Burganlage befindet sich mitten im Zentrum des gleichnamigen Ortes. Die Geschichte der Burg geht zurück bis ins 14. Jahrhundert, als Heinrich von Schenck Flechtingen als Lehen für seine Verdienste bei Hofe bekam. Und die Familie erbaute nicht nur die Burg, sondern baute diese über die Jahrhunderte zum Wasserschloss um.
Der Vergleich der heutigen Bilder mit dem aus dem Duncker Bildband zeigt, dass sich zumindest über die letzten gut 150 Jahre nicht mehr viel verändert am Gebäude.
Wohl aber an den Besitzverhältnissen, denn auch die Familie von Schenck wurde 1945 enteignet und musste fliehen. Ihr Schloss wurde zunächst Zuflucht für Flüchtlinge und später Alten- und Genesungsheim. Auch eine Abteilung der Nationalen Volksarmee war hier eine Weile untergebracht. Erst 1993 wurde das Seniorenheim im Schloss aufgelöst. Anschließend baute ein Investor das Gebäude zu einem Hotel aus, das aber kurze Zeit später schon wieder insolvent war. Das Gebäude stand nun über 15 Jahre leer, bis es im vergangenen Jahr einen neuen Käufer fand.
Am westlichen Ufer des Schlossteichs befindet sich der Schlosspark, der, im Gegensatz zum Wasserschloss, öffentlich zugänglich ist. Die letzte Umgestaltung fand zwischen 1860 und 1897 durch Eduard von Schenck im Stil eines englischen Landschaftsgartens statt. Ein zentraler Teil des Parks ist Sieben-Inseln-Teich. Sieben Inseln, von denen man annimmt, dass sie die Familienmitglieder symbolisieren sollen, wurden in einem künstlichen Gewässer angelegt.
Am Teich gab es einen Pavillon, der aber irgendwann wegen Baufälligkeit abgerissen wurden. Im Jahr 2010 wurde an dieser Stelle ein neuer Pavillon errichtet.
Interessant ist auch der große Findling, den Jacob von Schenck 1913 im Park aufstellen ließ. Er stammt vom Vorwerk Damsendorf und auf einer Seite sind die Jahreszahlen 1813 bis 1913 eingraviert. Diese sollen an das hundertste Jubiläum der Völkerschlacht bei Leipzig erinnern. Auf der Rückseite hingegen steht: „Brautstein aus Damsendorf”. Der Sage nach handelt es sich bei dem Findling um eine Jungfrau, die sich weigerte einen armen Damsendorfer Bauern zu heiraten und stattdessen lieber zu Stein erstarrte.
Schloss Veltheimsburg
Mein Weg führt mich nun zum Schloss Veltheimsburg. Eigentlich hieß die Burg an dieser Stelle Markgrafenburg, da sie vom Markgraf von Brandenburg errichtet wurde. Man nimmt an, dass der Bau bereits vor 1245 begann. Genaue Unterlagen dazu gibt es aber heute nicht mehr, genauso wenig wie zu den zwei weiteren Burgen, die sich hier einst im Umkreis befunden haben. Was heute zu sehen ist, ist das neue Schloss, das die Besitzer des Anwesens, die Familie von Veltheim erst 1882 und 1910 im neugotischen Stil erbauen ließ.
Das Gebäude besitzt, typisch für diesen Baustil, viele Türme, Bogengänge und Ziergiebel, die auch heute noch erhalten sind.
Durch eine Toreinfahrt, über der noch immer die Familienwappen prangen, gehe ich in den Innenhof des Anwesens.
Die Gartenseite des neuen Schlosses sieht wieder ganz anders aus, als die eben gesehene Front. Bis 1945 lebten die von Veltheim im Schloss, bevor sie enteignet wurden. In den folgenden Jahrzehnten waren ein Kinderheim sowie eine Schule in den historischen Mauern untergebracht. Nach der Wende kaufte ein Braunschweiger Industrieller das Anwesen und begann eine umfassende Sanierung. Sein Tod im Jahr 2012 beendete jedoch das Unterfangen, da seine Erben kein Interesse an dem Schloss hatten, sodass es abermals verkauft wurde.
Wie schon eingangs erwähnt, gibt es heute nur noch wenige Hinweise auf die alte Burg, die sich hier viele Jahrhunderte befunden hat. Lediglich eine Mauer des Palas hat die Zeiten überdauert und würde später als Ruine in die neue Gartenanlage integriert.
Ansonsten steht nur noch der Bergfried, der erstaunlich gut erhalten ist, wenn man bedenkt, dass der Rest der Burg völlig verschwunden ist.
Im Park erinnert ein Monument an den Mann, der die Gartenanlage einst geschaffen hat, Johann Gottlieb Warmholz. Auf Postament ist zu lesen: „Dem Joh. Gottl. Warmholz, gest. 9. May 1800, gewidmet von der Schwester. Er schuf aus einer oeden Flur, Einst diese freundliche Natur. Mit Kunst im glücklichen Verein, Ward sie zum Nachtigallen Hain, Der Freundschaft und der Harmonie, Und der Erholung weiht er sie, Beym Seitenspiel und Harfenklang, Wir denken sein mit stillem Dank.”
Stiftsgut und Taubenturm Brumby
Uralt ist auch das Gut Brumby, das bereist 1051 erstmalig erwähnt wurde. Nachdem es durch viele Hände ging, wurde das Gut 1665 von Friedrich von Arnstedt gekauft. Die Familie sollte die nächsten Jahrhunderte damit verbringen, das Gut immer weiter auszubauen und auch ein Herrenhaus zu errichten. Im 19. Jahrhundert vererbte die Familie das Anwesen dem Johanniterorden und dem gehört es noch heute. Doch damit endet die Geschichte nicht.
Zunächst wurde das Gut ein Alterheim für die Ordensschwestern des Johanniterorders, später betreuten die „Neinstedter Anstalten” in Brumby behinderte Menschen. Seit 1991 hat jedoch Albrecht von Bodenhausen das einstige Stiftsgut mit seinen Äckern von den Johannitern gepachtet und genießt seit 2000 Nießbrauchrecht. Die Familie bewirtschaftet nun das alte Gut und lebt im Gutshaus.
Für Besucher interessant ist aber vor allem ein Gebäude, der alte Taubenturm, von dem man nicht mal weiß, ob er wirklich als solcher genutzt wurde. Der Turm war viele Jahre in einem erbärmlichen Zustand, doch 2014 begann eine umfassende Sanierung. Inzwischen ist die abgeschlossen und im Inneren befindet sich eine tolle Ferienwohnung, die auch gemietet werden kann.
Gut Emden
Ich aber habe heute keine Zeit mich länger in Brumby aufzuhalten und fahre stattdessen weiter nach Emden. Das hiesige Gutshaus gehörte einst zu einem Rittergut, dessen erster Besitzer wohl 1485 Bernhard XI. von der Schulenburg war. Das heutige Herrenhaus wurde 1676 erbaut und so schlicht es von außen aussieht, so reich war es von innen ausgestattet. Bis 1945 waren Zweige der Familie von der Schulenburg in Emden ansässig, bevor auch sie enteignet und vertrieben wurden. Das Haus wurde anschließend als Feierabendheim genutzt. Heute scheint es leerzustehen.
Im Dunckerschen Bildband ist das Haus umgeben von einem schönen Park zu sehen, von dem heute leider nur noch Teile erhalten sind.
Schloss Altenhausen
Mit der Familie von der Schulenburg eng verbunden ist auch Schloss Altenhausen, das seit 1485 in ihrem Besitz war und dessen älteste erhaltene Gebäudeteile aus dem 15. und 16. Jahrhundert stammen. Ich betrete das Anwesen durch das sogenannte Alexandertor, benannt nach Alexander von der Schulenburg, der Schloss Altenhausen nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder aufbaute.
Hinter dem Tor schließt sich der Vorhof an, an dessen nördlichem Ende sich das als Andreastor bezeichnete Torhaus befindet. Dieses führt nun in den Wirtschaftshof.
Hier zu sehen ist ein prächtiger Bau, der allerdings der jüngste Teil der Anlage ist. Nach einem Brand Anfang des 19. Jahrhunderts musste die Anlage umfassend renoviert werden und im Zuge dessen wurde ein Neubau im historistischen Stil errichtet, der erst 1901 fertiggestellt war.
Der ältere Teil der Anlage ist dieser, der sich genau hinter dem Neubau befindet. Das alte Schloss wurde ebenfalls im Bildband von Alexander Duncker verewigt. Da dieser bereits Mitte des 19. Jahrhunderts erschien, ist der Neubau darauf noch nicht zu sehen.
Auch dieses Anwesen verloren die von der Schulenburgs 1945 durch entschädigungslose Enteignung. Anschließend wurde das Schloss verschiedenen Nutzungen zugeführt. Heute ist es Hotel und Jugendherberge, in der auch verschiedene Freizeitaktivitäten angeboten werden.
Schloss Erxleben
Mein letztes Ziel dieser Rundfahrt ist eine Doppelanlage, allgemein als Schloss Erxleben I und Schloss Erxleben II bekannt. Der Schlosskomplex entstand an der alten Heerstraße zwischen Braunschweig und Magdeburg und war seit 1282 im Besitz der Familie von Alvensleben. Im Jahr 1554 kam es allerdings zur Teilung, nachdem ein Jahr zuvor die sogenannte rote Linie der von Alvensleben ausgestorben war. So ging das Erbe auf die weiße und die schwarze Linie der Familie über.
Das heute unter dem Namen Erxleben II bekannte Schloss ging dabei an die schwarze Linie über. Weiterhin gehörten das Brauhaus, das Gebäude über dem Tor zwischen Wohnhaus und Turm, die Hälfte der Scheunen und Ställe und das Vorwerk zu diesem Teil des Anwesens, das von Erxleben I durch eine Quermauer getrennt war.
Teilweise ist die alte Pracht des Schlosses noch zu erkennen, das 1840 aufwendig umgebaut und mit neuen Verzierungen versehen wurde. Der Bibliotheksneubau entstand hingegen erst 1905 und wurde im Stil der zu jener Zeit rekonstruierten Burg Dankwarderode in Braunschweig gestaltet.
Im Dunckerschen Bildband wurde natürlich auch ein bedeutendes Anwesen wie Erxleben II verewigt und es sind hier sehr schön die kunstvollen Anbauten, wie der zweistöckige Balkonerker, zu erkennen.
Heute ist das Anwesen jedoch nur noch ein Schatten seiner selbst, denn 1945 wurde die Familie nach fast 700 Jahren in Erxleben enteignet. Im Schloss wurde eine Oberschule eingerichtet. Nach deren Auszug stand das Gebäude leer und das tut es noch heute. Teile sind sogar einsturzgefährdet, doch inzwischen wird für den Erhalt gekämpft. Wenigstens eine Notsicherung der Dächer hat inzwischen stattgefunden.
Besser erhalten ist die Schlosskapelle mit dem fünfzig Meter hohen Hausmannsturm. Er diente früher der Überwachung und wird erstmalig bereits 1339 erwähnt. Ein Vorgängerbau soll sogar schon 920 entstanden sein. Der Turm war ursprünglich nur 28 Meter hoch und wurde im 15. Jahrhundert auf seine heutige Höhe aufgestockt. Die barocke Turmhaube wurde erst im 17. Jahrhundert hinzugefügt. Die Schlosskapelle selbst wurde 1562 bis 1564 an den Turm angebaut und gehörte beiden Familien. Sie stand auf der Grenze zwischen den beiden Anwesen.
Richtig schön saniert ist hingegen Schloss Erxleben I, das heute von der Gemeinde genutzt wird. Auch wenn einige Verzierungen im Laufe der Jahre verloren gegangen sind, so in besonders an den Wappen noch deutlich zu erkennen, dass es sich hier um ein Schloss der von Alvensleben handelt.
Schloss Erxleben I wurde von der weißen Linie der von Alvensleben bewohnt und wurde ebenfalls im Bildband Duncker abgebildet.
Während Erxleben I inzwischen also wieder neues Leben eingehaucht wurde, fristet Erxleben II noch immer ein recht erbärmliches Schattendasein. Zwar fand inzwischen einige Notsicherungen statt, doch von einer vollständigen Sanierung ist das prächtige Schloss noch weit entfernt. Hoffentlich gelingt sie irgendwann, denn es wäre schade, wenn dieses Stück Geschichte verloren gehen würde.
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